Nachruf auf den Schaffer der Burgplatz-Mauer Hermann-Josef Kuhna fügte Farbflecken zu Kompositionen zusammen

Der Künstler Hermann-Josef Kuhna ist 73-jährig gestorben. Sein bekanntestes Werk waren die bunten Mauern am Burgplatz.

Lange kämpfte Hermann-Josef Kuhna (hier 2013), für eine Sanierung seines Werks am Burgplatz. Kürzlich wurde sie abgeschlossen.

Lange kämpfte Hermann-Josef Kuhna (hier 2013), für eine Sanierung seines Werks am Burgplatz. Kürzlich wurde sie abgeschlossen.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Bekannt wurde Hermann-Josef Kuhna mit einem Werk, das zumindest von seiner Größe her nicht typisch für ihn ist: Das 320 Quadratmeter füllende Wandgemälde „Rivertime" am Unteren Rheinwerft in Düsseldorf. Viele Jahre setzte er damit auf der Mauer am Burgplatz ein künstlerisches Zeichen inmitten des Altstadt-Trubels, bis die Acrylfarbe verblasste und Schmierereien die Farbkomposition bis zur Unkenntlichkeit entstellt hatten. Kuhna erlebte im vorigen Jahr noch, dass sein langer Kampf für eine Wiederherstellung Erfolg hatte und das Werk für 260.000 Euro saniert wurde. Jetzt ist der Künstler 73-jährig gestorben.

„Rivertime" erstrahlt heute in zweiter Fassung, denn Kuhna hatte dazugelernt: dass Acryl nicht das richtige Material für diesen Ort war und gegen Angriffe geschützt werden müsse. Er ersetzte die Farbtupfer durch Keramikelemente, ließ sie durch einen Rahmen aus Edelstahl einfassen und versah sie mit einem Überzug gegen Graffiti.

Sein eigentliches Metier war zeitlebens die Malerei, von vornherein eine bestimmte Art. Auf Leinwänden fügte er Farbflecken und Tupfer jeweils zu einer Komposition, die wie ein Mosaik wirkt. Wer lange genug auf ein solches scheinbar ungegenständliches Bild schaute, konnte daraus auch Figürliches lesen. Manchmal sprangen einem Konturen sogar ins Auge. Der frühere Documenta-Chef Manfred Schneckenburger entdeckte zum Beispiel in drei „Evas" von Kuhna Rundungen, die sich „bei viel sinnlicher Fantasie" auf einer Mittelachse erkennen lassen. Aus anderen Flecken-Bildern treten Landschaften hervor, zum Beispiel die Insel Rügen.

Die Mosaiktechnik bringt es mit sich, dass sich in Kuhnas Werk auf dem Grat zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion Farben nicht überlappen und mischen. Wer aber ein paar Schritte zurücktritt, wird erkennen, wie sehr sie doch eine Komposition ergeben.

Kuhnas Leben und seine künstlerische Laufbahn lesen sich gleichermaßen bruchlos. Er kam am Silvestertag des Jahres 1944 in Thüringen zur Welt, studierte an der Kunstakademie Düsseldorf und übernahm 1979 eine Professur an der Kunstakademie Münster. Viele Jahre stellte er überwiegend im Rheinland aus, dann entdeckte ihn auch das Ausland. Er hatte seine Fleckentechnik früh entwickelt und dann immer wieder variiert. Sein Interesse an Vincent van Gogh und seine Begeisterung für Fossilien begleiteten ihn dabei.

Kuhna war bis zuletzt produktiv. Sein Atelier und seine Wohnung befanden sich seit 1980 in einem ehemaligen Fabrikgebäude an der Kölner Straße am Hauptbahnhof. Das Atelier hatte er nach einem großen Brand im Jahr 2011 neu einrichten müssen, einige mit Öl getränkte Lappen hatten sich nach den Erkenntnissen der Ermittler in der Nacht selbst entzündet.

Der Düsseldorfer Galerist Alexander Fils berichtet, er habe noch vor einigen Tagen mit dem Künstler über eine neue Edition gesprochen. Kuhna, der 2016 eine Ausstellung in Fils’ Galerie im Stilwerk bestritten hatte, habe von einer bevorstehenden Ausstellungsreihe in den USA berichtet und habe für 2020 eine große Ausstellung in Düsseldorf geplant. Kuhna sei positiver Dinge und schaffensfreudig gewesen, sagt Fils. „Die Nachricht von seinem Tod ist ein ziemlicher Schock für uns.“

Nicht jeder fand Kuhnas Malerei so spannend wie er selbst. Sogar sein späterer Sammler Willi Kemp gestand, dass er, als er den Bildern erstmals begegnete, nichts mit ihnen habe anfangen können. Über die Jahrzehnte aber hat sich Kuhna mit seinem beharrlichen Glauben an die Kraft der puzzleartig zusammengesetzten Farben einen Platz in der Geschichte der modernen Kunst erstritten. Und mit „Rivertime" am Rhein hat er sich selbst ein Denkmal gesetzt.

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