Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Mehr Praxisausbildung für Medizin-Studenten

Düsseldorf · An der Heine-Uni startet ein neuer Modellstudienfang. Ziel: Der Ärzte-Nachwuchs soll möglichst früh mit Patienten in Kontakt kommen.

 Medizin-Studenten wie Olga Budowski – hier mit Dr. Philipp Sewerin und Patientin Anne Grassberger – sollen praktischer ausgebildet werden.

Medizin-Studenten wie Olga Budowski – hier mit Dr. Philipp Sewerin und Patientin Anne Grassberger – sollen praktischer ausgebildet werden.

Foto: Von Ameln

Erlerntes so früh wie möglich mit praktischen Erfahrungen am Patienten verknüpfen — dieses Ziel hat sich ein neuer Modellstudiengang Medizin an der Heinrich-Heine-Universität gesetzt. Der Nutzen liegt auf der Hand. Doch bisher war diese sinnvolle Kombination mit der Studienordnung nicht zu vereinbaren. Der traditionelle Weg eines angehenden Arztes: vier Semester pauken bis zum Physikum und erst dann auf Station. Eine künstliche Barriere, die nun aufgebrochen wird. Stefanie Ritz-Timme, Professorin und Studiendekanin: "Den Studierenden wird Wissen im Kontext mit der Beschäftigung am Patienten vermittelt. Die Anatomie des Herzens begreift man besser, wenn gleichzeitig gelernt wird, wie ein Herz abzuhören ist und wie sein Röntgenbild aussieht."

Der Modellstudiengang startet ab sofort mit 403 Erstsemestern (eingeschrieben sind in Düsseldorf insgesamt 2800 Medizinstudenten). Ist das komplette Projekt angelaufen, werden zeitgleich 360 Studierende auf unterschiedlichen Stationen und in Ambulanzen beschäftigt sein, jeweils an 128 Tagen eines Jahres. Hier greift eine Besonderheit des Düsseldorfer Modells: das "Task-Based-Learning" mit der Auflistung von 123 Behandlungsanlässen (Task), die für jede ärztliche Tätigkeit von Bedeutung sind. "Patienten kommen mit Behandlungsanlässen zum Arzt", sagt Ulrich Decking, stellvertretender Studiendekan. "Die Studierenden müssen den angemessenen Umgang damit erlernen. Diese praxisnahe Struktur gewährleistet auch, dass der Übergang in den beruflichen Alltag ohne große Brüche verläuft."

Das neue Lehr- und Lernformat für Medizin ersetzt den bisherigen Studiengang. Es sieht vor, dass bereits ab dem ersten Semester nicht nur rein kognitives Wissen vermittelt wird. "Dazu haben wir acht Kompetenzfelder definiert", erläutert die Professorin, "darunter ist auch das der Selbstkompetenz. Künftige Ärzte sollten verantwortungsvoll mit sich umgehen können.

Die Anforderungen an ihren Beruf haben sich gewaltig geändert. Den Halbgott in Weiß gibt es nicht mehr. Wir haben es heute mit kritischen Patienten und einer Ökonomisierung der Medizin zu tun."

Die Düsseldorfer Gruppe hat sich an internationalen Universitäten umgesehen und bereits gemachte Erfahrungen umgesetzt. "Ein besonders gelungener Wurf", kommentiert Michael Piper, Rektor der Universität. "Ich kann die Fakultät zu diesem ehrgeizigen Projekt nur beglückwünschen." Das Physikum wird nicht gänzlich abgeschafft, aber in eine andere Form übergeführt. In jedem Semester stehen über drei Jahre zwei größere schriftliche Klausuren an, die mit einer mündlichen und praktischen Prüfung den gleichen rechtlichen Status wie das Physikum haben.

Das Gesundheitsministerium NRW war überzeugt von dem detaillierten Konzept und zog ohne Widerstände mit. Eine Evaluierung ist aber vorgeschrieben. Das Interesse an den Ergebnissen sei groß, heißt es. "Der Modellstudiengang ist nur ein Teil eines Gesamtkunstwerks", sagt Stefanie Ritz-Timme. Wir werden weitere Projekte auf den Weg bringen, mit denen die Lehr- und Lernkultur in Düsseldorf verbessert wird. Die Studenten brauchen eine Werkzeugkiste, damit sie ihren Arztberuf mit Freude und ohne Überforderung ausüben können."

(RP)
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