Universität Neu: Parkscheiben in der Bibliothek

Düsseldorf · In der Klausurenphase herrscht in der Universitäts- und Landesbibliothek der Ausnahmezustand. Ein Platz ist schwer zu ergattern. Und: Immer mehr Studenten blockieren während ihrer Kurse die freien Plätze. Um das zu verhindern, führt die Bibliothek nun Pausenscheiben ein.

 Bereits morgens werden Plätze mit Büchern und Unterlagen den ganzen Tag blockiert. Das soll nun mit Pausenscheiben geändert werden.

Bereits morgens werden Plätze mit Büchern und Unterlagen den ganzen Tag blockiert. Das soll nun mit Pausenscheiben geändert werden.

Foto: Andreas Endermann

Und schon wieder hat es Daniel (24), Biologiestudent im sechsten Semester, nicht geschafft. Da ist er doch extra losgesprintet, und trotzdem hat ihm eine kleine, braunhaarige Studentin den Stuhl vor der Nase weggeschnappt. Frech grinst sie ihn nun an. Daniel verdreht die Augen. "Wie ich diesen Kampf jeden morgen hasse."

Es ist 10 Uhr, die Woche hat gerade erst begonnen, und trotzdem sind schon fast alle Plätze in der Universitäts- und Landesbibliothek belegt. Und dann will Daniel auch noch einen guten haben. Die guten, das sind die am Fenster, die eine Steckdose für den Laptop haben, doch sie sind rar.

1897 Plätze für 4000 Besucher

Rund 4000 Personen besuchen zurzeit jeden Tag die Bibliothek, dabei gibt es nur 1897 Plätze. Grund für den Andrang ist das anstehende Semesterende. Die Klausuren nahen, und die Studenten verfallen in den üblichen Prüfungsstress. Die Stimmung in der Bibliothek ist angespannt, so verbergen sich die Gesichter zunehmend hinter Bücherstapeln, und zu hören ist nur ab und an ein genervtes Stöhnen. Wagt es dann doch einmal ein Student zu trinken, oder noch viel schlimmer: es klingelt ein Handy, dann dreht sich der ganze Lesesaal um und bestraft den Störenfried mit einem vorwurfsvollen Blick.

Doch das Bibliotheksverhalten der Studenten verändert sich in dieser Zeit noch mehr. Gelernt wird nämlich nicht mehr lediglich ein paar Stunden, nein, der Student lebt in der Bibliothek. Unter der Woche ist sie von acht bis 24 Uhr geöffnet, und diese Zeit wird ausgenutzt.

"Es läuft hier ab wie bei Urlaubern auf Mallorca", sagt Daniel. "Der einzige Unterschied ist, dass die ersten, die morgens ankommen, ihre Plätze nicht mit einem Handtuch reservieren, sondern mit Büchern, Unterlagen und Laptops." Die Plätze werden dann auch nicht in der Mittagspause oder während Seminaren und Vorlesungen geräumt. Irgendein Utensil wird auch dann zurückgelassen, um den Platz zu blockieren.

Dagegen will die Bibliothek nun vorgehen. In Kürze werden Pausenscheiben eingeführt. Im Prinzip funktionieren sie wie Parkscheiben: Sobald der Student seinen Platz verlässt, muss er sie aufstellen. Sollte dieser Platz dann länger als 30 Minuten (beziehungsweise länger als eine Stunde in der Mittagszeit) unbesetzt bleiben, kommen Bibliotheksmitarbeiter und räumen ihn leer. "Das Prinzip gibt es auch schon an vielen anderen Bibliotheken. Die Ludwig-Maximilians-Universität in München war zum Beispiel eine der ersten, die die Pausenscheibe eingeführt haben", erzählt Pressesprecherin Carola Spies. "Wir wollen allen Studenten eine gerechte Chance auf einen Arbeitsplatz ermöglichen."

Während Daniel immer noch sucht, hat es sich Laura Schmidt (23), Germanistikstudentin, richtig gemütlich gemacht. Um sie herum liegen Bücher, Snacks, Trinkpäckchen und mehr. Sie gehört zu den Blockierern. Um acht Uhr, als noch alles leer war und Daniel noch schlief, hat sie sich einen Fensterplatz in der dritten Etage, der Etage mit der besten Sicht, ausgesucht. Während ihrer Seminare lässt sie einfach die Sachen am Platz. Von den Pausenscheiben hält sie grundsätzlich erstmal nichts. "Da müssen die anderen auch einfach mal früher aufstehen, es ist ja auch nicht so, dass mir das leicht fiele", so empört sie sich.

Um die Situation zu entschärfen, wird zur Zeit kräftig an der neuen Fachbibliothek für Medizin gebaut. Die sogenannte "Lern-Oase" entsteht an der Nahtstelle zwischen Nord- und Südcampus gegenüber dem Rektorat. Nachdem 2008 wegen eines baufälligen Gebäudes die ehemalige Fachbibliothek für Medizin geschlossen wurde, ist es nun am 1. September so weit: Die "Lern-Oase" öffnet ihre Türen.

"Es wird ein Gebäude, das rundherum für die Bedürfnisse der Studenten steht", erläutert Pressesprecherin Spies. Allein fünf der acht Etagen gehören der neuen Bibliothek. Das restliche Gebäude soll für Lehrräume und Verwaltung genutzt werden.

(ln)
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