Deutscher Nachhaltigkeitstag in Düsseldorf „Es gibt einen bewussteren Umgang mit Krisen“
Interview | Düsseldorf · Der Journalist und Produzent Stefan Schulze-Hausmann veranstaltet im Maritim-Hotel Düsseldorf Anfang Dezember wieder den Deutschen Nachhaltigkeitstag. Wir haben mit ihm gesprochen.
Am Donnerstag und Freitag veranstaltet der Journalist und Produzent Stefan Schulze-Hausmann im Maritim-Hotel Düsseldorf wieder den Deutschen Nachhaltigkeitstag (DNT). Neben dem zweitägigen Kongress und der Designpreisverleihung am Donnerstag gibt es zum Abschluss die Gala mit prominenter Besetzung, bei der die Auszeichnungen in allen anderen Kategorien des Deutschen Nachhaltigkeitspreises (DNP) vergeben werden. Dass die Veranstaltung zum 15. Mal stattfindet, spornt ihn an, weitere Innovationen einzuführen.
Wie werden Sie ihr kleines Jubiläum feiern?
Stefan Schulze Hausmann Zum Feiern um des Feierns willen ist kein guter Zeitpunkt. Aber das Thema Nachhaltigkeit bleibt in Zeiten von Krieg und Krisen nicht nur relevant. Es bietet sogar die Antworten auf viele Herausforderungen. Wir würdigen nach einem Jahr der Wettbewerbe und Juryarbeit seit 15 Jahren Menschen, die diese Lösungen anbieten. Dabei erfahren wir in einem schwierigen Jahr besondere Wertschätzung durch die Politik. Es ist sehr selten, dass zu einer privaten Veranstaltung drei „Verfassungsorgane“ kommen: Bundeskanzler Olaf Scholz hat zugesagt, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und Bundesratspräsident Peter Tschentscher ebenfalls. Wir denken, die Politik will das Zeichen setzen, dass die Nachhaltigkeit nicht unter die Räder kommt, und dass klar ist, dass wir uns nur mit Transformation aus Krisen herausarbeiten können.
Werfen Sie bei der Gala auch einen Blick zurück?
Schulze-Hausmann In kurzen Filmen verdeutlichen wir, wie sich das Thema Nachhaltigkeit über die Jahre verändert hat. Es machte nämlich große Schritte in Richtung Mainstream, aber so richtig angekommen ist es dort noch nicht. Wir zeigen die Vorreiter und prominente Gäste aus 15 Jahren, die diese Entwicklung maßgeblich vorangebracht haben.
Wie schafft man es denn, den „Mainstream“ der Wirtschaft zu erreichen?
Schulze-Hausmann Bisher haben wir die Spitzen ausgezeichnet. Jetzt kommt es aber auf die breite Umsetzung an. Wir wissen viel mehr als vor 15 Jahren, die Werkzeuge liegen auf dem Tisch. Dem werden wir ab 2023 Rechnung tragen, unser Konzept völlig verändern und in die einzelnen Branchen schauen.
Was genau ist daran neu?
Schulze-Hausmann Bisher stellten wir quer durch alle Branchen die Frage, wer in den wichtigsten Feldern des Wandels wie Klima, Ressourcen oder Biodiversität wirksame Beiträge zum Wandel leistet. Ab 2023 wird das anders: Wir betrachten die 100 Branchen der deutschen Wirtschaft und ermitteln, wer in diesen Branchen die Besten sind. Die neuen Reportingpflichten, aber auch vielerlei bestehende Datenbanken zu unseren Themen ermöglichen das.
Gehören die Medien auch dazu?
Schulze-Hausmann Unbedingt. Auch das ist eine große und wichtige Branche. Besonderes Augenmerk bekommt übrigens der Sport.
Was planen Sie da?
Schulze-Hausmann Das verraten wir am 2. Dezember. Wir werden dazu Philipp Lahm zu Gast haben, den Organisationschef der Uefa-EM 2024 in Deutschland und früheren Kapitän der deutschen Fußballnationalmannschaft. Alle Themen, die uns mit dem Kongress und der Gala am Herzen liegen, sind auch im Sport höchst relevant.
Haben Sie Beispiele?
Schulze-Hausmann Nur wenige Punkte: Sportgroßveranstaltungen sind regelrechte Müllmaschinen. Stadien und Schwimmbäder verbrauchen enorm viel Energie. Es geht auch um „Green Production“, grüne Übertragungstechnik, mit der Wettbewerbe so übertragen werden, dass die Umwelt so wenig wie möglich belastet wird. Und es geht natürlich um soziale Fragen, wie sie derzeit im Zusammenhang mit Katar diskutiert werden und wegen derer viele die WM boykottieren. Philipp Lahm ist kenntnisreich. Er hat eine wohltuend differenzierte Meinung zur Verantwortung des Sports. Ich folge seinem Gedanken, dass es statt auf Selbstentwicklung zunehmend auf Selbsterhalt ankommen wird. Ob als Profi- oder Hobbysportler: Vereinsleben als soziale Aktivität ist ein sehr guter Weg, um zu lernen, worauf es ankommen wird.
Schauen Sie bei der WM mal rein?
Schulze-Hausmann Kritik an Vergabe und Realisierung der WM ist mehr als berechtigt. Seien wir ehrlich: Das Anti-Katar-Medienfeuerwerk vermiest einem jetzt allerdings den Spaß an den Spielen. Aber da müssen wir durch, um Dinge in Bewegung zu setzen.
Dieses Jahr kommt das Model Toni Garrn, warum?
Schulze-Hausmann Toni befasst sich seit Langem mit Female Empowerment, der Stärkung von Mädchen und Frauen, vor allem mit Blick auf bessere Bildungschancen. Sie hat eine Stiftung gegründet, die vor allem in Afrika aktiv ist. Auch der Vater von Cradle to Cradle, sinngemäß „vom Ursprung zum Ursprung“, wird geehrt. Professor Michael Braungart steht für den konsequentesten Ansatz von Kreislaufwirtschaft, und macht damit weltweit Furore. Unser Gast Michael Patrick Kelly zeichnet sich durch ein vielfältiges soziales Engagement aus und stellt ein Kunstprojekt vor, das Frieden stiften soll.
Was nehmen Sie mit aus der Pandemie?
Schulze-Hausmann Ich sehe, wie groß die Sehnsucht der Menschen ist, sich wieder physisch zu treffen. Und ich stelle einen reiferen Umgang mit krisenhaften Situationen fest. Unser eigenes Instrumentarium, mit Krisen umzugehen, ist größer geworden. Wir fühlen uns nach weitgehend hoffentlich durchstandenem Corona-Elend besser gewappnet für die nächsten Herausforderungen.
Wie nachhaltig bleibt uns Corona erhalten?
Schulze-Hausmann Vielleicht ist das sogar eine Parallele zwischen Corona und Nachhaltigkeit: Beides muss Normalität werden.
Gibt es noch Karten für die Veranstaltung?
Schulze-Hausmann Der Kongress ist so gut wie ausverkauft, es kommen 1200 Gäste. Für die Verleihung des Designpreises mit 600 Gästen gibt es noch Karten, für die Gala am Freitagabend mit 1000 Gästen nur noch ganz wenige.