Professor Martin Nolte im Interview Lärm: "Leute sind sensibler als früher"

Düsseldorf · Der Professor für Sportrecht über die Hintergründe zum Streit um Lärm zwischen Sportvereinen und Anwohnern.

 Martin Nolte, Professor für Sportrecht

Martin Nolte, Professor für Sportrecht

Foto: DSHS Köln

In Düsseldorf fürchten mehrere Sportvereine um ihre Zukunft, weil sie Streit um Lärm mit Nachbarn haben. Sind solche Konflikte neu?

Nolte Nein, das Thema war zwar lange wenig im Blickfeld, aber es ist ein Dauerbrenner: Schon 1976 gab es die erste Gerichtsentscheidung zum Sportlärm. Damals wurde die Stadt Gelsenkirchen verurteilt, die Lautsprecheranlage auf einen ihr gehörenden Fußballplatz zu drosseln. 1982 folgte dann das berühmte "Tennisplatzurteil". Das besagt, dass das unregelmäßige Ploppen eines Tennisballs ein besonders störender Sportlärm für Anwohner ist.

Sportplätze gibt es aber schon viel länger. Warum hat der Lärm früher offenbar weniger gestört?

Nolte Das hat mehrere Gründe. Der eine ist, dass sich in den 1970er Jahren ein neues Umweltbewusstsein ausgeprägt hat. Das war die Zeit, als zum Beispiel auch der Naturschutz wichtiger wurde und die Anti-Atombewegung begann. Damals wurde auch der Lärm als Umweltbelastung stärker wahrgenommen. Die Leute sind sensibler als früher, was Lärm angeht. Ein anderer Grund ist, dass die Belästigung durch Sportanlagen zugenommen hat, zum Beispiel durch dichtere Bebauungen.

Oft gibt es die Sportanlagen länger als die angrenzenden Wohnhäuser. Bringt das den Sportlern Vorteile?

Nolte Nein, einen Bestandsschutz für Sportanlagen gibt es nicht mit Blick auf die Lärmimmissionen. Wenn der Lärm die Grenzwerte der Sportanlagen-Lärmschutzverordnung übersteigt, ist ein Nachbar berechtigt, die Einwirkung des Lärms abzuwehren. Wenn es technisch machbar ist, muss dann auch eine bestehende Sportanlage ihren Lärmschutz nachbessern, zum Beispiel durch Schutzwände. Der eigentliche Grund für die zunehmenden Konflikte sind nicht selten Fehler im Rahmen kommunaler Bauleitplanung.

Was meinen Sie damit?

Nolte Der Fehler ist ja nicht der Sport. Das Problem ist häufig, dass die Städte gewachsen sind und die Wohnbebauung inzwischen zu nahe an die Sportanlagen gerückt ist. Das hätte die Gemeinde eigentlich durch eine gute Planung verhindern müssen. Auch die Sportvereine hätten in der Planungsphase widersprechen müssen. Wenn die Wohnhäuser erst einmal stehen, können die Eigentümer in der Regel auf ihr Recht auf Lärmschutz pochen.

Aber ist es wünschenswert, wenn Sportplätze nur noch außerhalb der Innenstädte entstehen?

Nolte Da gibt es sicher ein Spannungsverhältnis: Einerseits sollen die Anwohner vor Lärm geschützt werden, andererseits sollen Sportanlagen natürlich dort sein, wo die Menschen wohnen. Auch dies ist ein Planungsleitsatz des Baugesetzbuches.

Wird die Bedeutung des Sports denn vor Gericht berücksichtigt?

Nolte Es gibt eine Entwicklung in der Rechtsprechung, wonach die gesellschaftliche Bedeutung des Sports zu berücksichtigen ist, beispielsweise bei Bolzplätzen. Diese Entwicklung begrüße ich sehr.

ARNE LIEB FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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