Ausstellung Mueller-Stahl im NRW-Forum

Düsseldorf · "Übermalungen eines Drehbuchs", so lautet der Titel der Ausstellung des Schauspielers und Malers, die gestern Abend eröffnet wurde. Dabei malt sich der 79-Jährige, wie in der Schau deutlich zu sehen ist, seine Gefühle von der Seele,

 Armin Mueller-Stahl mit einem Buddenbroock-Drehbuch.

Armin Mueller-Stahl mit einem Buddenbroock-Drehbuch.

Foto: RP, Werner Gabriel

"Das ist ja hier wie beim Film." Armin Mueller-Stahl im offenen, blau-weiß karierten Hemd, grauem Zweireiher zu Jeans und Slippern, amüsierte sich und hatte Spaß an dem Großaufgebot an Kameraleuten und Fotografen, das ihn gestern bei der Eröffnung seiner Ausstellung im NRW-Forum auf Schritt und Tritt begleitete.

Launig plauderte der große Schauspieler, Schriftsteller, Musiker und Maler aus seinem Leben, gab Anekdoten zum Besten und verriet, dass es seine Großmutter war, die in ihm das Zeichen-Talent geweckt hat. "Sie stand in der Küche, in der einen Hand den Kochlöffel, in der anderen den Pinsel. Ich musste still stehen, während sie mich beim Kochen malte. Das war langweilig. Also habe ich sie zurückgezeichnet und gelernt, mit wenigen Strichen eine Figur zu erfassen."

Diese Begabung nutzt der 79-Jährige besonders gern, wenn es am Film-Set lange Wartepausen gibt. So sind allein 357 Zeichnungen und Aquarelle entstanden, mit denen er das Drehbuch zu dem Film "Die Buddenbrooks" gefüllt hat (davon sind 173 in Düsseldorf zu sehen).

"Wissen Sie, man kann die Seiten nach Drehschluss wegwerfen oder mit Gefühlen vollzeichnen." Mueller-Stahl, der ohne seine erkrankte Frau, die Ärztin Gabriele Scholz, von der Ostsee nach Düsseldorf gereist ist, hält dann doch lieber seine Stimmungen und Erlebnisse fest. "Denn das ist wie eine Therapie." In jeder seiner Zeichnungen — ob bunte abstrakte Formen, in Schwarz gehaltene Porträts, Szenen vom Set oder Abbildungen völlig freier Gedanken — kann er erkennen, wie der Tag gelaufen ist: gut oder nicht, expressiv oder langweilig.

Armin Mueller-Stahl liebt das Subtile, Geheimnisvolle, er liest gern zwischen den Zeilen. "Das hat der Sohn eines ostpreußischen Beamten während seines Lebens in der DDR trainiert", erklärte Herwig Guratzsch vom Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum gestern Abend bei seiner Laudatio. Für den Schauspieler von Weltrang bedeutet die Malerei eine "Art von Verdummungsprozess. Sehe ich eine Leinwand, höre ich nur noch auf meinen Bauch — und die Zeit ist aus meinem Körper."

Wenn er malt, ist er selbst der Regisseur, der die Choreographie in der Hand hat und sich "die Knoten aus der Seele malt". Vielleicht ist ihm die Kunst auch deshalb lieber als die Schauspielerei. Für die hat er sich aus sentimentalen Gründen nach dem gewaltsamen Tod des Vaters 1945 entschieden. "Er wollte so gerne Schauspieler werden, also bin ich es geworden."

Wer sich die Zeichnungen genauer anschaut, entdeckt neben den heftig expressiven die sensiblen, zarten — hier ein verwischter Thomas Mann, dort der Buddenbrook-Regisseur Heinrich Breloer. Viele Gesichter entstehen zufällig, erklärt der 79-Jährige. Er sieht eines in der Zeitung, es interessiert ihn, dann zeichnet er es.

Weniger spontan sind die sechs großformatigen Gemälde entstanden, die Ausstellungsmacher Werner Lippert in den Mittelpunkt der Schau gerückt hat. Darunter sechs im Nebel verwischte Stühle, die den Titel "Reminiszenz" tragen und an die DDR-Zeit erinnern. "Nachdem ich meine Stasi-Akten eingesehen habe, musste ich 2005 diese Stühle malen. Sie stehen für sechs Freunde — die ich bis dato dachte zu haben. Doch sie haben mich verraten und mit den Stühlen verschwinden die Freunde." Mueller-Stahl malt sich seine Gefühle von der Seele, wie auch das Motiv "Abschied von der DDR" deutlich macht.

Der Künstler ist mit sich eins. Er habe alle Lieblingsrollen gespielt. Vielleicht — so räumt er ein — hätte er ein wenig mehr den Komiker geben sollen. "Aber was soll's, ich gucke mit großem Vergnügen zurück auf mein Leben." — und die Ausstellungsbesucher auf sein Werk.

(RP)
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