Interview "Modemesse muss Trends setzen"

Düsseldorf · Am Sonntag beginnt die Modemesse und altem Namen als Collection Premieren Düsseldorf (CPD) unter dem neuen Führungsduo bei der veranstaltenden Igedo Company: Philipp Kronen und Mirjam Dietz möchten die stark geschrumpfte Schau wieder auf Erfolgskurs bringen.

 "Wir ergänzen uns wunderbar", sagt Igedo-Chef Philipp Kronen über Mirjam Dietz, zuständig für modische Inhalte.

"Wir ergänzen uns wunderbar", sagt Igedo-Chef Philipp Kronen über Mirjam Dietz, zuständig für modische Inhalte.

Foto: RP, Andreas Bretz

Frau Dietz, Herr Kronen, Sie stehen kurz vor der ersten Modemesse in Ihrer gemeinsamen Verantwortung. Wie ist die Stimmung?

Kronen Relativ entspannt, zumindest nicht aufgeregt. In den vergangenen Wochen hat sich einiges positiv entwickelt. Wir haben noch kurzfristige Zusagen von Ausstellern und viele positive Rückmeldungen bekommen. Ich bin gespannt auf den ersten Messetag, wie unsere Ideen dann tatsächlich aufgebaut aussehen.

Dietz Aufgrund der wirtschaftlichen Situation fallen Entscheidungen bei Ausstellern jetzt später. Einige haben gesagt, sie wollten gerne noch auf den Zug aufspringen, und betont, dass Düsseldorf für sie der Standort schlechthin sei, um Geschäfte zu machen.

Wer ist denn noch aufgesprungen?

Dietz Donna Karan, Jean-Charles de Castelbajac, Piu-piu zum Beispiel. In Zeiten der Krise ist das ein gutes Signal. Was den Konsum angeht, ist die Krise übrigens noch nicht im Handel angekommen. Wir sind in ständigem Kontakt mit dem Handel, für den wir ja als Messe da sind.

Kronen Das ist ein wichtiger Punkt. Denn die Handelsseite ist bei der Modemesse in der Vergangenheit vernachlässigt worden. Die Hauptsache war, dass möglichst viele Aussteller kommen. Um überhaupt wieder ins Gespräch zu kommen, ist ein Mitarbeiter von uns durch ganz Deutschland gefahren und hat Kontakt zu Händlern aufgenommen. Eine Art Besucherakquise. Es hat sich gelohnt, viele Händler wollen nun wieder mit mehreren Leuten zur Messe kommen.

Ihre Messe macht schwere Zeiten durch: Die Zahl der Hallen hat sich innerhalb weniger Jahre halbiert, die Wäschemesse Bodylook musste im Februar abgesagt werden, die Aussteller- und Besucherzahlen sinken kontinuierlich. Ist eine Modemesse eigentlich noch zeitgemäß?

Kronen Das Vertriebssystem Messe hat sich nicht überlebt. Das hat Berlin gerade wieder gezeigt. Dort sprießen rund um Fashionweek und Bread & Butter einige kleine Modemessen aus dem Boden. Der Handel zum Beispiel wünscht sich aber den Überblick in konzentrierter Form an einem Ort, etwa auf einem Messegelände. Was es in Düsseldorf schwieriger macht, ist eben dieses über Jahrzehnte gewachsene Miteinander von Showrooms und Messe. Deshalb müssen die Einkäufer viel durch die Stadt fahren.

Aber in Berlin sind die Orte des Geschehens doch auch über das Stadtgebiet verteilt ...

Kronen Für viele ist Berlin als Modestandort neu, so dass Fahrten durch die Stadt nicht als so lästig empfunden werden. Doch Einkäufer haben eben auch wenig Zeit.

Dietz Der Vorteil von Düsseldorf ist, dass wir Damenmode und Accessoires anbieten, was 80 Prozent des Umsatzes im Textilhandel ausmacht. Wir beobachten eine Rückbesinnung auf den qualitativen Facheinzelhandel. Es gibt auch noch ein Leben neben dem Shop-in-Shop-System, wie es in vielen großen Häusern zu finden ist. Wir reagieren auf diese Bedürfnisse und sind auch Trendscouts.

Wie füllen Sie diese Rolle?

Kronen Wir besuchen alle wichtigen Messen in Europa und überlegen, welche spannenden Firmen wir den Händlern bei uns bieten können. Unser Hauptziel muss nicht sein, alte Aussteller wieder auf die Messe zu bekommen, sondern neue zu entdecken.

Auf der Fashionweek in Berlin waren ebenso viele Kollektionen zu sehen wie auf der nun beginnenden CPD, die Besucherzahlen konnten im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt werden. Was setzt Düsseldorf entgegen?

Kronen Es ist der falsche Ansatz, sich gegen einen anderen Standort zu positionieren. Wir brauchen das Miteinander. Berlin ist der glamouröse Auftakt. In Düsseldorf wird dann das Geschäft gemacht — zugegeben mit weniger Promis, dafür aber sehr erfolgreich. Wir müssen vielleicht neu definieren, dass es hier möglich ist, in Ruhe zu arbeiten und trotzdem jeden Abend ein gutes Programm zu haben.

In Berlin ist auch Mark McGuire aktiv, der vergangenes Jahr in Düsseldorf mit der Igedo-Trendmesse "Weare" einen Flop hingelegt hatte...

