Düsseldorf Welch sinnliches Vergnügen!

Düsseldorf · Andrey Boreyko und das Belgische Nationalorchester zu Gast in der Tonhalle.

Als geradezu gesamteuropäisches Ereignis erwies sich das Tonhallen-Konzert des Orchestre National de Belgique mit Musik und weiteren Musikern aus Russland, Frankreich und der Türkei. Düsseldorf war Austragungsort dieser internationalen Spiele und zugleich so etwas wie der musikalisch-geografische Mittelpunkt. Der russische Dirigent Andrey Boreyko war hier bis zum vorigen Jahr Generalmusikdirektor, der türkische Pianist Fazil Say studierte einige Zeit an der hiesigen Musikhochschule. Mit rauschendem Beifall wurden beide empfangen.

Boreyko widmete spontan das Konzert im Namen aller Musiker den Opfern der Pariser Anschläge sowie dem ganzen französischen Volk. Solidarität tut not.

Dann kam die Musik zu Wort - und das mit Macht. Fazil Say war zunächst der Solist seines eigenen 3. Klavierkonzertes namens "Silence of Anatolia" (Die Ruhe Anatoliens). Einige Sätze drängten aber auch mit Kraft und Motorik voran. Der komponierende Pianist wusste sein wirkungsvolles Werk ins rechte Licht zu rücken, das eine heute gültige Lösung für die romantische Gattung des Virtuosenkonzerts darstellt.

Das Doppelpack mit Ravels G-Dur-Klavierkonzert funktionierte bestens. Das Orchester trug in beiden Werken raffinierte Rhythmen und Farben bei. Vorzügliche Bläsersolisten rundeten den Eindruck ab. Aus den Fingern des Pianisten schien die Musik geradezu wie bei Improvisationen herauszudrängen. Boreyko formte die zarten Linien im langsamen Satz Ravels mit bloßen Händen. Im gestreckten Galopp eilte der Schlusssatz durch den Saal.

Der Dirigent, selbst St. Petersburger wie der Komponist Nikolai Rimsky-Korsakow, hatte für dessen "Scheherazade" ein besonders gutes Händchen. Er ließ die üppige, hochdifferenzierte Partitur blühen und funkeln, wogen und lodern. Welch ein sinnliches Vergnügen!

(RP)
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