"Topmodel"-Casting Modelträume an der Inselstraße

Düsseldorf · Reihenweise langbeinige Schönheiten standen am Donnerstag stundenlang an der Freiligrath- und Inselstraße. Im Melia-Hotel suchte eine "Experten-Jury" die Mädchen aus, die möglicherweise Heidi Klum für Germany's Next Topmodel (GNTM) gefallen könnten. Die sechste Staffel startet im November.

Der schwarze Kleinwagen mit den drei coolen Typen, die durch verspiegelte Sonnenbrillen nach draußen glotzen, fährt nun schon zum dritten Mal im Schritttempo um den Block. Laut Nummernschild und Augenschein hat es sich bis in die Wuppertaler Berufsschulszene herumgesprochen, dass in Düsseldorf Topmodel-Tag ist.

Die Jungs sind nicht die einzigen, die zum Stielaugen machen vorbeifahren. Auch ältere Herren — in deutlich teureren Schlitten — schleichen über die Freiligrathstraße, an der hunderte Mädchen Schlange stehen, viele ausgesprochen hübsch, etliche in knappen Outfits und manche sogar richtig schön.

Heidi Klum hat "fünf Experten" auf Casting-Tour durchs Land geschickt. Dass sie selbst in der sechsten Staffel die Bewerberinnen nicht mehr selbst aussucht, hat Gerüchte genährt, für die Vierfach-Mama, die neuerdings Designer-Ambitionen hat, habe die Show der Mädchenträume an Reiz verloren.

Für die Mädchen freilich gilt das nicht. Seit 14 Uhr reißt die Schlange nicht ab, für die es einen separaten Eingang zum Hotel gibt. Dort gibt's für die Wartenden Erfrischungen zum Sonderpreis. Apfelschorle und Wasser für einen Euro, Cola light und zero für einsfünfzig. Echte Cola (die mit den Kalorien) und einen nach Gummibärchen schmeckender Energy-Drink gibt's auch. Sind aber nicht sehr gefragt. Und weil die Mädels mit den Bewerbungsbögen viel zu beschäftigt sind, um auf ihren Flüssigkeitshaushalt zu achten, ist vorsichtshalber ein Rettungswagen in Stellung gegangen.

Josephine braucht keine Erste Hilfe. Die 19-Jährige aus Solingen ist in Begleitung eines alten Hasen da. Hanna Bohnekamp ist im Juni als zweite Siegerin aus dem GNTM-Finale der fünften Staffel hervorgegangen. Jetzt drückt sie ihrer Freundin die Daumen. "Sie hat eine Top-Figur und ihr Gesicht hat einen hohen Wiedererkennungswert," sagt sie auf, was sie bei Heidi und Co gelernt hat.

Voriges Jahr wollten sich die Schülerinnen gemeinsam bewerben. Für Josephine scheiterte die Bewerbung am fehlenden Reisepass, sie trat gar nicht erst an — und schuldet Hanna deshalb ein Wellness-Wochenende. Das hatten sie vorher so abgemacht, wer als erste ausscheidet zahlt. "Wenn Josephine jetzt auch Zweite wird, machen wir eine Wellness-Woche daraus", verspricht Hanna. Aber erst einmal trägt ihre Anwesenheit dazu bei, die Freundin schneller zum Auftritt vor der Jury zu bringen.

Vlora hat ihren gerade hinter sich. "Ganz schön unfair", sagt die Remscheiderin. "Nur einer der fünf Juroren hat uns richtig angeguckt, dann noch mal vor und zurück gehen und Danke, das war's." Und selbst die eine aus der Zehnergruppe, die das begehrte "Weiter" hörte, ist noch nicht sicher im Fernsehen. "Heidi sucht die Teilnehmerin aus den jetzt ausgewählten natürlich selbst aus", sagt eine Sprecherin. Für Vlora geht die Welt nicht unter, weil Heidi sie nicht sehen wird. "Ich bin ja erst 16. Und Schule ist sowieso wichtiger", sagt sie selbstbewusst. Erst später, als sie in Papas Auto klettert, erlaubt sie sich ein trauriges Gesicht.

Ronja ist 22 und hat auch ohne Model-Job einen vollen Terminkalender. Sie ist Steuerfachangestellte und studiert an der Abendschule Steuerrecht. Trotzdem: fünf Staffeln der Klum-Show hat sie im TV gesehen. "Jetzt will ich selbst mal sehen, wie das ist." Wenn's klappt, wird ihr Leben "wohl noch anstrengender. Aber das ist doch spannend."

Josephines Chancen sind nach fünf Minuten weit gesunken. "Die Optik stimmt", hat einer der Juroren gesagt. "Aber das gewisse Etwas fehlt." Hanna tröstet: "In dieser Gruppe wäre ich wahrscheinlich auch nicht ausgesucht worden." Und weil sie verstanden hat, was die Jury an Josephine gefehlt hat, will sie jetzt mit ihr üben. Für heute Abend beim Casting in Gelsenkirchen.

Die Johanniter hatten übrigens nur einen Rettungs-Einsatz: Einer Mutter versagten beim Warten die Nerven.

(RP)
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