Kronen Das kann sein. So viel ich weiß, wohnt er ja in Berlin. Was er da aber genau macht, kann ich nicht sagen.

Es gibt bereits Designer, die sich mit ihren Showrooms stärker nach Berlin orientieren und in Düsseldorf verkleinern. Sorgt Sie das nicht?

Dietz Nein, weil letztendlich die Zahlen entscheiden. Berlin ist kein Showroom-Standort. Die Showrooms öffnen dort nur zur Messe, in Düsseldorf fast das ganze Jahr.

Ist das nicht obskur: Jahrelang haben Messe und Stadt gegen das Anwachsen der Showrooms gekämpft, und nun ist das ein Standort-Vorteil?

Kronen Es ist ja kein Konflikt mehr zwischen Showrooms und Modemesse. Wir begreifen uns endlich als Einheit. Das ist die Stärke von Düsseldorf.

Was ist neu auf der CPD?

Dietz Die Besinnung auf Qualität, es hat eine gewisse Selektion stattgefunden. Es gibt neue Segmente, zum Beispiel Impulse, ein hochwertig-progressives Konzept, das kostenfreien Zutritt, Limousinen-Shuttle-Dienst, direkte Zufahrt auf das Gelände und Direktkontakt zu Einzelhändlern beinhaltet.

Kronen In dieses Segment haben wir sehr personalisiert eingeladen. Das heißt aber nicht, dass die anderen Besucher zweiter Klasse sind.

Ein neues Segment ist auch die Italian Suite...

Kronen Der Verband Ente Mode Italia, EMI, engagiert sich stark für hochwertige italienische Mode und hat ausgewählte Standorte gesucht. In Moskau belegt EMI bei der von uns veranstalteten Modemesse mehrere tausend Quadratmeter. In Deutschland hat sich EMI für Düsseldorf und nicht für Berlin entschieden. Wir stellen die Flächen zur Verfügung und EMI füllt sie mit Ausstellern, die noch nicht in hier mit Showrooms vertreten sind.

Die Wäsche-Messe Bodylook ist nach einer "kreativen Pause" im Februar wieder dabei. Wird es bei der Sommerpräsenz bleiben oder kommt die Messe auch wieder im Winter?

Kronen Die Bodylook ist eine separate Messe unter dem Dach der Igedo und präsentiert sich nun mit einem tollen neuen Konzept. Warten wir mal die Veranstaltung ab, dann wird der Bodylook-Beirat entscheiden, ob die Messe auch im Winter wieder zurückkehrt. Die Zeichen dafür stehen eher auf Grün als auf Rot.

Herr Kronen, Sie sagten, nach drei Modemessen werden Sie sich als neuer Igedo-Chef messen lassen. Das wäre nächsten Sommer. Welche Ziele haben Sie sich für dieses Mal gesetzt?

Kronen Zunächst hoffen wir, dass es technisch und organisatorisch gut läuft. Und natürlich, dass die Stil-Welten, die wir aufgebaut haben, bei den Ausstellern und Besuchern gut ankommen. Das Fundament ist gelegt, nun gilt es, es auszubauen.

Frau Dietz, Sie arbeiteten bereits vor Jahren für die Igedo, kehrten ihr dann für Berlin den Rücken. Deshalb sorgte es in Düsseldorfer Modekreisen für große Verwunderung, dass ausgerechnet Sie für einen Neuanfang bei der Igedo stehen sollten. Haben Sie Ihre Kritiker inzwischen überzeugt?

Dietz Ich bin nicht auf negative Resonanz gestoßen. Generell wird man in der Branche, nicht auf der Straße gemessen. Ich stehe für das Produkt und den Markt. Diese Kompetenz kann ich hervorragend spielen.

Kronen Das kann ich absolut unterstreichen. Mirjam Dietz ist seit März in der Geschäftsführung für modische Inhalte zuständig. Das war meine Entscheidung, und ich würde sie heute überzeugter denn je wieder treffen. Wir ergänzen uns wunderbar und haben eine ganze Menge geschafft. Wir haben aber auch noch viel vor uns.

Es wird kritisiert, dass die CPD, die eine Fachmesse ist, in der Stadt und für die Bürger nicht präsent ist. Bedauern Sie deshalb, dass die Modenschau des Designers Philipp Plein auf dem Kö-Graben nicht klappt?

Kronen Das war in der Kürze der Zeit nicht zu schaffen. Wir brauchen aber natürlich solche Dinge. Dass Entscheidende ist, dass Herr Plein sich hier im Umfeld der CPD so engagieren möchte.

Zur Stärkung des Standorts wurde der Verein Fashion Net gegründet. Die Stadt hat nun 200 000 Euro dafür bereit gestellt. Was tut sich da?

Kronen Morgen wird es die konstituierende Sitzung des Vereins geben. Ich bin sicher, dass wir etwas Gutes zu verkünden haben. Die Beträge sind in Summe ja deutlich höher.

Was wird neben der Messe in den nächsten Tagen Ihr Highlight sein?

Kronen Ganz klar die Ausstellung "Catwalks" im NRW-Forum, weil ich gespannt bin, wie der begehbare Laufsteg funktionieren wird. Das ist übrigens eine Veranstaltung für alle Düsseldorfer Bürger.

Dietz Dem schließe ich mich an. Das Thema passt supergut nach Düsseldorf. Bei der Kombination von Kunst und Mode haben wir einen klaren Heimvorteil.

(RP)
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