Schauspiel Hauptrolle für eine Niere

Düsseldorf · Im Theater an der Kö bringt Ute Willing das Thema Organspende auf die Bühne.

  Schauspielerin und Regisseurin Ute Willing inszeniert im Theater an der Kö.  Foto: dpa

Schauspielerin und Regisseurin Ute Willing inszeniert im Theater an der Kö. Foto: dpa

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Seit der Berliner Uraufführung im Januar 2018 wurde „Die Niere“ von Stefan Vögel schon in etlichen deutschen Theatern gespielt. Mit erfreulich guter Resonanz, aber nicht ohne kontroverse Diskussionen. „Natürlich kommt dabei immer die Frage auf, ob man zum Thema Organspende eine Komödie machen darf“, berichtet Ute Willing. Sie hat das Stück Anfang des Jahres fürs „Theater im Rathaus“ in Essen inszeniert und bringt es nun mit gleicher Besetzung im Theater an der Kö auf die Bühne. „Trotzdem wird es bei der Premiere für alle wieder wie neu sein. Da entwickelt sich ja etwas, während man spielt, das weiß ich aus eigener Erfahrung“, sagt sie. „Meist steckt irgendwo noch etwas bisher kaum Wahrgenommenes drin. Plötzlich kommt dann der Moment, in dem man es aufdröseln kann.“ So werde es in veränderter Umgebung und mit anderem Publikum bestimmt auch dem Ensemble der „Niere“ ergehen, glaubt die Regisseurin.

Es ist ein Stück mit Sprengkraft um zwei befreundete Paare. Bei einem gemeinsamen Abend wird Arnold (Hardy Krüger jr.) von seiner Frau Kathrin (Lara-Joy Körner) völlig überraschend mit einer unheilvollen Nachricht konfrontiert: Sie brauche eine neue Niere und erwarte seine Spende. Weil er zögert, springt Freund Götz (Urs Schleiff) in die Bresche – er sei jederzeit dazu bereit. Was dessen Frau Diana (Katharina Paul) wiederum gar nicht behagt. Es bauscht sich eine Art Hahnenkampf zwischen den Herren auf, der ein kräftiges Federlassen nach sich zieht.

„Die Geschichte, die da erzählt wird, gibt die Fantasie einer Ehefrau wieder“, fasst Ute Willing zusammen. „Sie will herausfinden, ob Arnold sie wirklich und wahrhaftig liebt. Dieses Opfer wäre der Beweis.“ Für die zurückhaltende Reaktion des Mannes zeigt sie Verständnis. „Er lehnt die Spende ja nicht rundheraus ab, er zieht nur deren Folgen in Betracht und will darüber nachdenken. Oder vielleicht auch nach anderen Lösungen suchen“, erklärt sie. „Das sollte man jedem Menschen in einer solchen Lage zugestehen. Doch hier wird der Ehemann sofort in die Rolle des bösen Buben gedrängt.“

Wie brisant das Thema ist, zeigt die gerade aktuelle Auseinandersetzung zur Neuregelung von Organspenden. Aber gehört das Thema auch auf die Bühne? Die Regisseurin hat eine klare Meinung. „Warum denn nicht?“ fragt sie zurück. „Wir leben doch in einer Zeit, in der es kaum noch Tabus gibt, vor allem nicht im Fernsehen. Nur bei Organspenden wird es heikel“, sagt Ute Willing. „Natürlich gibt es hier Grauzonen, mit denen muss man sich ernsthaft auseinandersetzen und auch unterschiedliche Meinungen respektieren. Aber sogar hier kann ein Lachen eine befreiende Wirkung haben.“

Die Schauspielerin, die selber schon oft im Theater an der Kö auftrat, hat den Seitenwechsel zur Regie mit großer Lust bewältigt. „Ich wollte das schon viel früher machen, bekam aber nie eine Chance.“ Bis René Heinerdorff sie 2016 an sein Haus holte und ihr die Inszenierung von „Unsere Frauen“ anvertraute. Die beiden sind eng befreundet, „doch selbst ihn musste ich damals ein wenig erpressen“, sagt sie und lacht.

Wie nähert sie sich ihren Stoffen? „Beim Lesen eines Stücks erfasse ich recht schnell seine Struktur und weiß genau, wohin ich will. Meinen Schauspielern lasse ich viele Freiheiten, sie dürfen alles ausprobieren. Umgekehrt erwarte ich aber, dass sie mir glauben, wenn ich von etwas abrate oder ihnen empfehle, eine Szene noch intensiver zu bestäuben.“ Sie sei mit dem Ensemble auf Augenhöhe und gestehe eigene Fehler freimütig ein. „Die anderen merken doch auch, wenn man patzt“, kommentiert sie. Regisseurin zu sein und ihr Wissen auf diese Weise weiterzugeben, sei eine beglückende Erfahrung. Doppelt schön, wenn es sie dabei nach Düsseldorf führt. Ute Willing wohnt seit langem in Berlin, kehrt jedoch jedes Mal mit großem Vergnügen in ihre Lieblingsstadt am Rhein zurück. „Zuletzt war ich öfter in Köln“, erzählt sie. „So oft es ging, flitzte ich schnell nach Düsseldorf. Manchmal nur für einen Spaziergang am Rhein.“

Info „Die Niere“ hat am 24. Mai im Theater an der Kö Premiere und wird bis 7. Juli gezeigt, danach ist Sommerpause im Theater. Karten unter 0211 274000 und www.westticket.de

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