Düsseldorf Zero wird weiblicher

Düsseldorf · Nach der Trennung von Tijs Visser wird die Stiftung ab 2018 von Barbara Könches geleitet. Nächstes Jahr feiert man Zehnjähriges.

Kunst von Piene, Mack und Uecker war in New York, Berlin und Amsterdam zu sehen. So strahlte die Keimzelle von Zero im Rheinland prominent auf internationalen Bühnen. Eigentlich sah es sehr gut aus für die in Düsseldorf gegründete Zero-Stiftung, die das alles möglich gemacht hatte. Man feierte in den vergangenen Jahren Ausstellungserfolge in renommierten Museen vieler Länder, die den Künstlern vermehrte Anerkennung (und deutlich höhere Marktpreise) einbrachten. Zero wurde zur Marke der Avantgarde.

Auch ist die von der Stadt Düsseldorf, der Stiftung Museum Kunstpalast und den Künstlern getragene Stiftung dabei, ein neues Zuhause im alten Atelier der Zero-Künstler in der Hüttenstraße zu errichten, das authentischer nicht sein könnte. Bis zu seinem Tod im Juli 2014 hatte Otto Piene dort immer noch gearbeitet, früher waren neben anderen internationalen Größen Heinz Mack und Günther Uecker im selben Haus künstlerisch produktiv gewesen.

Intern rumorte es zuletzt immer stärker in der derzeit mit drei hauptamtlichen und zwei projektbeauftragten Mitarbeitern besetzten Stiftung. Als Folge manch unschöner Auseinandersetzung trennten sich im Mai der seit der Gründung aktive Geschäftsführer Tijs Visser und die Stiftung voneinander. Am Ende geschah dies im Einvernehmen und doch nicht ohne Proteste. Selbst innerhalb der Stiftung gab es Pro-Visser-Stimmen, die auf das große Verdienst von Öffentlichkeitsgewinnung und Anerkennung pochten, das sie auf Vissers Konto verbuchen wollten. Und es gab die Kontra-Visser-Stimmen, denen vor allem sein offenbar mitunter unsensibler Umgang mit anderen missfiel. Der Vorstand musste entscheiden. Und wollte alsbald an die dennoch überwiegend glückliche Visser-Ära nahtlos anschließen.

Zero-Kunst muss in die Zukunft geführt werden, die Erstellung eines Werkverzeichnisses und die Pflege des Archivs sind umfangreiche Aufgaben im Rahmen einer weiteren wissenschaftlichen Aufarbeitung. Die internationalen Verknüpfungen zwischen der in Düsseldorf gegründeten Künstlerbewegung und ihren Satelliten in Europa und Übersee gilt es zu beleuchten - da ist noch großes Potenzial. Zumal die Nach-Zero-Künstler sich vielfach auf die 1950er und 1960er beziehen.

Ein Auswahlverfahren unter der Leitung von Kulturmanager Oliver Scheytt wurde im Spätsommer angesetzt, Bewerber wurden eingeladen und befragt zu ihren Impulsen und möglichen Zukunftskonzepten. Die größte Überraschung ist: Zero wird weiblicher. Aus dem Bewerberfeld wurde einstimmig Barbara Könches berufen, eine Kunsthistorikerin, die in den vergangenen zehn Jahren in der Kunststiftung NRW den Fachbereich Visuelle Kunst vertrat. In dieser Zeit hat Könches dem Nam-June-Paik-Award zu beachtlichem Ansehen verholfen und die wirklich gelungene Aktion der NRW-Stiftung "25/25/25" initiiert. 25 Museen in Nordrhein-Westfalen erhielten dank dieser Initiative hohen Besuch eines Künstlers und ein Geschenk der Kunststiftung, die damit ihr 25-jähriges Bestehen feierte.

Durch die intensive Auseinandersetzung mit Gegenwartskunst, die sie stets auf ihre Bezuschussungseignung hin prüfen musste, dürfte Könches sich in der Kunstszene von NRW regional wie überregional besonders gut auskennen. Und auch von ihren früheren Stationen her - sie studierte Philosophie und Kunstgeschichte mit Schwerpunkt Technikgeschichte und machte ein Volontariat am ZKM Karlsruhe - ist ihre Aufgeschlossenheit gegenüber Zero gewiss. Schließlich waren die avantgardistischen Zero-Zauberer ja nicht nur Männer mit weltbewegenden Ideen, sondern auch die ersten Künstler, die sich über mediale Podien geäußert hatten.

Bekannt ist, dass Könches eine hohe Fähigkeit zur Kommunikation besitzt und dass sie ideenreich ihr Gärtchen in der Kunststiftung des Landes bestellt hat. Das erwartet auch die Zero-Stiftung von der 51-Jährigen, wenn sie Anfang 2018 ihr Amt antritt. Dass Könches Zero zukunftstauglich ausstattet, das Werk weiter zum Strahlen bringt. Im nächsten Jahr wird die Stiftung zehn, dafür kann sich die Neue an der Spitze schon etwas Feines überlegen. Alles, nur nicht akademisch, sei sie, sagen die, die sie kennen. Das klingt gut.

(RP)
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