Internationale Tanzmesse Auch ein Spiel mit Plastikgabeln ist Tanz

Düsseldorf · Bei der Internationalen Tanzmesse sind viele Ausdrucksformen des aktuellen Tanzes zu erleben. 1600 Fachbesucher werden erwartet.

 Momentaufnahme aus der 24-Stunden-Performance „Forks in the City“ von Angie Hiesl und Roland Kaiser

Momentaufnahme aus der 24-Stunden-Performance „Forks in the City“ von Angie Hiesl und Roland Kaiser

Foto: Roland Kaiser, Köln 2018

Ein Mensch bewegt sich wankend über einen Fahrradweg und balanciert dabei einen Haufen weißer Plastikgabeln vor seiner Brust. Er trägt die Gabeln wie einen wohlgehüteten Schatz. Ist er verwirrt, betrunken, ein Obdachloser? Ab und zu fällt eine Gabel herunter und der konzentrierte, verlangsamte Akt des Aufhebens bricht das Bild. Hier ist ein Performer am Werk, der mit fünf Kolleginnen und Kollegen eine Irritation im Alltag schafft. Die 24-stündige Choreographie im Kölner Stadtraum „Forks in the City“ geht an Grenzen – körperliche und auch an die zwischen Tanz, Performance und Skulptur. Im Programm der Internationalen Tanzmesse ist die Arbeit am 30. August, ab 14 Uhr, auch in Düsseldorf zu erleben. Start ist die Kreuzung Nord­straße/ Fischerstraße.

Im weiten Spektrum der Performance-Kunst kann man die Choreographie von Angie Hiesl und Roland Kaiser mehr auf der Seite der Bildenden Kunst als des Tanzes ansiedeln. In Köln bauen die Performer kleine Skulpturen mit den Plastikgabeln. Sie hinterlassen Spuren auf dem Pflaster, lenken die Blicke auf Merkwürdigkeiten wie eine handgeschriebene Anzeige „Dobermann abzugeben“. Sie machen Unauffälliges, Verborgenes sichtbar wie scheinbar nutzlose Stelen vor Straßenlaternen, verhaken ihre Objekte in Ritzen und Zwischenräumen.

Es ist sehr spannend, zu beobachten, wie Passanten mit der Irritation umgehen. Manche stoßen sich an den profanen Objekten, die sie sonst als Abfall wahrnehmen, als potenzielle Umweltverschmutzung. Ein Mann ruft einer Performerin im Vorbeigehen zu: „Müll hat mich noch nie inspiriert!“ Manchmal rufen besorgte Bürger auch die Polizei. Eine Mutter macht hingegen mit ihren Kindern halt und baut selbst eine Miniatur-Skulptur auf eine niedrige Begrenzungsmauer am Rande eines Parks.

„Tanz ist ja viel mehr als die rhythmische Umsetzung von Musik“, sagt Angie Hiesl, „es ist eine Auseinandersetzung mit Bewegung, mit Körpern im Raum. Unsere Performer suchen die Verbindung zwischen der urbanen Haut, ihren Körpern und hunderten von Plastikgabeln.“ Besonders spannend findet sie die Nachtstunden, wenn es kaum noch Publikum gibt: „Dann kommt die Performance zu uns zurück.“

Allein wegen der zeitlichen Ausdehnung bildet „Forks in the City“ eine Besonderheit im öffentlichen Programm der Tanzmesse, die vom 29. August bis 1. September stattfindet. Im NRW-Forum werden wieder rund 1900 Fachbesucher erwartet.

In öffentlichen Spielstätten wie dem Tanzhaus NRW führen an allen Messetagen teilweise selten zu erlebende, internationale Künstler Performances auf: Am 30. August, 16 Uhr, zeigt die Korea National Contemporary Dance Company in der Fabrik Heeder unter dem Titel „Immixture“ die Verschmelzung dreier Stücke. Das Navdhara India Dance Theatre spielt am selben Tag um 19 Uhr im Capitol Theater „Amaara – A Journey of Love“. Und im Weltkunstzimmer gibt es am 1. September einen Urban Dance Art Day, kuratiert von Takao Baba, einem der führenden HipHop-Choreografen Deutschlands.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort