Düsseldorfer Punkband Broilers "Wir sprechen nicht mit der Bravo"

Düsseldorf · Die letzte Platte hat fast Goldstatus, bei ihren Konzerten sind die Hallen voll – die Düsseldorfer Punkband Broilers ist so erfolgreich wie nie zuvor. Das neue Album "Noir" erscheint am 7. Februar, im Dezember feiert die Band 20-Jähriges.

 Andreas Brügge, Ines Maybaum, Sammy Amara, Christian Kubczak und Ron Hübner (v.l.n.r.) sind die Broilers.

Andreas Brügge, Ines Maybaum, Sammy Amara, Christian Kubczak und Ron Hübner (v.l.n.r.) sind die Broilers.

Foto: Agentur

Die letzte Platte hat fast Goldstatus, bei ihren Konzerten sind die Hallen voll — die Düsseldorfer Punkband Broilers ist so erfolgreich wie nie zuvor. Das neue Album "Noir" erscheint am 7. Februar, im Dezember feiert die Band 20-Jähriges.

Im Grunde funktioniere eine Band doch wie eine Kaffeemaschine, sagt Sammy Amara. "Wer zufrieden ist, trinkt. Und meldet sich nicht." Gerade noch standen sie zu zweit vor diesem Ding, Amara und Christian Kubczak, sie bekamen die neue Maschine nicht richtig in Gang. Plötzlich dann ergoss sich doch eine braune, dickflüssige Masse in die kleinen Tässchen. Der frisch gekochte Espresso ist viel zu stark. Man müsste sich nun eigentlich bei der Herstellerfirma beschweren.

Manchmal beschweren sich auch die Fans. Neulich haben die Broilers ein neues Video auf Facebook geteilt, einen Song vom neuen Album "Noir", Sammy Amara saß am Computer, natürlich war er stolz auf die neue Platte. Er las die Reaktionen der Fans, und, wie das nun einmal ist: Nicht alle meinten es gut.

Seit 20 Jahren gibt es seine Band. Als die Broilers noch im Keller der Eltern übten, war Sammy Amara ein Schuljunge und nicht vom Hals bis zu den Händen tätowiert. Nun sitzt er mit Keyboarder Christian Kubczak im Probenraum in Flingern, sie haben eine Sitzecke, eine neue Kaffeemaschine und 161 000 Fans bei Facebook. Für manche kam es überraschend, als die Broilers vor drei Jahren plötzlich auf Platz drei der deutschen Album-Charts einstiegen, man hatte diese Punkband schlichtweg nicht auf dem Zettel. Erst als sie an zwei aufeinanderfolgenden Tagen die Mitsubishi Electric Halle füllten, sahen auch die Letzten ein, dass das etwas Ernstes ist. "Von außen musste es so wirken, als käme das alles sehr plötzlich", sagt Christian Kubczak. Bandintern fühlte es sich an wie eine Entwicklung. Von kleinen Szene-Klitschen arbeiteten sich die Broilers durch das Vorabendprogramm der großen Festivals bis in die Mehrzweckhallen.

Als sich das Bandleben zusehends professionalisierte, habe man sich zusammengesetzt und "Don'ts" diskutiert, erzählt Kubczak. "Wir sprechen nicht mit der Bravo. Niemals", das war eines der Abkommen. Den Nörglern reicht das natürlich nicht. Nirgends im Pop kreisen die Sorgen so sehr um den eigenen Bestand wie im Genre der Broilers. "Ist das noch Punk?" — das ist die Gretchenfrage. Immer schwingt der Vorwurf mit, nun habe man sich endgültig dem Betrieb ausgeliefert.

Wenn am 7. Februar das neue Album erscheint, werden die Diskussionen wieder von vorne losgehen, sagt Sammy Amara. "Die Platte davor war immer die beste", hieße es dann. Das ist ein Reflex. Amara, ein Fan von Bruce Springsteen, falle gleichfalls darauf herein, stellt er fest. Im Internetforum der Band gehe es bereits hoch her, erzählt der 34-Jährige. Der Sänger hat mitgelesen. "Noir" ist das sechste Studioalbum der Broilers, es geht um Freundschaft, Liebe, um die Stadt als Rückzugsraum. "Ich will Neonlicht, ich scheiße auf die gottverdammten Sterne", singt Sammy Amara. Man muss sich nichts vormachen: Die Broilers schreiben keine Lieder, die einmal gesammelt im Taschenbuchformat erscheinen werden. Amara ist nicht Peter Hein. Die Songs müssen laut aufgedreht laufen, beim Livekonzert zünden.

Produziert wurden die 16 neuen Stücke von Vincent Sorg, der sich zuletzt auch für den hymnischen Sound der Toten Hosen verantwortlich zeigte. Die Broilers werden vom Label der Toten Hosen betreut, gerade hat der Manager die ersten Pressungen des Albums vorbeigebracht und die Rechnung für die Kaffeemaschine mitgenommen. Die Drucke sind ihm zu dunkel, sagt Amara, der das Cover gestaltet hat. Noir eben — denkt, wer nicht weiß, wie es aussehen sollte. Immer schon hat sich der Sänger, ein gelernter Grafikdesigner, um die Außenwirkung seiner Band bemüht. Vielleicht aber gebe er den Job nun ab, sagt er, im Moment würde alles zu viel.

Früher gestaltete er auch T-Shirts für die Toten Hosen. Macht er längst nicht mehr. Heute treffe man sich ab und an zum gemeinsamen Bier. Den Hosen habe man viel zu verdanken, sagt Amara. Vor 20 Jahren waren sie Vorbilder, später gaben sie den Broilers als Vorgruppe eine Chance. Heute helfen sie mit guten Ratschlägen. Gib nichts auf Internet-Kommentare, das sei so ein Rat, sagt Sammy Amara. Christian Kubczak stichelt, dafür seien die Toten Hosen zu alt: "Die wissen doch gar nicht mehr, was Facebook ist."

(met)
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