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Selbständige Schüler Gehört der Sinn des Lebens in den Deutschunterricht?

Düsseldorf · Lehrerkolumne Schüler sind oft konservativer, als ihre Lehrer denken.

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Kerstin Roske
Foto: Andreas Bretz

010419 Kerstin Roske Foto: Andreas Bretz

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Deutschunterricht in der 10. Jahrgangsstufe. Mit mir sind etwa 20 Jugendliche im Raum. Die Erwartung an mich: Der Unterricht soll so begeistern, dass man als Schülerin oder Schüler seinen wertvollen Schlaf gern dafür abgebrochen hat und den Raum mit vor Eifer glühenden Wangen verlässt. Nichts leichter als das, also los!

Als der informative erste Teil der Stunde vorbei ist, haben wir Zeit, Fragen zu klären und fachlich zu diskutieren. Die Sitzordnung wird rasch etwas geändert, damit sich alle ansehen können. Eine Schülerin ist sogar bereit, die Diskussionsleitung zu übernehmen, wunderbar. Die ersten Fragen kommen, da nicht alles leicht zu verstehen war. Sie können von Mitschülern beantwortet werden. Ich habe gelernt, dass die Lehrerin sich auch mal heraushält. Die Schüler sollen aktiv und selbstständig sein. Nun diskutieren sie darüber, ob es einen subjektiven und einen objektiven Sinn im Leben gebe. Ist der Tod sinnvoll? Was bedeutet es denn, wenn jemand Existenzialist ist? Und an der Stelle kann ich schon sagen, dass zumindest ich mit dem Deutschunterricht heute sehr einverstanden bin.

Doch das Schöne an Schule ist ja: Als Lehrer wird man immer wieder von seinen Schülern korrigiert und muss selbstkritisch bleiben. So auch jetzt. Einem Schüler geht das Gespräch um Ziele im Leben zu sehr über das Fach Deutsch hinaus. Er möchte die Diskussion beenden. Schade, denke ich, schließlich ist der Bezug zu einem von diesem Deutschkurs gelesenen Theaterstück eng. Zu meinem Glück sehen das andere auch so, ich greife also gar nicht ein.

Mir zeigt es aber wieder mal: Kinder und Jugendliche können die konservativsten Menschen sein. Wenn klare Muster oder Normen verletzt werden, sind sie oft die ersten, die zur Ordnung rufen. Und gleichzeitig denke ich, wie schade es ist, dass wir alle in diesen festen Kategorien aufwachsen, die Schulfächer heißen. Bei vielen Schülern löst es bereits Unbehagen aus, wenn sie meinen, ein Thema gehöre eigentlich einem anderen Fach zugeordnet. Rangar Yogeshwar hat neulich zugespitzt formuliert: „Warum meinen wir eigentlich, ein Kind habe sich jeden Montag von neun bis zehn Uhr für Mathematik zu interessieren?“ - Aber damit geraten wir bereits in eine andere Diskussion.

Kerstin Roske ist Lehrerin für Deutsch und Geschichte am Luisen-Gymnasium

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