Tanzhaus NRW HipHop ohne zu hören

Dodzi Dougban ist seit seiner Kindheit gehörlos und trotzdem HipHop-Tänzer. Im Tanzhaus gab er nun einen Workshop.

 HipHop-Tänzer Dodzi Dougban im Tanzhaus NRW.

HipHop-Tänzer Dodzi Dougban im Tanzhaus NRW.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Gebannt schauen rund 20 Kinder und Jugendliche auf den Tanzlehrer Dodzi Dougban. Er gibt Anweisungen für die nächste Tanzchoreografie. Mit den Händen dirigiert er die Gruppe, sein Mund formt dabei die Wörter nach, und sein Körper führt vor, wie er sich die Tanzbewegungen vorstellt. Aus dem Hintergrund übersetzt der Gebärdendolmetscher Marco Gonzalez die Instruktionen. Denn Dougban ist seit einer Ohrenentzündung in frühester Kindheit ohne Gehör. Nur mit Hilfe der Gebärdensprache kann er kommunizieren. Das hielt den 38-Jährigen nicht davon ab, professioneller HipHop-Tänzer und sogar Europameister in dieser Disziplin zu werden. Dazu gibt er im Tanzhaus NRW auch Unterricht. Das besondere an seinem Tanzcamp in den Ferien ist, dass Kinder mit und ohne Behinderung teilnehmen.

„Tanzen macht mir großen Spaß, das ist meine Art, mich auszudrücken. Ich bin sehr gerne im Tanzcamp“, sagt Lara Mettendorf. Während die anderen Kinder zu HipHop-Beats einen kräftigen Schritt vor und zurück machen, rollt Lara mit derselben Intensität mit ihrem Rollstuhl hin und her und bewegt dazu die Arme. Mit viel Einsatz und Freude ist Mettendorf bei der Sache, vor zehn Jahren kam sie über ein Projekt in ihrer Grundschule zum Tanz. Ins Tanzcamp geht sie bereits zum vierten Mal, weil es sonst in der Umgebung fast keine Angebote für sogenannte Mixed-Abled-Gruppen gibt. In diesem Jahr ist Lara auch Teil des Organisationsteams. Dafür wird sie täglich mit einem Fahrer aus Pulheim abgeholt. „Mit dem Zug ist das für mich einfach zu anstrengend, denn die Aufzüge zu den Gleisen funktionieren oft nicht“, bemängelt die Abiturientin. „Dann bin ich immer auf die Hilfe von Fremden angewiesen.“

Hilfe bei der Kommunikation braucht auch Dougban immer wieder. Obwohl die Kinder oft verstehen, was er mit den Gebärden und vor allem auch seiner Mimik ausdrückt, übersetzt Marco Gonzalez seine Anweisungen. Dabei hält sich der Dolmetscher immer im Hintergrund. Bei Rückfragen bewegt er schnell und gezielt seine Arme, Dougban antwortet ebenso schnell und lautlos. „Gebärdensprache benutzt Mimik, Gestik und einzelne Gebärden für die Kommunikation, so kann man sich so genau ausdrücken, wie in der oralen Sprache“, erklärt Gonzalez. Für ihn ist das Tanzcamp dabei auch eine besondere Aufgabe und eine spannende Abwechslung, denn sonst gehe er vor allem zu Behörden- oder Arztterminen oder Vorstellungsgesprächen zum Übersetzen, erzählt er.

Als die Musik dann wieder losgeht, tanzt Dougban perfekt im Rhythmus, während die Kinder ihn und seine Bewegungen gebannt fixieren. Denn obwohl er die Musik nicht hört, fühlt er den Bass und den Rhythmus der Musik. Angefangen mit dem Tanzen hat der Recklinghauser schon als kleines Kind. „Ich habe als sechsjähriges Kind in der afrikanischen Folkloretruppe meiner Eltern getanzt und dort sehr viel gelernt“, sagt Dougban, dessen Eltern aus Togo stammen. Tänzerisch ist sein größtes Vorbild allerdings Michael Jackson, von dem sich Dougban viele Bewegungen abschaute. Seine Behinderung stellt der 38-Jährige nicht in den Vordergrund, denn er wolle als so normal wie alle anderen wahrgenommen werden. Bei den HipHop-Europameisterschaften hat er durch seinen Ausdruck, seine Dynamik und auch durch sein Selbstbewusstsein gepunktet. Neben seinen Auftritten als HipHop-Tänzer setzt sich Dougban aber auch für die Belange von Behinderten ein und ist als Tänzer in dem Kölner Projekt Un-Label tätig. Dort erarbeiten Künstler mit und ohne Behinderung zusammen Tanzstücke und führen Workshops durch.

Am Ende des Tanzcamps wird an diesem Freitag wie jedes Jahr eine Aufführung der vier verschiedenen Gruppen stehen. Die HipHop-Gruppe von Dougban probt dafür schon fleißig, dabei sollen die Kinder auch lernen, wie sie ihre Gefühle durch Tanz ausdrücken können. Dabei ist Dougban wichtig, dass es viel weniger auf das tänzerische Können ankomme als auf Spaß am Tanzen, Energie und das Selbstbewusstsein der Kinder. Auf der großen Bühne des Tanzhauses werden dann rund 80 Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam eine Tanzvorstellung geben, die von HipHop bis zu zeitgenössischem Tanz reicht.

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