Düsseldorf Umfrage: Bei Titel-Verlust soll Schavan gehen

Düsseldorf · Fast zwei Drittel der Befragten sprachen sich für Strenge aus. Am Dienstag wird der maßgebliche Fakultätsrat erneut zusammentreten.

 Annette Schavans Dissertation stößt jenseits des Plagiats-Vorwurfs kaum auf Interesse.

Annette Schavans Dissertation stößt jenseits des Plagiats-Vorwurfs kaum auf Interesse.

Foto: picture alliance / dpa

Das Plagiatsverfahren der Universität Düsseldorf gegen Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) geht in eine entscheidende Phase. Der Rat der Philosophischen Fakultät berät morgen Nachmittag über die Fortsetzung des Verfahrens. Die Sitzung der insgesamt 19 Mitglieder dürfte nach Angaben eines Universitätssprechers mehrere Stunden dauern.

Der Ausgang ist offen: Das Gremium könnte Schavan den 1980 erworbenen Doktortitel entziehen, oder sich gegen die Aberkennung aussprechen. Möglich ist auch, dass der Rat die Prüfung der umstrittenen Doktorarbeit "Person und Gewissen" fortsetzt und eine weitere Sitzung anberaumt.

Verliert Schavan ihren Doktortitel, sollte sie nach Auffassung von fast zwei Dritteln der Bürger als Ministerin zurücktreten. Das hatte eine Emnid-Umfrage für das Magazin "Focus" ergeben. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov sprachen sich elf Prozent dafür aus, die Arbeit der Ministerin strenger als sonst üblich zu prüfen. 80 Prozent der Befragten forderten dagegen gleiches Recht für alle.

Schavan hatte angekündigt, um ihren Titel zu kämpfen. Sie räumte zwar Flüchtigkeitsfehler in ihrer Dissertation ein, wies den Vorwurf des Plagiats oder der Täuschung aber entschieden zurück. "Ich habe nicht abgeschrieben und schon gar nicht getäuscht", sagte sie.

Der Düsseldorfer Fakultätsrat hatte am 22. Januar das sogenannte Hauptverfahren zur Aberkennung des Doktortitels eingeleitet und war damit der Empfehlung des Promotionsausschusses gefolgt. Eine Frist gibt es nicht. Sollte der Rat Schavan aber den Doktorgrad entziehen, kann sie innerhalb eines Monats vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf klagen.

Während ein Gremium aus Professoren, Mitarbeitern und Studenten die Doktorarbeit von Schavan akribisch prüft, ist außerhalb dieses Kreises das Interesse an der Lektüre der umstrittenen Schrift offensichtlich gering. "Ich bin noch nie danach gefragt worden", sagt Werner Lonsky, Bibliothekar der Verbundbibliothek Geisteswissenschaften, über das Buch "Person und Gewissen" aus dem Jahr 1980.

Das Buch mit grün-weißem, etwas scheckigem Einband kann jeder in der Präsenzbibliothek ausleihen. Ein weiteres Exemplar der 335 Seiten langen Dissertation lagert normalerweise in der Zentralbibliothek, befindet sich aber gerade beim Buchbinder. Ein drittes Exemplar des 33 Jahre alten Werks sei "storniert" worden, sagt Lonsky. Das bedeutet: Altpapier, eingestampft.

Auch an anderen Universitäten kann man noch Ausgaben der Doktorarbeit finden, die Schavan einst in wohl mindestens hundertfacher Auflage drucken ließ, wie es bei Dissertationen die Regel ist. Schavan tippte ihre Dissertation einst mit der Schreibmaschine, für jede Fußnote musste sie die Papierwalze drehen. Der Text ist nicht elegant bündig, sondern im sogenannten Flattersatz gedruckt — die Zeilen laufen ungleichmäßig aus.

Kleine Fehler korrigierte die Doktorandin, die ihre Promotion 1980 noch im Direktstudium erlangte, handschriftlich. Mal ist es eine fehlende Seitenzahl, mal ein fehlendes "s" im Wort "konsensfähig". "Ich habe Flüchtigkeitsfehler gemacht, aber ich habe nicht plagiiert", betonte Schavan im "Zeitmagazin". Ihre Dissertation teilte sie in Kapitel wie "Verstehenshorizont" sowie Theorien über das Gewissen von Luhmann über Freud bis Piaget und Kant ein.

Plagiatsjäger werfen ihr auf der Seite "Schavanplag" unter anderem vor, sie verwende Inhalte aus Arbeiten, die sie an keiner Stelle erwähnt. Sie habe sogar Primärquellen aus der Sekundärliteratur zitiert — und die Fehler gleich mit übernommen.

(LNW)
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