Düsseldorf Milliardär will Vossloh übernehmen

Düsseldorf · Der Mutterkonzern des Düsseldorfer Bahnausrüsters Kiepe steht offenbar vor einer Übernahme. Großaktionär Heinz Hermann Thiele hat bereits die Sperrminorität von 25 Prozent erworben und will schnell weitere Anteile kaufen. Vossloh steigerte im dritten Quartal den Umsatz um sechs Prozent.

 Arbeiter an Elektronikbauteilen für Bahnen. Die Vossloh-Tochter Kiepe in Reisholz beschäftigt vor Ort 700 Mitarbeiter.

Arbeiter an Elektronikbauteilen für Bahnen. Die Vossloh-Tochter Kiepe in Reisholz beschäftigt vor Ort 700 Mitarbeiter.

Foto: kiepe

Ohne den neuen Großaktionär Heinz Hermann Thiele geht bei der Kiepe-Muttergesellschaft Vossloh bald nichts mehr: Der Eigentümer der Firma Knorr-Bremse hat seinen Anteil an dem Bahn- und Busausrüster Vossloh auf eine sogenannte Sperrminorität von gut 25 Prozent aufgestockt. Diese Minderheit reicht ihm, um jede mögliche Entscheidung des Vossloh-Vorstands zu blockieren.

 Heinz Hermann Thiele (72) ist Eigentümer von Knorr-Bremse.

Heinz Hermann Thiele (72) ist Eigentümer von Knorr-Bremse.

Foto: knorr

Für die kommenden zwölf Monate kündigte Thiele weitere Aktienkäufe an, wie Vossloh gestern mitteilte. Der 71-Jährige bekräftigt zudem, er wolle bei der Besetzung von Manager-Posten bei dem Technikkonzern mitmischen. Ihm könnte bereits in diesem Monat der Einzug in den Aufsichtsrat gelingen, nachdem ein Mitglied aus gesundheitlichen Gründen ausgeschieden ist.

Der Vossloh-Vorstand wollte gestern keine Stellung nehmen, ließ er über einen Sprecher erklären. Auch die Chefs des Düsseldorfer Vossloh-Kiepe-Werkes in Reisholz hielten sich gestern auf Anfrage bedeckt.

Thiele, dessen Aktienpaket aktuell rund 260 Millionen Euro wert ist, müsste bei Erreichen der 30-Prozent-Hürde den Vossloh-Aktionären ein Übernahmeangebot machen. Das hatte er allerdings vor wenigen Tagen vorerst ausgeschlossen: "Es wird nicht an einem Übernahmeangebot gearbeitet."

Der öffentlichkeitsscheue Milliardär war Anfang 2011 bei Vossloh eingestiegen und hatte sich von den Kartellbehörden in Deutschland und Österreich bereits den Erwerb eines Minderheitsanteils genehmigen lassen. Derzeit größter Vossloh-Aktionär ist mit rund 34 Prozent die Gründerfamilie. Diese hatte wiederholt erklärt, sie wolle nicht verkaufen.

Die Düsseldorfer Vossloh-Tochter Kiepe beschäftigt vor Ort rund 700 Mitarbeiter und ist spezialisiert auf die technische Ausrüstung von Straßenbahnen, U-Bahnen und Elektrobussen. Auch die Düsseldorfer Bahnen der künftigen Wehrhahnlinie oder die neue Wuppertaler Schwebebahn fahren mit Technik von Kiepe aus Düsseldorf.

Experten gehen davon aus, dass sich für den Düsseldorfer Standort bei einem Einstieg oder einer Übernahme durch Thiele nichts Wesentliches ändern würde. Es gibt keine Sparte im Knorr-Bremse-Konzern, der Ähnlichkeiten zu Kiepe aufweist, so dass wohl auch keine Synergien zu heben sind.

In Wirtschaftskreisen gilt Thiele als solider Unternehmer, und nicht etwa als Heuschrecke. Der 71-Jährige hatte 1969 als Ingenieur bei Knorr-Bremse angefangen, später kam er ins Management, er erwarb eigene Anteile bis er irgendwann seinen eigenen Arbeitgeber übernahm. Seit 2007 sitzt er als Vorsitzender im Aufsichtsrat, mischt sich aber aktiv in die Geschäfte ein.

An der Börse sorgte die Kauf-Ankündigung Thieles für Übernahmefantasie. Der Aktienkurs legte zwischenzeitlich um mehr als drei Prozent auf 79,90 Euro zu. Analysten erwarten, dass Thiele der Gründerfamilie eine satte Prämie anbieten müsste, um sie zum Verkauf zu bewegen.

Nach mehr als einem Jahr im Rückwärtsgang nahm Vossloh im dritten Quartal wieder Fahrt auf. Der Umsatz legte um knapp sechs Prozent auf 320,2 Millionen Euro zu. Der operative Gewinn stieg von Juli bis September um 28 Prozent auf 30,1 Millionen Euro, der Überschuss auf 16,8 Millionen nach 12,1 Millionen Euro vor Jahresfrist. "Nach einem verhaltenen ersten Halbjahr haben wir im dritten Quartal Tempo aufgenommen", sagte Firmenchef Werner Andree. "Wir sind auf Kurs, unsere Ziele für das Geschäftsjahr 2012 zu erreichen." Demnach peilt Vossloh 2012 einen Umsatz von 1,25 bis 1,3 (Vorjahr: 1,2) Milliarden Euro an.

(ila/jco)
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