Bildende Kunst Luxus und das gelbe Ampellicht

Beim Sommerrundgang der Kunstakademie zeigt der studierende Nachwuchs noch bis Sonntag wieder bemerkenswerte Vielfalt.

 Die Kunst von Dora Celentano spielt mit Alltagsgegenständen und Luxusartikeln.

Die Kunst von Dora Celentano spielt mit Alltagsgegenständen und Luxusartikeln.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Der Sommerrundgang der Kunstakademie ist im Vergleich zu seinem großen Bruder im Februar immer etwas unaufgeregter. Es herrscht weniger Hektik, die Parties sind etwas leiser, und richtigen Stress haben auch nur wenige Studenten. Denn ab heute zeigen ausschließlich die 38 Absolventen ihre Abschlusspräsentationen. Dafür steht ihnen jeweils ein ganzer Raum zur Verfügung, was für den Besucher ein viel konzentrierteres Kunsterlebnis bedeutet als im zuweilen eklektischen und schwammigen Winterrundgang, wo der Wettstreit der Studenten untereinander um die besten und sichtbarsten Plätze in den kleinen Klassenräumen zu einem gewissen künstlerischen Chaos führt.

Von ihren Kommilitonen werden die Absolventen nach den bestandenen Präsentationen mit viel Wehmut, Sekt, Bier und schönen Blumen verabschiedet. So wie Dora Celentano, die ihre Abschlusspräsentation im zweiten Stock in den Räumen der Klasse Kürten zeigt. Die vier Meter hohen Wände sind über und über mit einem an Tapeten erinnernden Muster aus Alltagsgegenständen überzogen, an den Wänden hängen Bilder, die modischen Seidentüchern ähneln, umrahmt von den Hermes-typischen Gürtelmustern. Fast wie Icons auf einem Computerbildschirm sind die Bilder in verschiedensten Formaten auf den Wänden verteilt. „Ich will die Malerei erweitern und arbeite viel mit digitalen Mustern“, sagt Celentano. Dafür benützt sie Bilder von Plattformen wie Pinterest, die durch Reposts immer wieder eine neue Bedeutung bekommen. An einem Garderobenständer in der Mitte des Raumes hängen von Celentano gestaltete Seidentücher. „Ich beschäftige mich sehr mit Objekten, die den Reiz von Luxusmode verströmen“, sagt die Absolventin des scheidenden Professors Stefan Kürten. Diesen Umstand bemängelt die Absolventin, die auch zugleich Tutorin der Klasse war, sehr: „Es ist sehr schade, dass Kürtens Vertretungsprofessur nicht verlängert wurde.“ Nun wolle die Klasse erstmal ohne Professor weitermachen in der Hoffnung, dass Kürten als ordentlicher Professor berufen werde.

Eine andere Herangehensweise an die Malerei zeigt Laura Sachs in ihrer Abschlusspräsentation mit dem Titel „pressurised“, die in Raum 012 im Erdgeschoss in den Räumen des Rheydter Professors Gregor Schneider zu sehen ist. Was auf den ersten Blick wie flächige, monochrome Malerei in Schwarz und Weiß aussieht, stellt sich dann als fast bildhauerische Arbeit heraus. „Die Leinwand ist in diesen Arbeiten das Transfer-Material, denn die Farbe wird von hinten durch die Leinwand gedrückt“, erklärt Sachs. Durch diese Technik entstehen Bilder, auf die sie als Künstlerin nur wenig Kontrolle ausüben kann. „Durch ein Wechselspiel aus Loslassen und gezieltem Kontrollieren der Prozesse sowie einem bewusstem Provozieren innerhalb einiger Arbeitsschritte lässt sich dieser Einfluss aber steuern“, erklärt Sachs. Auch der prägende, schwarze Streifen, der zwei weiß getünchte Leinwände durchschneidet, ist von hinten quasi bildhauerisch durch die Leinwand gedrückt. Wie auch in den anderen Räumen besticht Sachs Präsentation durch den aufgeräumten Eindruck und das stimmige Gesamtbild ihrer Arbeiten.

Wieder ein Stockwerk höher zeigt die Koreanerin Ji Eun Lim ihre Abschlussarbeit. Durch die abgeklebten raumhohen Fenster dringt gelbes Licht in den großen Raum, in dem vier Boxen verteilt stehen. Dabei bewirkt der gelblich geflutete Raum sofort ein anderes Raumgefühl beim Betrachter. „Meine Arbeit spielt auf das gelbe Ampellicht an“, erklärt Lim. „Das gelbe Licht bedeutet ein Dilemma, denn man muss entscheiden, ob man stehen bleibt oder weiterfährt.“ Dabei bespielt Lim die einzelnen Boxen nicht alleine, sondern hat sie in einem kollaborativen Prozess mit anderen Künstlern gestaltet. So kann man durch ein Notizbuch blättern, das sie mit einer befreundeten Künstlerin gestaltet hat, oder einen Film über das Leben in einem russischen Dorf sehen, immer mit der Frage im Hinterkopf: gehen oder stehen? Wer viel Zeit mitbringt, kann die Novelle des Künstlers Sangchul Lee lesen, der selbst seinen Abschluss etwas weiter den Gang hinunter zeigt.

Der Koreaner stellt seine Arbeiten in den Räumen der Klasse Hörnschemeyer aus. Neben einem minimalistischen Spiel von an Bushaltestellen gefundenen Objekten (wie Haargummis) sticht vor allem der humorvolle Umgang mit Alltagsgegenständen hervor. So hat er zwei Pissoir-Trennwände schief an die Wand geschraubt. „Die Firma, die diese Keramikwände herstellt, heißt Creavit, was mich sehr an das Wort ,kreativ’ erinnert,“ sagt Lee. Blickfang seiner Arbeit ist allerdings eine Installation aus Bauzäunen, die dem Raum eine neue Dimension geben und Lees Idee von Minimalismus entsprechen.

So zeigt sich beim Sommerrundgang mal wieder die enorme Bandbreite an künstlerischen Positionen und Techniken. Und entspannter als beim überlaufenen Winterrundgang ist es sowieso.

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