Geschäftsführer und Betriebsrat im Interview "Metso Lindemann kündigt 114 Mitarbeitern"

Düsseldorf · Der Geschäftsführer Martijn van Keulen und der Betriebsrat Rainer Kolvenbach sprechen über die Werksschließung, den Sozialplan und darüber, wie es in Düsseldorf weitergeht.

 Betriebsratsvorsitzender Rainer Kolvenbach (l.) und Metso-Geschäftsführer Martijn van Keulen im Innenhof des Werks, das bald geschlossen wird.

Betriebsratsvorsitzender Rainer Kolvenbach (l.) und Metso-Geschäftsführer Martijn van Keulen im Innenhof des Werks, das bald geschlossen wird.

Foto: Jürgen Bauer

Herr van Keulen, seit Monaten gibt es Pläne für einen Stellenabbau bei Metso Lindemann. Was ist das Ergebnis der Verhandlungen?

van Keulen Wir haben lange und intensiv mit dem Betriebsrat über den Stellenabbau verhandelt. Das nun erzielte Ergebnis ist fair. Es bringt uns bei der Sicherung unserer Wettbewerbsfähigkeit und Neuausrichtung auf die zukünftigen Herausforderungen entscheidend weiter, ohne die Aspekte der Sozialverträglichkeit und Verantwortung gegenüber unserer Mitarbeiter zu vernachlässigen. Wir werden 114 Mitarbeitern betriebsbedingt kündigen. Der Sozialabbau erfolgt sozialverträglich und wird frühestens ab Februar 2014 umgesetzt.

In welchen Bereichen arbeiten die entlassenen Mitarbeiter?

Kolvenbach Es handelt sich überwiegend um gewerbliche Mitarbeiter und solche, die indirekt für den gewerblichen Bereich arbeiten. Zudem sind Arbeitsplätze im Verwaltungsbereich durch eine allgemeine Reorganisation betroffen.

Wie sieht die Hilfe für die Mitarbeiter aus?

Van Keulen Wir werden unter anderem eine Transfergesellschaft gründen und allen betroffenen Mitarbeitern anbieten, dorthin zu wechseln.

Welche Vorteile soll die Transfergesellschaft bringen?

Kolvenbach Jeder der 114 gekündigten Mitarbeiter hat die Chance, dieses Angebot anzunehmen. Der Vorteil aus Sicht der Arbeitnehmer ist, dass die Betroffenen erst am Ende der Verweildauer in der Transfergesellschaft von Arbeitslosigkeit bedroht sind, und sich die Aussichten schnellstmöglich ein neues Arbeitsverhältnis einzugehen verbessern. Die Mitarbeiter werden mindestens für sechs Monate bei der Transfergesellschaft beschäftigt, auch wenn ihre eigentliche Kündigungsfrist etwa nur vier Wochen beträgt. Die maximale Beschäftigung dort beträgt zwölf Monate. Das ist ein Erfolg unserer Verhandlungen mit der Geschäftsleitung. Die Mitarbeiter werden in dieser Zeit bei der Transfergesellschaft qualifiziert und auf eine Bewerbung bei anderen Firmen vorbereitet und begleitet.

Van Keulen Die Mitarbeiter haben ab der Benachrichtigung über eine geplante Kündigung 14 Tage Zeit darüber zu entscheiden, ob sie das Angebot mit der Transfergesellschaft annehmen. Außerdem bieten wir mit einer Startprämie einen finanziellen Anreiz zum Wechsel in diese Übergangsfirma.

Als wir vor einigen Monaten über die geplanten Einsparungen sprachen, war die Rede von 150 abzubauenden Stellen. Wie kommt es, dass die Zahl heute niedriger ausfällt?

Van Keulen Da gibt es verschiedene Faktoren. Teilweise haben Mitarbeiter das Unternehmen bereits vorher auf eigenen Wunsch verlassen, sind in den Vorruhestand gegangen, oder Zeitverträge sind ausgelaufen. Zudem konnten wir in verschiedenen Bereichen einige Stellen retten, zum Beispiel haben wir mit dem Betriebsrat ausgehandelt, dass die Reparaturwerkstatt entgegen ursprünglicher Pläne erhalten bleibt. Zurzeit sind wir in Verhandlungen für einen neuen Standort in Reisholz. Dadurch konnten zehn Stellen erhalten werden.

Wie sind die Verhandlungen gelaufen?

