Düsseldorf Lehrer werden zu Konfliktlösern

Düsseldorf · Am Luisen-Gymnasium werden zurzeit Lehrer, Eltern und Schulsozialarbeiter zu zertifizierten Schulmediatoren ausgebildet. Die Arag finanziert die Fortbildung bis 2017, die sie zusammen mit dem Schulministerium entwickelt hat.

 Trainerin Dorothea Lochmann und Lehrer Lars Lemanski bei der Besprechung der Vorgehensweise zur Lösung eines Konflikts.

Trainerin Dorothea Lochmann und Lehrer Lars Lemanski bei der Besprechung der Vorgehensweise zur Lösung eines Konflikts.

Foto: Andreas Endermann

Franziska ist neu an der Schule, schüchtern und Außenseiterin. Wegen ständigen Problemen mit ihren Mitschülern hatte sie die Schule gewechselt und erlebt nun an der neuen das gleiche Spiel. Der Name ist ausgedacht, die Situation ist vielen erfahrenen Lehrern vertraut. Aber wie geht man am besten damit um?

Das diskutieren an diesem Vormittag 21 Lehrer, Eltern und Schulsozialarbeiter im Luisen-Gymnasium. Der Workshop "Konfliktmanagement an Schulen" ist Teil einer 80-stündigen Fortbildung, mit der sie sich zu zertifizierten Schulmediatoren ausbilden lassen. Unter den 21 Schulen aus ganz NRW machen allein 13 Schulen aus Düsseldorf mit. "Wir haben gemerkt, dass die Nachfrage sehr groß ist", sagt Kathrin Köhler, die bei dem Sponsor Arag das Projekt betreut. Grundlage des Trainings ist der so genannte "No blame approach", bei dem es darum geht, die Betroffenen zu schützen, aber auf Schuldzuweisungen zu verzichten.

"Wir haben ja alle schon einmal einen Streit geschlichtet", sagt Tanja Zaklikowski, Lehrerin am Luisen-Gymnasium. Überzeugt hat sie die Fortbildung, die auch an Wochenenden und in den Ferien stattfindet, weil der Ansatz über die Streitschlichtung hinaus geht. "Dabei lernen die Schüler, die Konflikte selber zu lösen. Einbezogen werden auch die Hintergründe. Die Lehrer lernen, das Umfeld der Schüler mit zu berücksichtigen", sagt Wolfgang Mesenholl, Leiter des Luisen-Gymnasiums.

Im Workshop haben die Teilnehmer sich mit dem neuen Ansatz befasst. In Kleingruppen und mit verteilten Rollen versuchen sie, einen Lösungsprozess zu finden. Im ersten Schritt sollen die Teilnehmer Franziska den Rücken stärken. In einem zweiten Schritt geht es darum, dass die Mobbingakteure in eine Unterstützergruppe für Franziska einbezogen werden, um neue Wege zu suchen. Schließlich soll der Prozess noch einmal in Einzelgesprächen gestärkt werden. Bei der Übung werden die Lehrer direkt mit auftretenden Schwierigkeiten konfrontiert.

Das fängt schon damit an, das Vertrauen von Franziska zu gewinnen, berichtet Lars Lemanski, ebenfalls Lehrer vom Luisen-Gymnasium. Erst als er zu der Kollegin in der Rolle der Franziska sagt: "Dir geht's nicht so gut, stimmt's?", ist der Draht zu ihr geknüpft. Das Signal "ich bin für dich da" ist angekommen. Eine Gruppe ist auf ein anderes Problem gestoßen: Franziska wünscht sich, dass ihr Widersacher bestraft wird. Weil das aber nicht zu einer unbelasteten Beziehung beitragen würde, wird bei dem Ansatz davon abgesehen. "Wie geht man damit um?" fragt Ralf Molnar, Vater eines Düsseldorfer Realschülers. Im Gespräch mit den Teilnehmern und Trainerin Dorothea Lochmann findet er die Lösung: Franziskas Wunsch einen Platz einräumen, aber ihr erklären, dass das Problem anders geregelt wird und warum.

Nach der Diskussionsrunde regt Ralf Molnar, der selbst ausgebildeter Mediator ist, eine Übung an, die die Trainer des begleitenden Instituts Likom gerne aufnehmen. In zwei Gruppen spielen die Teilnehmer Mobbing-Situationen nach. Einzelne Freiwillige gehen nach draußen und werden bei ihrer Rückkehr zuerst ignoriert. Dann im zweiten Durchlauf werden sie verbal fertig gemacht. "Du stinkst", "was sind denn das für Klamotten?", und dergleichen mehr. "Ich hatte keine Chance", beschreibt eine Lehrerin ihre Erfahrung als Opfer. "Das Argument, das Opfer tue seinen Teil dazu, stimmt nicht."

Umgekehrt erleben viele der Mobber, dass sie einer Dynamik ausgesetzt sind, der man sich gar nicht so leicht entziehen kann. "Jeder kann schnell, auch ungewollt Teil eines Mobbingprozesses werden, das ist ein sich selbst verstärkendes System", sagt Tanja Zaklikowski. Um solche Kreisläufe frühzeitig zu durchbrechen, sei Fortbildung immer wichtiger.

(RP)
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