Universität in Düsseldorf Mit dem Zeppelin durch die Botanik

Düsseldorf · Andreas Burkart von der Heine-Uni verbindet seine Leidenschaft für Biologie und Luftschiffe. Der Doktorand baut ferngesteuerte Mini-Luftschiffe, die mit 100 Gramm leichten Kameras spektakuläre Bilder aufzeichnen wie zuletzt aus dem Kuppelgewächshaus des Botanischen Gartens.

Das erste Mini-Luftschiff von Andreas Burkart war Pionierarbeit: Die Konstruktion bestand aus Kohlefaserstäben und selbst gebauten Holzwinkeln. Elektronik und Fernsteuerung stammten von einem Modellflugzeug. Eine Rettungsdecke aus dem Auto, die gasdicht ist, verwendete der Biologe als Außenhaut. Als er die Gaspatrone mit nicht brennbarem Helium befüllte und den Zeppelin vor den Augen seiner Kommilitonen im Hörsaal in die Luft schweben ließ, konnte er sein Glück kaum fassen. "Der langsame, schwerelose und elegante Flug hatte mich schon in dem Film ,Helden der Lüfte' fasziniert", sagt Andreas Burkart, "und es ist beeindruckend, Dinge aus Perspektiven zu sehen, die uns sonst verschlossen bleiben."

Der Flug durch den Hörsaal 6 C an der Heine-Uni war 2007 der Beginn für eine Erfolgsgeschichte. Aus dem Hobby wurde eine Geschäftsidee, die Burkarts Passion für Biologie und Luftschiffe verbindet: Mit mehreren Kommilitonen hat er inzwischen "Windreiter" gegründet, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Zeppelin-Flüge anbietet. Vor kurzem ließen sie eines ihrer knapp anderthalb Meter langen und 500 Gramm leichten Luftschiffe durch das 18 Meter hohe und 1000 Quadratmeter große Kuppelgewächshaus des Botanischen Gartens steigen, dokumentierten mit ihren 100 Gramm leichten Kameras die beeindruckende Vielfalt der 400 Pflanzenarten dort. Beim ruhigen und langsamen Gleiten durch den Kuppelbau sind spektakuläre Bilder entstanden, die den Besucher hinauftragen bis zu den gut 15 Meter hohen Baumwipfeln, und entlang führen an exotischen Pflanzen aus der ganzen Welt.

Auch in anderen Ländern sind die kleinen Zeppeline aus Düsseldorf sehr gefragt: So dokumentierten die Windreiter in Großbritannien etwa aus schwindelerregenden und außergewöhnlichen Perspektiven das "Project Eden" mit dem weltweit größten Gewächshaus und mehr als 12 000 Pflanzen. In Internet-Portalen wie Youtube wurden die Videos von Burkart und seinen Kollegen bereits mehrere Tausend Mal angesehen.

"Windstille Orte geben uns ideale Bedingungen, um die Zeppeline einzusetzen", sagt Andreas Burkart. Dass das nicht nur Gewächshäuser wie die in Düsseldorf und im englischen Cornwall bei St. Austell sein müssen, haben auch andere Interessengruppen inzwischen erkannt. Vor allem Kirchengemeinden sind begeistert von den ferngesteuerten Luftschiffen, die Gotteshäuser aus ungewohnten Blickwinkeln zeigen und detaillierte Blicke ermöglichen auf eigentlich unzugängliche Bereiche wie mehrere Meter hohe, kunstvoll verzierte Kirchenfenster oder -decken.

In 29 Kirchen haben Andreas Burkart und sein Team alleine in Düsseldorf gefilmt, darunter in der Friedens- und Johanneskirche. So halten sie Eindrücke für die Nachwelt fest. 300 Euro berechnen die Windreiter der Gemeinde für so einen "Kirchenflug". Ein kleiner Betrag für Technik und Aufwand, den das Team erbringt, meint Burkart. Denn jeder Flug ist für die Wissenschaftler mit einem großen logistischen Aufwand und Kosten für Technik und Materialien verbunden. Zudem sind die Männer für einen Film von wenigen Minuten oft stundenlang vor Ort, sichten die Aufnahmen später am Computer und schneiden die Filme zurecht.

Mit jedem Flug lernen Burkart und seine Partner etwas dazu — einer der Gründe, warum die Männer nach so vielen Jahren noch immer so viel Spaß an ihrem Projekt haben. Ein Dreivierteljahr hatten sie alleine damit verbracht, auszuklügeln, wie schwer das Papier für einen Zeppelin höchstens sein und wie viel die Elektronik wiegen darf. Sie mussten den Luftwiderstand ausrechnen und eine Folie suchen, die das Helium gut hält — Pionierarbeit. Anfangs schaukelten die Schiffe, waren zu schwer oder zu klein. Inzwischen sorgt eine ausgefeilte Elektronik für einen ruhigen Flug des 500 Gramm leichten Schiffes, das einen Umfang von 1,40 mal 1,40 Meter hat. Andreas Burkart: "Es ist ein Abenteuer, das nie aufhört."

(RP)
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