Bewegung „Maria 2.0“ in Düsseldorf Gläubige protestieren mit Freiluftgottesdiensten gegen Reformstau der Kirche

Düsseldorf · Die Bewegung Maria 2.0 will entschlossene Reformen in der katholischen Kirche. In Düsseldorf versammelten sich die Gläubigen an mehreren Stellen vor ihren Kirchen, um darauf aufmerksam zu machen, und bleiben bewusst der Messe fern. Unser Reporter war dabei.

 Die Andacht auf dem Gerricusplatz vor der Basilika St. Margareta in Gerresheim.

Die Andacht auf dem Gerricusplatz vor der Basilika St. Margareta in Gerresheim.

Foto: Dominik Schneider

„Wo Menschen sich vergessen, die Wege verlassen, und neu beginnen, ganz neu, da berühren sich Himmel und Erde, dass Friede werde unter uns“, singen die Menschen, die sich am Samstagabend auf dem Gerricusplatz vor der Basilika St. Margareta zur Andacht versammelt haben. Gemeinsam beten sie „Vater, Mutter unser im Himmel“. Die Gläubigen sind Teil der Bewegung Maria 2.0, die inzwischen bundesweit drastische Reformen in der katholischen Kirche anstrebt.

„Wir fordern die Gleichberechtigung von Frauen in allen Kirchlichen Ämter, auch im Priesteramt, außerdem ein freiwilliges Zölibat und eine neue Einstellung der Kirche zur Sexualität“, fasst Barbara Krug zusammen, eine der treibenden Kräfte hinter der Bewegung im Düsseldorfer Osten. Um diese Neuerungen durchzusetzen, legen in ganz Deutschland vom 11. bis zum 18. Mai Frauen ihre ehrenamtlichen Ämter in der Kirche nieder und bleiben den Gottesdiensten fern, machen dafür aber mit eigenen Veranstaltungen vor den Kirchen auf ihre Anliegen aufmerksam. Barbara Krug und ihre Mitstreiter werden zwar von der Mehrheit der offiziellen Kirchenvertreter bisher im besten Falle ignoriert, teilweise auch bekämpft, erhalten jedoch Unterstützung aus anderen Gemeinden und auch von Kirchenangestellten.

„Was wir hier machen, ist kein Strohfeuer“, sagt Kornelia Fehndrich von der Katholischen Frauengemeinschaft Düsseldorf. Es gebe zahlreichen Menschen, die in der Kirche engagiert seien, aber aufgrund der Ungleichbehandlung der Geschlechter an einen Austritt denken. „Spätestens dann wird die Amtskirche sehen, wie wichtig Frauen im Gemeindeleben sind“, so Fehndrich. Maria 2.0 sei auch deswegen eine so starke Bewegung, weil sie von innen kommt, von den Menschen innerhalb der Kirchen, und nicht von der organisatorischen Ebene initiiert sei. Und eines versprechen Fehndrich und Krug all jenen, die ihren Anliegen kein Gehört schenken: Nach der offiziellen Streikwoche geht es weiter.

Auch die Gemeindemitglieder, die sich vor der Gerresheimer Basilika versammelt haben, sind entschlossen: „Wenn die Kirche nicht mit der Zeit geht und sich öffnet, wird sie nicht überleben“ ist sich Irmgard Werlemann sicher. Sie ist gemeinsam mit ihrem Ehemann Jochen nach St. Margareta gekommen, hat vor dem Kirchenportal gebetet und gesungen. Auch er versteht nicht, warum Frauen in der Kirche von so vielen Ämtern und Funktionen ausgeschlossen sind. „Immerhin hat Jesus sich doch auch mit Frauen umgeben, es gibt meiner Meinung nach keine Begründung für die Ungleichheit“, sagt Jochen Werlemann.

Dem stimmt auch Barbara Krug zu. Sie ist allerdings wenig optimistisch, was die kurzfristigen Erfolgsaussichten von Maria 2.0 angeht. „Solche Entwicklungen brauchen Zeit. Wir warten nun darauf, wie die Amtskirche reagiert, aber ich glaube nicht, dass Frauen in den nächsten Jahren die Priesterweihe empfangen können“, so Krug. Viel wichtiger sei es, ein „deutliches Zeichen“ zu setzen, um einen ersten Schritt auf dem Weg der Modernisierung der katholischen Kirche zu gehen.

So auch am Sonntag vor der Kirche St. Matthäus in Garath. Während drinnen die reguläre Messe gelesen wurde, versammeln sich vor der Kirche Männer und Fauen in der Sonne. Gemeinsam beten sie „Vater, Mutter unser im Himmel“. Es wird ein Wortgottesdienst gelesen, ohne Eucharistie, dafür gibt es im Anschluss Brot und Traubensaft. Die Gläubigen unterschreiben eine Petition an den Papst und Postkarten, die die Düsseldorfer Organisatoren von Maria 2.0 dem Kölner KardinalWoelki vorlegen wollen.

„Wir fühlen uns unserer Gemeinde zugehörig, deswegen wollen wir sie verbessern, anstatt uns abzuwenden“, sagt Ulrike Sassin, eine der Organisatorinnen der Garather Veranstaltung. Zeit und Ort parallel zur Sonntagsmesse seien durchaus bewusst gewählt. „Wir wollen möglichst sichtbar sein“, sagt Sassin.

Die Kirchgänger, die die Matthäus-Kirche nach Ende des Gottesdienstes verlassen, zeigen ganz unterschiedliche Reaktionen. Einige kommen mit den Anhängern von Maria 2.0 ins Gespräch. Ein Mann dagegen drängt seine Frau zum zügigen Aufbruch und murmelt: „Kirche findet drinnen statt, nicht draußen.“

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