Aufführung im FFT Die Wiederbelebung des Arbeitertheaters
Die Frankfurter Theatergruppe Andcompany&Co zeigt im FFT das Stück „Neue Horizonte“ und widmet sich den Vorläufern der digitalen Revolution.
Ein halbes Jahrhundert nach der Uraufführung von „Horizonte“ in der DDR lotet das Frankfurter Künstlerkollektiv Andcompany&Co gemeinsam mit dem Arbeiter*innentheater am 11. und 12 März im FFT „Neue Horizonte“ aus und fordert mit seiner Performance: „Eternity für alle!“
Von den 1960ern bis in die 1980er war das Örtchen Schwedt so etwas wie das Silicon Valley der DDR. Von dort aus versorgte ein petrolchemisches Werk das ganze Land mit Rohstoffen für die Landwirtschaft, die Textil- und Chemieindustrie. Selbst Westberlin wurde mit Kraftstoff aus Schwedt beliefert. Das Petrolchemische Kombinat (PCK) konnte in den 80ern durchaus mit dem beneideten Westen mithalten.
Das Werk leistete sich auch eine Theatergruppe, die sich aus den Arbeitern rekrutierte. Schon Mitte der 60er inszenierte Gerhard Winterlich das preisgekrönte Stück „Horizonte“. Elemente daraus übernahm Heiner Müller und ließ sie in seine Version des „Sommernachtstraum“ einfließen, die 1969 an der Berliner Volksbühne uraufgeführt wurde.
Rund 50 Jahre später greift das Künstlerkollektiv Andcompony&Co Elemente aus „Horizonte“ auf und verarbeitet sie zu einer neuen Performance, die Ideen von damals weiterspinnt. War vor einem halben Jahrhundert die Kybernetik – ein sich selbst regulierendes System – noch eine Horrorvision für das Arbeitertheater, spielen Andcompany&Co in ihrem aktuellen Stück „Neue Horizonte – Eternity für alle“ mit ehemaligen Mitgliedern des Arbeitertheaters mit der Vorstellung, dass die Kybernetik längst erschreckende Realität geworden ist. Die Arbeitswelt hat sich verändert. Es geht nicht mehr um den Leitspruch des PCK: „Wie wir heute lernen, werden wir morgen arbeiten“. Die Digitalisierung hat längst eine marktbeherrschende Stellung im Berufsleben. Wo sie übernimmt, gehen Jobs verloren.
Die Theatergruppe aus Frankfurt inszeniert ihre Performance vor futuristisch anmutender Kulisse, die mit ihrer Science-Fiction-Ästhetik wie ein Rücksturz in die 1960er daherkommt mit Marsmenschen, Raumkapseln und einiges an Elektronik auf der Bühne. Für den „Industrial Sound“ sorgt ein Schlagzeug. Vor dieser Kulisse erinnern sich die ehemaligen Arbeiter des PCK an die Hochzeit der DDR-Industrie. Ihr Albtraum einer sich selbst regulierenden Produktion ist längst wahr geworden. In Schwedt steht heute eine Fabrik, die einem internationalen Konsortium gehört und an der unter anderem die Shell AG beteiligt ist. Aber das ist eine andere Geschichte, die in „Neue Horizonte – Eternity für alle“ nicht erzählt wird.
Info Zu sehen ist das Stück am 11. und 12. März im FFT; Beginn: 20 Uhr; www.fft-duesseldorf.de