Ein Lehrer berichtet „Auch online erkenne ich, wer müde ist“

Lehrer Konstantin Runte unterrichtet Mathematik, Biologie und Sport am Düsseldorfer Albert-Einstein-Gymnasium. Wie Lernen auf Distanz funktioniert, hat er bereits Ende November ausprobiert. Jetzt kann er das Gelernte gut anwenden.

 Lehrer Konstantin Runte sammelte in der 6a Erfahrungen mit dem Online-Klassenzimmer.

Lehrer Konstantin Runte sammelte in der 6a Erfahrungen mit dem Online-Klassenzimmer.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Wie ein guter Online-Unterricht funktionieren kann, haben wir bereits vor den Entscheidungen der vergangenen Tage gut erproben können. Aufgrund einiger Infektionsfälle und Quarantänen waren meine Schüler aus der 6a, die ich unterrichte, Ende November eine ganz Zeit im Distanzunterricht. Das bedeutete für mich von Stunde zu Stunde den Schalter umzulegen. Hatte ich gerade noch ganz analog vor einer neunten Klasse gestanden, musste ich mich kurz darauf auf eine neue Welt einlassen. Denn diese Stunden sind irgendwie ähnlich und doch gänzlich anders, sie finden nämlich in einem leeren Klassenzimmer und online statt! Mehr als zwei Wochen arbeiteten wir im Hybridmodell, und somit begrüße ich meine Klasse 6a täglich aufs Neue im Online-Besprechungsraum. Unser November-Modell sah vor, nicht die jeweiligen Klassen zu teilen, sondern im täglichen Wechsel von zu Hause oder in der Schule zu arbeiten. Also an den Tagen, an denen die Schüler zu Hause sind, genau das zu tun, was seit dieser Woche für die mittleren und älteren Schüler der allgemeinverbindliche Standard ist.

An diesem Tag Ende November schauen mich 24 müde Gesichter an, nein, 20 … denn der Rest trottet verspätet ein. Ich muss schmunzeln, denn es fühlt sich sehr nach dem Schulalltag vom letzten Jahr an, nur online eben. Auch hier versuche ich ähnlich dem Unterricht-vor-Ort einen fesselnden Stundeneinstieg, nutze das Unterrichtsgespräch, nehme Schüler dran und leite sie zu Stillarbeitsphasen an. Eine Sicherung erfolgt mit dem Tablet als Whiteboard, dessen Bildschirm ich teile. Auch Ergebnisse der Schüler können geteilt werden. Bei einigen habe ich das Gefühl, sie können sich zu Hause sogar besser konzentrieren als bei uns – schließlich fehlt hier der Sitznachbar für einen außerschulischen Austausch.

Der Klasse ist bewusst, dass eine Anwesenheitspflicht besteht und die Stunde bewertet wird. Eine spannende, neue und andere Art des Unterrichts, die jedoch nur bei einem gemeinsam genutzten und bekannten System und bei einer guten digitalen Ausstattung funktionieren kann. Dazu zählen natürlich Geräte für alle Beteiligten, ausgebautes Internet und eine ordentliche Kommunikationsplattform. Da beides bei uns zutrifft, freue ich mich darüber, dass vieles reibungslos läuft! Für Stolperstellen besteht wöchentlich die Gelegenheit eines regelmäßigen Austauschs unter den Kolleginnen und Kollegen im Support-Café. Zusätzlich wird auch bei Fragen die Chatfunktion unserer Software genutzt, mit der wir seit Beginn der Sommerferien arbeiten.

Vor allem freut es mich, wenn Schüler die Vorteile und den Nutzen der sehr direkten Kommunikation erkennen. Ich kann Fragen in meine Klasse stellen, Ergebnisse hochladen und bei weiteren Unklarheiten chatten. Auch wenn das Hybridmodell am Albert-Einstein-Gymnasium in diesem November sehr gut angenommen wurde und die Schüler in allen Stunden anwesend waren, habe ich mich seinerzeit noch darüber gefreut, zunächst einmal wieder in den „Normalbetrieb“ zurückkehren zu können. Eine Freude, die von begrenzter Dauer sein sollte. Denn die dynamische Entwicklung der Pandemie hat die Maßstäbe nun wieder neu justiert.

Meine Erfahrung hat gezeigt: Die Meinungen zu Wechselmodellen und zum generellen Home-Schooling gehen weit auseinander und es gibt sicherlich Argumente für und auch gegen unterschiedlich harte Maßnahmen. Ich erwische mich selbst oft dabei, mich nicht positionieren zu können, was für die Gesamtsituation nun das Beste wäre. Jedoch: Bei den (telefonischen) Elternsprechtagen ist mir in vielen Einzelgesprächen mit den Müttern und Vätern deutlich bewusst geworden, welch wichtige Rolle – jenseits eines pandemiebedingten Ausnahmezustands – die Aufrechterhaltung des Unterrichts für den „Haussegen“ bei Familien einnehmen kann. Die Kinder gehen gerne zur Schule, freuen sich auf ihre Klasse und sind sicherlich auch froh, abgelenkt zu sein. Abgelenkt von den Sorgen, die möglicherweise in einigen Elternhäusern präsent sind.

Ich bin überzeugt, dass wir uns an den neuen Schulalltag gewöhnen können und auch müssen, um in den nächsten Monaten diese besondere Zeit zu überstehen. Hierzu ist es meiner Meinung nach besonders wichtig, einen Raum für gegenseitiges Verständnis zu schaffen, ehrlich zu sein und viel zu kommunizieren - bei uns auch online!

Jörg Janssen protokollierte die Erfahrungen.

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