Kolvenbach Wir haben kontrovers diskutiert. In den ersten Gesprächen schien eine Einigung unmöglich. Aber das jetzige Ergebnis können wir gut vertreten. Es ist tragisch und traurig, aber aus Arbeitnehmersicht haben wir das Beste herausgeholt. Dies ist die dritte Entlassungswelle, und der Verhandlungsspielraum war aus Arbeitnehmersicht wesentlich kleiner, weil der Markt für Recyclingmaschinen geschwächt ist. Es war kaum Fleisch da, über deren Verteilung man hätte reden können.

Was ist aus den Plänen geworden, einen anderen Investor ins Boot zu holen, der die Produktion fortsetzt?

Kolvenbach Es gab einen Interessenten aus dem Bergischen Land für einen kleinen Teil der Produktion. Aber die Sache war aus rechtlicher und praktischer Sicht nicht machbar. Die Mitarbeiter, die zu dem neuen Unternehmen gewechselt wären, hätten sich schlechter gestellt als die, die gehen müssten. Die Gespräche mit dem Investor werden daher separat weitergeführt und sind nicht Teil des Sozialplans.

Was wird jetzt aus dem Werk an der Erkrather Straße in Flingern?

Van Keulen Das Werk wird geschlossen. Die Produktion soll nach derzeitiger Planung im März oder April an diesem Standort eingestellt werden. Wir werden in der nächsten Woche Gespräche mit verschiedenen Projektentwicklern beginnen und hoffen, das Gelände so schnell wie möglich zu verkaufen.

Wäre es in Ihrem Interesse, das alte Industriegelände— die Fläche ist 35 000 Quadratmeter groß - als Wohnbaufläche zu vermarkten, weil das im wohnraumarmen Düsseldorf bessere Preise als Gewerbeflächen bringt?

Van Keulen Natürlich wäre es in unserem Interesse, einen möglichst hohen Preis zu erzielen. Aber wir haben Gespräche mit der Wirtschaftsförderung geführt. Und laut Masterplan Industrie und Bebauungsplan ist das hier ein Industrie- und Gewerbegebiet. Das müssen wir akzeptieren. Daher suchen wir nun nach Investoren, die eine solche Nutzung anstreben. Es wird hier weder Supermärkte noch Wohnungen geben. Aber ich bin zuversichtlich, was den Verkauf angeht.

Was bleibt von Metso Lindemann in Düsseldorf erhalten?

Van Keulen In Düsseldorf bleiben zum Beispiel die Forschung und Entwicklung, das Produktmanagement, der Service, das Reparaturzentrum, der deutsche Vertrieb sowie angrenzende Verwaltungsbereiche erhalten. Wir suchen derzeit nach einem neuen Standort für Büros in Düsseldorf. Wenn der Verkauf der Erkrather Straße schnell vonstatten geht, könnten wir bereits im vierten Quartal umziehen. Erste Gespräche mit der Wirtschaftsförderung haben wir bereits geführt. Angeschaut haben wir uns aber noch nichts.

Kolvenbach Für die verbliebenen 180 Mitarbeiter gibt es eine Jobgarantie für die nächsten zwölf Monate. Je nach Umsatz verdoppelt sich diese Zeitspanne.

Wo ist die Produktion künftig?

Van Keulen Die Produktion der Anlagen wird zukünftig auf das weltweite Metso-Netzwerk mit Standorten und qualifizierten Unterlieferanten in allen wichtigen Märkten weltweit — Europa, Amerika und Asien — ausgelagert. Alle Werke und Lieferanten arbeiten nach Metso Standard und unterliegen der Metso Qualitätssicherung.

Welche Qualifikationen haben jene, die bei Metso ihre Jobs verlieren?

Kolvenbach Das sind alles Facharbeiter, etwa Industriemechaniker, Dreher, Fräser, Zerspanungsmechaniker und Logistikfachleute. Sie haben gute Chancen.

Van Keulen Das kann ich bestätigen. Es gab in den vergangenen Wochen mehrfach Anfragen anderer Firmen, die sich für diese Mitarbeiter interessieren.

Was wird aus den Azubis?

Van Keulen Wir haben derzeit zwölf Azubis. Sie können ihre Lehre bei uns zu Ende führen. Bei manchen ist es sinnvoller, sie wechseln zu anderen Betrieben, daher führen wir Gespräche mit anderen Firmen.

THORSTEN BREITKOPF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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