Düsseldorf Mutter soll ihr Kind getötet haben - widerruft aber ihr Geständnis

Düsseldorf · Offenbar war niemandem im März 2013 aufgefallen, dass eine 34-jährige Friseurin und Mutter von zwei Kindern erneut schwanger war. Angeblich hat sogar die Frau selbst, die seit gestern wegen Totschlags vor dem Landgericht steht, von dieser Schwangerschaft nichts geahnt.

 Die Angeklagte gestern neben ihrem Verteidiger Lars Horst

Die Angeklagte gestern neben ihrem Verteidiger Lars Horst

Foto: Wuk

Starke Gewichtsschwankungen und eine Cortison-Behandlung kaschierten angeblich die sichtbaren Schwangerschafszeichen. Erst am Tag der Geburt, als sie "wegen Rückenschmerzen" ein Bad einließ, habe sie gemerkt, dass sie vor einer Niederkunft stand. Das schilderte die Frau gestern vor Gericht. Und gab an, das kleine Mädchen sei leblos gewesen und habe nicht geatmet. Damit widerrief die Mutter weinend ein früheres Geständnis, wonach sie das Kind getötet habe.

Bei der Polizei hatte die 34-Jährige erklärt, das Mädchen habe bei der Geburt gelebt. Als dann aber ihre ältere Tochter an die Badezimmertür klopfte und mit ihr sprechen wollte, habe sie das Baby in Panik unter Wasser gedrückt, die Leiche später heimlich im Grab ihres Vaters auf dem Unterrather Friedhof vergraben. Genau dort hatte sie schon 2011 die Frühgeburt eines Jungen in einer blauen Plastiktüte vergraben. Das habe sie dann auch mit dem kleinen Mädchen so gemacht.

Ob das Baby aber in der Badewanne ertränkt wurde oder wirklich tot zur Welt kam, wie die Mutter nun angibt, konnten Gerichtsmediziner nicht klären. Bis die Leiche nach drei Monaten entdeckt wurde, waren keine Spuren mehr festzustellen. Die Mutter gibt zu, dass sie mit ihren zwei Kindern schon "völlig überfordert" gewesen sei. Ihr Sohn gelte als hyperaktiv, seine fünf Jahre jüngere Schwester sei mit einer Fehlbildung am Fuß zur Welt gekommen. Dazu kamen tiefe Enttäuschung über die Väter der Kinder, Frust im Job, Dauerstreit mit ihrer Mutter und Geldnot, weil die 34-Jährige ihren Lohn fast täglich in Kneipen ausgab. "Ich stand unter enormer Anspannung, war in einem Teufelskreis gefangen."

Schon bei der Fehlgeburt des Jungen habe sie nicht gemerkt, dass sie schwanger war. So sei es auch im März 2013 gewesen. Anderthalb bis zwei Stunden habe es gedauert, bis sie jenes Mädchen geboren habe. Fast 20 Minuten habe sie das Baby noch beobachtet, es dann in eine Tüte gewickelt und ebenfalls im Grab ihres Vaters bestattet. Doch als die Erde Monate später durch starken Regen aufweichte, kam die Plastiktüte mit der Babyleiche wieder zum Vorschein.

Wegen der besonderen Tatumstände blieb die Mutter nur kurz in U-Haft, gab ihre zwei älteren Kinder in eine Betreuungseinrichtung, lebt jetzt selbst in einer betreuten Wohngruppe für Frauen. Der Vater (22) der zwei toten Babys tritt im Prozess nun als Nebenkläger gegen sie auf - und klagte sie an: "Sie hat meine Tochter umgebracht." Die Verhandlung geht heute weiter.

(RP)
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