Interview Wolfram Diener Messe Düsseldorf gründet „Saw Expo“ in Friedrichshafen

Düsseldorf · Der operative Geschäftsführer der Messe Düsseldorf spricht über die Entwicklung internationaler Messe-Familien und erklärt, warum sie dem Unternehmen auch am eigenen Standort nutzen. Die Messe bietet auch immer mehr zusätzliche Services für Aussteller an.

 Wolfram Diener ist aus Asien nach Düsseldorf gekommen und kennt sich mit dem internationalen Geschäft aus.

Wolfram Diener ist aus Asien nach Düsseldorf gekommen und kennt sich mit dem internationalen Geschäft aus.

Foto: Wiese/WWW.FOTOGRAFIE-WIESE.DE

Wolfram Diener lebt nur wenige Kilometer von der Messe entfernt und hat sich schon bestens eingelebt. Selbstverständlich war das aber nicht: Der operative Geschäftsführer der Messe Düsseldorf lebte 22 Jahre lang in Asien, ehe er im vergangenen Oktober sein Amt antrat. Ein wenig, gibt er zu, sei das schon ein Kulturschock gewesen: „Aber es ist wirklich toll.“ Auch die Arbeitsweise der Messe Düsseldorf hat den 54-Jährigen schnell überzeugt, erzählt er am Rande der vier Fachmessen der „Bright World of Metals“.

Herr Diener, warum ist Düsseldorf gerade bei den Industriemessen so breit aufgestellt und hat eher wenige Konsumgütermessen?

Wolfram Diener Das kann vielfältige Gründe haben. Zunächst war Düsseldorf ja immer ein starker Industrie-Standort, so dass sich die entsprechenden Messen hier ganz natürlich entwickelt haben. Das Gelände eignet sich für diese Veranstaltungen auch sehr gut. 17 ebenerdige Hallen, bis zu 26 Meter hoch, die zehn Tonnen pro Quadratmeter tragen können und alle fünf Meter Anschlüsse für Strom, Wasser, Druckluft und Kommunikation bieten. Perfekt, um große Industriemaschinen aufzustellen und im Normalbetrieb zu präsentieren.

Und warum kommen gerade zu den Industriemessen so viele Besucher aus dem Ausland?

Diener Durch die Globalisierung haben sich viele Märkte stark verändert. Nehmen wir die Gießerei-Technik. Sie war in Deutschland traditionell sehr stark, weswegen hier die Weltleitmesse ihren Platz hat. Heute ist diese Branche aber auch sehr stark in China und Indien vertreten. Die Angebotsstruktur hat sich in vielen Bereichen internationalisiert, und durch den steigenden Wohlstand steigt auch die Nachfrage in den anderen Ländern.

Und sie alle kommen zu den Weltleitmessen nach Düsseldorf...

Diener Wir kommen aber auch zu unseren Kunden in aller Welt. Unsere Messen behandeln schließlich Trendthemen wie Ressourceneffizienz und Industrie 4.0, die weltweit höchst relevant sind. Zudem wird gerade in Wachstumsmärkten und Schwellenländern besonders stark investiert. Deswegen haben wir für fast jede unserer Weltleitmessen inzwischen eine Reihe von internationalen Ablegern, sozusagen eine Messe-Familie. Damit schaffen wir vor Ort Plattformen für die jeweilige Wirtschaft.

Aber besteht nicht die Gefahr, sich damit selbst Konkurrenz zu machen?

Diener Ich sehe es eher so, dass wir auf diese Weise im Bewusstsein der Leute bleiben – besonders bei den Messen, die in Düsseldorf nur alle paar Jahre stattfinden. Die Ableger fungieren dann sozusagen als „Feeder“, als Zulieferer der eigentlichen Messe. Viele Aussteller, die auf unseren Düsseldorfer Industriemessen mit rund 70 Prozent internationalen Besuchern Kontakte knüpfen, wollen dann auch sehr gerne in den entsprechenden Ländern präsent sein. Der Haupt-Stand bleibt dann trotzdem auf der Messe in Düsseldorf. Wir haben Aussteller, die uns auf acht bis zehn Messen im Ausland begleiten.

Welche Messen sind denn am stärksten international vertreten?

Diener Unser Messen rund um die Metallherstellung- und verarbeitung sind mit 20 Auslandsmessen am internationalsten aufgestellt – unter anderem mit Veranstaltungen in Indien, China, Brasilien und den USA. In Zukunft möchten wir übrigens auch innerhalb Deutschlands und im europäischen Ausland investieren. Das war vorher nicht so, weil wir natürlich dem jeweiligen Flaggschiff nicht schaden wollten.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Diener Beispielsweise gibt es das Thema Sägetechnik, für das es in Deutschland, Österreich und der Schweiz jeweils nur einige wenige Unternehmen gibt. Ihnen werden wir im kommenden Jahr einen Sonderpavillon auf der Röhrenmesse Tube bauen, weil beides thematisch gut zusammenpasst: Moderne Sägetechnik wird bei der Rohrherstellung oft gebraucht. In den Jahren, in denen die Tube nicht stattfindet, werden wir diese Messe dann als „Saw Expo“ nach Friedrichshafen auslagern, gut erreichbar für viele Unternehmen der Branche. Damit sind wir erstmals mit einer eigenen Messe an einem anderen deutschen Standort.

Ein großer Schritt....

Diener Natürlich. Aber wenn ein großer Teil der Wertschöpfungskette sich in einem Bereich konzentriert, dann kann man das ja nicht ignorieren. Als Messe-Veranstalter ist es wichtig, das Ohr am Markt zu haben und sich nicht in ein paar Jahrzehnten mit der Bedrohung der Hauptveranstaltung konfrontiert sehen.

Richten Sie sich eher nach den Ausstellern oder den Besuchern?

Diener Unsere Haupt-Kunden sind natürlich die Aussteller, die bei uns ihre Stände mieten – ihnen bieten wir übrigens auch immer mehr zusätzliche Services an, beispielsweise einen digitalen Matchmaking-Service, damit sie im Vorfeld einer Messe bereits Gesprächstermine vereinbaren können.
Unsere modernen Services testen wir gern zuerst bei den Branchen, die besonders innovativ unterwegs sind – beispielsweise bei der Handelsmesse Euroshop.
Aber natürlich sind auch die Besucher der Messe wichtig: Wenn sie wegbleiben, dann würden uns auch die Aussteller weglaufen. Insofern streben wir auch kein Flächenwachstum um jeden Preis an, sondern haben beide Seiten im Blick. Jede Veranstaltung soll sich in dem Tempo entwickeln, in dem das gesund funktioniert.

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