Prozess Nachbarn zu Unrecht als "Mirco-Mörder" gemeldet

Düsseldorf · Was ein Alptraum ist, weiß ein Techniker (54) seit Ende 2010 genau. Denn zwei Mal hat eine Nachbarin (86) den Junggesellen, der in einem Düsseldorfer Mietshaus über ihr wohnt, zu Unrecht als "Mörder von Mirco" beschuldigt.

Der zehnjährige Junge aus Grefrath war im Herbst 2010 verschleppt, missbraucht und getötet worden. Erst kürzlich wurde der geständige Täter (45) zu lebenslanger Haft verurteilt. Und gestern verklagte der zu Unrecht als Täter bezichtigte Nachbar die 86-Jährige beim Amtsgericht auf 1000 Euro Schmerzensgeld.

Grundlos, so der Kläger gestern, sei er von der Nachbarin als Täter an die "Soko Mirco" gemeldet worden. Angeblich, so die alte Dame, habe sie aus der Wohnung des 54-Jährigen eine Frau gehört, die dem Mieter beim Thema "Mirco" riet: "Stell' dich endlich!" Für den Vater einer neunjährigen Tochter begann ein Spießrutenlauf. Sein Pech: Als Firmenwagen fuhr er einst genau jenes Auto, auf das sich nach Zeugenangaben die wochenlange Fahndung der Polizei konzentrierte.

Beim Arbeitgeber, allen Freunden und Nachbarn fragte die Polizei also nach der Anzeige der 86-Jährigen nach "pädophilen Neigungen" des 54-Jährigen. Intensiv wurde er zu seinem Tagesablauf, seinen Fahrtstrecken und Handygesprächen verhört. Dabei habe es einen Streit mit einer Frau über den "Fall Mirco" nie gegeben. Und Weihnachten meldete die Seniorin ihn nochmal als "Mirco-Mörder": Kinderschreie habe sie aus seiner Wohnung gehört. Wieder wurde der Nachbar verhört, zeigte der Polizei seine leere Wohnung, musste sich erklären. Er glaubt, dass die alte Dame ihn böswillig gemeldet habe. Denn einst habe sie sich über Wasserrauschen aus seinem Bad geärgert. "Seitdem hat sie mich auf dem Kieker", sagte er. "Und dann war ich die 'Heiße Spur' im Fall Mirco!"

Doch statt der Seniorin trat gestern nur ihr Anwalt auf: "Sie hat Alters-Demenz, kann nicht kommen. Aber sie dachte wirklich, sie lebt mit einem Mörder unter einem Dach!" Die Richterin betonte: Jeder darf einen Verdacht der Polizei melden. Nur nicht, wenn dies bösartig geschehe. Doch ob das das Motiv der Rentnerin war, blieb offen. Sicher ist: Der Täter im "Fall Mirco" ist gefasst und verurteilt. Der 54-Jährige begnügte sich gestern also mit dem "symbolischen Betrag" von hundert Euro, den die 86-Jährige nun als Ausgleich für ihre Falschmeldung an einen Opferschutzverein zahlen soll.

(jco)
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