Düsseldorfer Landgericht Mörder soll Vater des Opfers Geld zahlen

Düsseldorf · Als unbeteiligter Zeuge eines Ehestreits war ein 23-Jähriger ermordet worden. Am Landgericht klagt sein Vater auf Schadenersatz.

 Das Bild zeigt den Angeklagten während des Mordprozesses. Am Dienstag steht der 46-jährige erneut vor Gericht.

Das Bild zeigt den Angeklagten während des Mordprozesses. Am Dienstag steht der 46-jährige erneut vor Gericht.

Foto: Kannegießer

Zwei Jahre nach der Erschießung seines Sohnes (23) hat ein Vater gegen den rechtskräftig verurteilten Mörder (46) eine Schadenersatzklage beim Landgericht eingereicht.

Als völlig unbeteiligter Augenzeuge eines Ehedramas zwischen einem Kölner Unternehmer und dessen Frau war der 23-Jährige im Oktober 2010 von dem rasend eifersüchtigen Ehemann aus nächster Nähe in den Kopf geschossen worden. Gegen den geständigen Täter wurden Haftstrafen von insgesamt 15 Jahren verhängt.

Der Vater des erschossenen Augenzeugen stützt seine Klage auf schwere psychische Schäden, die er durch den gewaltsamen Tod seines Kindes erlitten habe. Zwischen dem Inhaber eines privaten Rettungsdienstes und seiner 22 Jahre jüngeren Frau hatte es bereits häufig Streit gegeben, als die 23-Jährige im Oktober 2010 die gemeinsame Wohnung verließ und sich zu einem Schulfreund flüchtete.

Ihr schon seit Jahren kokainsüchtiger Mann spürte sie damals einen Tag später in jener Wohnung in Dormagen auf, verlangte ein Versöhnungsgespräch. Als die Frau ihm nicht öffnete, trat er die Tür ein, stürmte mit einer 9-mm-Pistole in die Wohnung. Der Mieter (23) saß auf dem Sofa, wurde ungewollt zum Zeugen des Ehedramas — und völlig unverschuldet sogar zu dessen Opfer.

Denn als die Frau ein Gespräch ablehnte, drohte ihr Mann: "Sprich mit mir oder ich erschieße ihn", richtete dann die Waffe auf den Kopf des 23-Jährigen und drückte aus nächster Nähe ab. Der junge Mann war sofort tot.

Im Mordprozess sagte der Unternehmer später über den Erschossenen: "Er hatte mir nichts getan. Ich weiß nicht, was mich da geritten hat!" Enthemmt durch Kokain und zutiefst verzweifelt über den Weggang der Frau, habe er wohl "die Nerven verloren". Das Gericht konnte nicht ausschließen, dass der 46-Jährige zur Tatzeit unter Drogen stand und nur eingeschränkt schuldfähig war, erkannte zwar auf Mord, verhängte aber nur 13 Jahre Haft. Erst im März 2012 wurde diese Strafe auf 15 Jahre aufgestockt, weil der Mörder direkt nach dem Schuss seine Frau gezwungen hatte, ihn in ein Hotel zu begleiten, und sie dort laut Urteil noch vergewaltigt hatte.

Der 51-jährige Vater des Getöteten hatte am Mordprozess als Nebenkläger teilgenommen. Dort betonte die Staatsanwältin in ihrem Schlussplädoyer, dass der als hilfsbereit und ruhig beschriebene 23-Jährige nur gestorben war, weil er zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen sei.

Dass der junge Mann "Zufallsopfer" war, will dessen Vater nicht klaglos hinnehmen. Denn auch er zählt sich zu den Opfern des Mordes, verlangt jetzt 15 000 Euro Schadensersatz. Grundsätzlich können Angehörige bei Verletzungen oder gar beim Tod eines Familienmitglieds auf "Schockschäden" klagen. Wenn Angehörige nämlich als Folge des Verbrechens selbst ein schweres psychisches Leiden davontragen, das behandlungsbedürftig ist, reicht das als Klagegrund gegen den Verursacher. Zumal dann, wenn der Täter rechtskräftig wegen Mordes verurteilt ist. Der Vater des 23-Jährigen gibt an, er sei durch den Tod des Sohnes "schwer traumatisiert".

Das wird nicht angezweifelt. Doch nach deutschem Prozessrecht muss der Kläger erst mal beweisen, dass sein Trauma tatsächlich von der Erschießung des Sohnes herrührt. Erst dann hat der Vater eine Chance, vom Mörder entschädigt zu werden.

Der Prozess beginnt am 27. November um 10.30 Uhr im Saal 2.117.

(wuk)
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