Kolumne Die Woche im Rathaus Lehrreicher Kontakt zum echten Leben

Meinung | Düsseldorf · Zwei CDU-Politiker gehen in eine Kita und lesen Kindern vor. Ein Duo aus der Grünen-Landtagsfraktion taucht bei der Verbraucherberatung auf und lässt sich schildern, mit welchen Sorgen die Menschen kommen. Gelernt haben alle dabei.

 Thomas Jarzombek, Rüdiger Gutt (hinten, v.l.) in der Rather Kita. Vorne: Sarah (l.) und Veronique

Thomas Jarzombek, Rüdiger Gutt (hinten, v.l.) in der Rather Kita. Vorne: Sarah (l.) und Veronique

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Politikern wird oft vorgeworfen, sie hätten vom wahren Leben keine Ahnung. Der Vorwurf ist nicht selten berechtigt, je weiter oben, um so geringer der Kontakt zu Butterpreisen, Müllgebühren und versifften Schul-Klos. Weil niemand gern mit diesem Ruf lebt, gibt es unterschiedliche Ansätze zu zeigen, wie es anders geht. Beispielsweise indem man in eine Kindertagesstätte geht und den Kleinen etwas vorliest. Rüdiger Gutt, Fraktions-Chef der CDU im Düsseldorfer Rat und sein Parteivorsitzender (und Bundestagsabgeordneter) Thomas Jarzombek haben das jetzt im Familienzentrum des Stadtteils Rath getan. Und egal, wie das Motiv für diesen Besuch war - die beiden dürften ihn nicht bereut haben. Denn gewiss haben sie einiges gelernt.

Beispielsweise dass Türklinken in solchen Häusern immer sehr hoch sind, damit die flotten Kleinen nicht mal eben nach draußen auf den Rather Kreuzweg rennen und in Gefahr geraten. Und sie dürften gesehen haben, wie einfach das Leben manchmal sein kann - jedenfalls aus der Sicht von Kindern. Vorgelesen wird nämlich aus dem Buch "Irgendwie Anders". Es geht um einen Jungen, der irgendwie anders ist, daher gemobbt wird und darunter leidet. Für die Fünf- und Sechsjährigen dieser Kita offenbar schwer nachvollziehbar: Denn dass es da einige Kinder gibt, die "irgendwie anders" sind, sieht jeder. Als Jarzombek (41) in die Runde fragt "Habt ihr denn auch Freunde?" kräht die kleine Sarah - blond und von typisch nord-europäischer Hautfarbe - "Na klar!" und knuddelt die neben ihr sitzende Veronique - sehr dunkle Haut, Rastalocken - so fest sie kann. Eindeutig: Beide sind irgendwie anders, und beide stört das irgendwie überhaupt nicht.

 Monika Düker und Stefan Engstfeld im Gespräch mit Ulrike Brunswicker-Hoffmann (r.)

Monika Düker und Stefan Engstfeld im Gespräch mit Ulrike Brunswicker-Hoffmann (r.)

Foto: Andreas Bretz

Gutt (54) und Jarzombek sehen es freudig erstaunt, beide schlagen sich wacker beim Vorlesen. Dass sie darin wenig Übung haben, merkt man nur anfangs. Angesichts von gebannt lauschenden Kindern werden sie lockerer und trauen sie sic h sogar, in verschiedenen Sprechrollen zu lesen und haben Spass dabei - ein erlesenes Erlebnis, sozusagen.

Ganz anders bei den Grünen. Regelmäßig schwärmt deren Landtagsfraktion aus ins Land und lernt Leute kennen. Sie waren schon, typisch Grüne, bei Imkern, haben sich von Feuerwehrleuten deren Sicht der Dinge schildern lassen und haben mit Buchhändlern über den Wert des gedruckten Wortes gesprochen. An diesem Dienstag sind die Verbraucherberatungen dran. Die in Düsseldorf liegt an der Heinz-Schmöle-Straße, und das ist eine Gegend, in der sich 80er-Jahre-Architektur vergebens bemüht hat, die vorher präsente Tristesse vergessen zu machen. Bertha-von-Suttner-Platz, Ludwig-Erhard-Allee, Eisenstraße - das sind Adressen mit politisch oder wirtschaftlichem Hintergrund, und so sieht die Gegend auch aus.

Bei den Fachleuten der Verbraucherberatung hören Stefan Engstfeld und Monika Düker, sichtlich beeindruckt, von den Sorgen der Menschen: unbegreifliche Kreditverträge, Abzocke am Telefon und die Fallen, in die viele tappen, wenn sie vermeintlich günstige Verträge für das begehrte Smartphone unterschreiben - Hilfe für Menschen, für die einige hundert Euro Schulden bedrohlich sind. Die Mitarbeiterinnen des Beratungsbüros wissen offenbar, dass die beiden Grünen-MdL Einfluss haben - und zeigen mit viel Engagement, was sie bewegt. Beispielsweise ihr Bemühen, den Menschen wieder Respekt vor der Nahrung beizubringen. Rund 80 Tonnen Nahrungsmittel landen in Düsseldorf jährlich in den Mülltonnen privater Haushalte - eine Zahl, von der die Politiker wohl nicht so überzeugend gehört hätten ohne diesen Besuch.

(RP)
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