Max-Stern-Sammlung Warum ein Händler ein Raubkunst-Gemälde zurückgibt

Ein Düsseldorfer Kunsthaus hat ein Werk aus der Max-Stern-Sammlung restituiert. Die Pressekonferenz geriet zum Schlagabtausch zur Raubkunst.

Das Gemälde „Seesturm“ (1841) des niederländischen Malers Johannes Hermanus Koekkoek wurde als Raubkunst an das Max-Stern-Projekt restituiert.

Das Gemälde „Seesturm“ (1841) des niederländischen Malers Johannes Hermanus Koekkoek wurde als Raubkunst an das Max-Stern-Projekt restituiert.

Foto: dpa/---

Der Kunsthändler Frank Hargesheimer hat ein Gemälde zurückgegeben, weil es in der NS-Zeit dem jüdischen Galeristen Max Stern entzogen worden ist. Es war ein Schritt mit symbolischer Bedeutung: Zur Pressekonferenz im Künstlerverein Malkasten schickte sogar die kanadische Botschaft eine Vertreterin, der Präsident des Jüdischen Weltkongresses lobte die Entscheidung. Das Gespräch zeigte, wie verfahren die Debatte zur Raubkunst in Düsseldorf ist. Die wichtigsten Antworten:

Worum ging es bei der Rückgabe des Gemäldes? Frank Hargesheimer betreibt eine Kunsthandlung an der Friedrich-Ebert-Straße mit rund 20 Mitarbeitern. Jüngst bot er das Gemälde „Seesturm“ (1841) des Malers Johannes Hermanus Koekkoek zum Verkauf an. Darauf wurde das Max Stern Art Restitution Project aufmerksam. Das kanadisch-israelische Forschungsprojekt, das von drei Universitäten getragen wird, sucht nach den Werken aus der Sammlung des Düsseldorfer Galeristen Max Stern (1901-1987) und fordert sie als Raubkunst zurück. Stern hatte wegen seiner jüdischen Herkunft 1935 seine Galerie auf der Königsallee schließen müssen, die Werke wurden zwangsversteigert. Später lebte er in Kanada. Hargesheimer entschloss sich, dem Sammler das Bild für 8000 Euro abzukaufen und dem Stern-Projekt zu übergeben. Der Händler sagt, dies sei für ihn mit Blick auf „Rassenwahn und Massenmord“ in der NS-Zeit selbstverständlich gewesen. Zudem habe er einen Akzent gegen zunehmenden Antisemitismus und Nationalismus setzen wollen.

Wie waren die Reaktionen? Einen Rechtsanspruch auf Rückgabe gibt es nicht, der Schritt ist in der Branche ungewöhnlich. Der kanadische Botschafter Stéphane Dion lobt ein „beispielhaftes Engagement“. Auch der Vorsitzende des Jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, schickte Glückwünsche: „Momente wie diese sind viel zu selten.“ Lauder verband sein Lob mit harscher Kritik am Kunstbetrieb – nicht zufällig wenige Tage, bevor das 20-jährige Bestehen der Washingtoner Erklärung gefeiert wird. „In Europa wird die gestohlene Kunst der Nazizeit weiterhin von Auktionshäusern, die genau wissen, was sie verkaufen, gewaschen“, sagte Lauder. Das Stern-Projekt kritisierte derweil erneut die Stadt Düsseldorf: Deren Verhalten stehe im Kontrast zu dem des Händlers, hieß es. Grund ist die Absage der Max-Stern-Ausstellung im Stadtmuseum. Die Stadt hatte das mit kanadischen Partnern vorbereitete Projekt vor rund einem Jahr gestoppt, offenbar mit Blick auf laufende Auseinandersetzungen zu möglichen Raubkunst-Werken und aus Sorge vor einer einseitigen Darstellung.

Kanadas Konsulin Marthe Lemay, Forscher Willi Korte (v.l.), Händler Frank Hargesheimer und Stephan Klingen (Zentralinstitut für Kunstgeschichte)

Kanadas Konsulin Marthe Lemay, Forscher Willi Korte (v.l.), Händler Frank Hargesheimer und Stephan Klingen (Zentralinstitut für Kunstgeschichte)

Foto: Arne Lieb

Wie ist die Stimmung zwischen dem Stern-Projekt und Düsseldorf? Nach wie vor miserabel. Die kanadischen Stern-Forscher sind persönlich verletzt, zudem hat das Stern-Projekt den Eindruck, dass Düsseldorf kein Interesse an einer Aufarbeitung hat. Aktuell fordert es zwei Werke aus der Sammlung Stern aus städtischem Besitz zurück. Die Gräben sind tief: Stephan Klingen, der am Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München ein Forschungsprojekt zu Max Stern leitet, sagte bei der Pressekonferenz, man könne sich eine Zusammenarbeit mit Düsseldorf derzeit nicht vorstellen – aus Sorge um das eigene Forschungsprojekt. „Sonst springen unsere kanadischen Partner ab.“ Aus den Zuschauerreihen meldete sich während der Pressekonferenz die städtische Raubkunstforscherin Jasmin Hartmann zu Wort. Sie betonte, eine Wiederaufnahme der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit den Kanadiern sei ein „Herzenswunsch“. Wie weit der Weg dahin wird, zeigte sich wenig später: Hartmann und der Forscher des Stern-Projekts, Willi Korte, lieferten sich vor Publikum einen Schlagabtausch über die Aussagekraft eines Aufklebers auf einer Gemälderückseite. Hartmann betonte in diesem Zusammenhang, vor der Entscheidung über eine Restitution bestehe eine „wissenschaftliche Sorgfaltspflicht“. Daraufhin schaltete sich Ran Ronen aus dem Vorstand der Düsseldorfer Jüdischen Gemeinde ein. Sein Eindruck: „Es wird gesucht nach wissenschaftlichen Ausreden, etwas nicht zu tun, was schon längst hätte erfolgen müssen.“

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