Düsseldorf Showtime im Theater

Düsseldorf · Die zweite Premiere der neuen Düsseldorfer Spielzeit kam gut an. Die "Sisters of Swing" verwandelten die Bühne des Kleinen Hauses in einen amerikanischen Showroom aus den 1920er Jahren. Die Musiker waren ausnahmslos glänzend.

 Die Andrews Sisters (v.l. Katrin Hauptmann, Anna Kubin, Klara Deutschmann) verzaubern den Raum gemeinsam mit den Musikern Lars Duppler, Nico Brandenburg und Peter Weiss. Dazwischen bewegt sich Lou (Thieme Schwarz), Manager und Conferencier. Und jeder denkt: Könnte man nur so tanzen wie er.

Die Andrews Sisters (v.l. Katrin Hauptmann, Anna Kubin, Klara Deutschmann) verzaubern den Raum gemeinsam mit den Musikern Lars Duppler, Nico Brandenburg und Peter Weiss. Dazwischen bewegt sich Lou (Thieme Schwarz), Manager und Conferencier. Und jeder denkt: Könnte man nur so tanzen wie er.

Foto: Sebastian Hoppe

Wenig Schauspiel, viel Gesang, kaum Dramatik, dafür der Klang einer ganzen Epoche wundervoller Musik. Auf diesen Nenner lässt sich der überwiegend kurzweilige Theaterabend mit den "Sisters of Swing" bringen, der im Kleinen Haus Premiere feierte. Schon vor den Andrews Sisters, die die berühmteste Girlgroup der Welt bildeten und um die es in Düsseldorf geht, gab es die Boswell Sisters aus New Orleans, die von 1925 bis 1935 populär waren. Ab 1932 lösten die Andrews sie ab - bis 1966 hielten sich LaVerne, Maxene und Patricia in den Charts. Heute noch unvergesslich, zumindest bei der älteren Generation, sind sie mit ihrem anrührenden Liebeslied "Bei mir bist du schön" oder mit Gassenhauern wie "Rum and Coca-Cola" und "Boogie Woogie Bugle-Boy".

Die Bühne wird für diese Revue in ein Varieté verwandelt, eine Art Guckkasten, den gerüschte rotrosa Vorhänge einrahmen. Im Vordergrund stehen die Mikrofone, in die hineingesungen und alles hineingesagt wird. Ein Aufsprechstück ist die von Dirk Diekman einfühlsam arrangierte Show indes nur manchmal, meist wird gejazzt, gesungen und getanzt. Drei in den USA lebende Frauen aus einem Multi-Kulti-Clan - der Vater ist Grieche, die Mutter Norwegerin - liefern auf ihrem Weg zum Erfolg nicht nur perfekt gesungene Songs, sondern auch genügend Gesprächsstoff und Streitpotenzial. Wer die Schönste sei, ist ein beliebtes Thema unter Schwestern, oder wer am lautesten singt und auch, ob eine heimlich die Kleider der anderen trägt. Ganz jung sind die Mädchen mit den großen Stimmen noch bei ihren ersten Gehversuchen auf der Bühne. Bald kommt ein Mann ins Spiel und mit ihm eröffnet sich die Chance zum Durchbruch. Lou, der rosa Flügel trägt und mehr tanzt und tänzelt, als dass er geht (überwältigend: Thiemo Schwarz), vermittelt die Schwestern einer Plattenfirma, will ihr Manager sein. Dazu verliebt er sich in Maxene, die er heiratet.

Tatsächlich treten die persönlichen Geschichten aber zurück vor dem Hintergrund der Karriereplanung. Die Story der Andrews Sisters wird an der Chronologie ihrer Songs festgemacht. Und das Publikum hängt den drei gut aussehenden Sängerinnen an den Lippen. Deren Stimmen verschmelzen zu einem typischen Sound - so wie man es den Original-Sisters nachsagt. Klara Deutschmann, Katrin Hauptmann und Anna Kubin singen live und blitzsauber, die tiefer timbrierte Stimme fügt sich mit dem hohen und dem zweiten Sopran zum typischen Klangbild jener Zeit, das erregt klingt: Mal ist es klirrend keck und hoch, mal sehr schnell getextet.

Es bereitet jedenfalls Freude, den Damen zuzuschauen - auch in ihren modischen Metamorphosen. Im Stil der Zeit sind Frisuren und Kostüme gewählt, für die schwangere Anna Kubin hat man erfinderisch manche Taille großzügig ummantelt. Nach dem japanischen Luftangriff auf Pearl Harbour, 1941, erhielten die Andrews Sisters einen politischen Auftrag, wurden losgeschickt, um die Soldaten in ihren Einsatzorten, auch in Europa, zu unterhalten. Das habe Sinn in ihr Leben gebracht, erzählen sie. Und man erlebt mit dieser besonderen Art von Truppenbetreuung ein Stück Zeitgeschichte mit, sieht, wie die Unterhaltungsstars Uniform trugen.

Dass während dieser Auftritte am Bühnenhimmel Szenen von Bombenabwürfen per Video eingespielt werden, mag manche Menschen erschrecken, die diese Zeit noch in den Knochen stecken haben. Das Stilmittel war gar nicht nötig.

Der Abend mit Musik vergeht fast im Fluge. Und doch wäre eine Pause sinnvoll - nicht jedem Rücken bekommen die knapp zwei Stunden auf den äußerst unbequemen Stühlen. Der Abend bietet keine klassische Theaterkost. Die Show könnte auch (vielleicht sogar noch besser) im Kom(m)ödchen stattfinden, wo man Getränke dazu serviert. Jedenfalls wird sie alle Menschen ansprechen, die gerne Jazz, Swing und Dixie aus jener Zeit und solch hervorragend vorgetragene Livemusik hören. Das Trio war einfach spitze mit Lars Duppler am Piano, Nico Brandenburg am Kontrabass und Peter Weiss am Schlagzeug.

Höchste musikalische Güte steht als Prädikat über dieser Produktion. Am Ende gab es Bravo-Rufe und viele Vorhänge für den Applaus.

(RP)
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