Düsseldorf Zwei Dichter lautmalen bei "Onomato"

Düsseldorf · Doppellesung im Künstlerverein: Oswald Egger und Ann Cotten waren mit Klangmalerei und Freestyle-Poesie zu Gast.

Etwas streng wirkte zunächst der Ablauf, den Frauke Tomczak vom Künstlerverein "Onomato" für ihre beiden Lyrik-Gäste vorgesehen hatte: jeweils zwei Texte, im Wechsel vorgetragen, dann Gespräch mit der Kuratorin des Abends. Indes zeigte sich bald, dass die Hör- und Sprechabfolge passte. Denn mit Oswald Egger und Ann Cotten trafen urbane Freestyle-Poesie und extrem erdverbundene Lautmalerei aufeinander. Beide Autoren veröffentlichen ihre Werke bei Suhrkamp, was ein literarischer Ritterschlag ist. Der Südtiroler Oswald Egger, der nach vielen Jahren in Wien inzwischen auf der Neusser Raketenstation lebt, ist vielleicht der bekanntere Poet. Als Beweis könnte die seitenlange Liste seiner Preise dienen. Aber auch die 20 Jahre jüngere, in den USA geborene und in Wien aufgewachsene Ann Cotten sammelt inzwischen renommierte Auszeichnungen.

Was in dem intimen Vortragsraum des Künstlervereins so gut passte, war der Kontrast von scheinbar erzählter Handlung und einem schier unglaublichen Textraunen über Natur und Landschaft. "Dicht'ickt. Es pitscheln Schloßen über den Teich, teilen die Eistropfen tümpeln wie Mollusken (ohne Schale und Valven), Lachen und verschwemmte Bassins." Derartige Lautfluten Oswald Eggers entlockten einem eigentlich begeisterten Rezensenten einmal den Ausruf: "Man liest und versteht doch nicht." Mag sein, aber den Autor selbst mit dieser Klangmalerei zu hören, ist ein Erlebnis.

Beinahe scheu und nicht als ideale Vorleserin präsentierte sich hingegen Ann Cotten. Inzwischen lebt die Schriftstellerin in Berlin, und das urbane Milieu dieser Stadt durchzieht ihre Verse. In bruchstückhaften Szenen ist etwa die Rede von "Wordclouds", also Ansammlungen von Begriffen, die man in der Öffentlichkeit findet, und die bei laut gesprochener Aneinanderreihung ihre Banalität preisgeben. "Sozial, Demokratie, Zukunft, Sicherheit, Miteinander", das hat Cotten "bei so einer Bude der Deutschen Regierung" gesehen. Angeekelt von dem Sprachmüll setzt sie sich dann zusammen mit einem anderen Flaneur "auf den Betonklotz einer temporären überirdischen Kanalisationsleitung", und beide ergänzen sich in ihrem Assoziationsreigen, ihrer Karussellfahrt von Ideen.

"Onomatopoesie" ist die sprachliche Nachbildung von außersprachlichen Schallereignissen. Die Begegnung von Ann Cotten und Oswald Egger huldigte also auch dem Namen des Künstlervereins.

(RP)
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