Lese-Show Die perfekte Show zum Buch

Sebastian Fitzek vermarktet sein neues Werk auf großer Bühne. 5000 Thrillerfans in der Mitsubishi Electric Hall waren begeistert.

 Sebastian Fitzek zeigt, wie die perfekte Werbung geht. Sein neues Werk „Das Geschenk“ fand nach der Show reißenden Absatz.

Sebastian Fitzek zeigt, wie die perfekte Werbung geht. Sein neues Werk „Das Geschenk“ fand nach der Show reißenden Absatz.

Foto: Anke Hesse

Als Sebastian Fitzek in der Mitsubishi Electric Halle aus dem Gully kriecht, hat sein Warm-Upper schon gute Vorarbeit geleistet. Ein Geburtstagskind wurde im Saal ausgemacht und an die Bühnenrampe gerufen. „Hallo, für dich hat der Psycho-Autor etwas Wunderbares mitgebracht. Rate mal, was in dem Päckchen ist?“ Die junge Frau strahlt: „Natürlich ,Das Geschenk!’“. Richtig geraten, handsigniert wird ihr Sebastian Fitzeks neuer Roman mit dem Titel „Das Geschenk“ überreicht. Seit gerade einer Woche ist er auf dem Markt und schon in der zweiten Auflage, 368 Seiten zum Preis von 23 Euro. Strahlend kehrt das Geburtstagskind zurück auf seinen Platz in der Halle. Sie und weitere 5000 Menschen sind nach Oberbilk gekommen, um die „Soundtrack-Lese­show“ des Erfolgsautors zu erleben, mit einem klassischen Ensemble von Piano mit fünf Streichern und der elektronischen Liveband „Buffer Underrun“.

Wie schon seine Vorgänger dürfte auch dieser Roman ein Bestseller werden. Für das Intro-Video der Show hatten sich Tausende beworben. Sieben von ihnen durften dann teilnehmen, zu einem Unbekannten ins Auto steigen, an einer einsamen Stelle zurückgelassen werden, ein schäbiges Häuschen aufsuchen, dort auf dem Klo viel Blutschmiere sehen und schließlich Sebastian Fitzek helfen, sich aus einer Plastikplane zu schälen. Ganz schön gruselig, aber „megageil“, so das Fazit der Teilnehmer.

Inzwischen hat Fitzek es auf die Bühne geschafft. Jetzt erscheint er aus der Luft, an einem Seil jonglierend, mit viel Musik und Nebel. „Der perfekte Soundtrack sollte die Bilder, die ich durch einen Film oder ein Buch im Kopf habe, verstärken und intensivieren. Man sollte ihn eher subtil wahrnehmen“, erklärte der Autor das Konzept seiner Lesetour, die ihn bis Anfang Dezember in 20 Städte führen wird.

Um seine Bücher unter die Menschen zu bringen, ging Fitzek schon öfter ungewöhnliche Wege. Er ließ sich von seinen Lesern einladen und las unter anderem in einer Studenten-WG, in einem Bestattungsinstitut, in einem Hospiz und einer Zahnarztpraxis. Als erster Autor mietete er auf der Leipziger Buchmesse 2013 einen eigenen Stand. Zu seinem Erstaunen traf er dort auch auf einen Verein für Analphabeten, dessen Arbeit ihm schließlich die Grundidee für „Das Geschenk“ lieferte. Mehr als sechs Millionen funktionale Analphabeten gibt es in Deutschland. Einen von ihnen, die mit Erfolg lesen und schreiben lernten, nahm Fitzek mit auf seine Tournee, um für den Verein Werbung zu machen, dessen Schirmherr er inzwischen geworden ist.

In „Das Geschenk“ beschreibt Fitzek sehr detailliert die Innenansicht seiner Hauptfigur, des An­alphabeten Milan. Als der eines Tages in einem Auto ein verzweifeltes Mädchen entdeckt, das ihm einen Zettel hinhält, kann er dessen Schrift nicht lesen. Doch er fühlt sich verantwortlich und nimmt die Verfolgung auf.

Diese Zettelbotschaft, es ist eine Art Deutsch mit griechischen Buchstaben, flimmert immer wieder groß auf der Bühne. Dazu hört man das Lied „Seven Millions“ von Söhne-Mannheims-Sänger Henning Wehland. Dann liest der Autor, immer nur kurze Passagen, aber spannende Appetithäppchen. So ist die ganze Show konstruiert: etwas aus dem Leben des Autors, etwas mehr aus seiner Gedanken- und Schreibwerkstatt, viel Musik und immer wieder „Das Geschenk“. Nach seiner Show wird Sebastian Fitzek bis kurz vor Mitternacht all die Bücher signieren, die auf haushohen Paletten angeliefert wurden.

Wer erfolgreich ist, der muss sich um seine Kritiker keine Sorgen machen. Die nennen ihn einen „Thriller-König“ und loben seine Fähigkeit, die Grenzen der Vorstellungskraft zu sprengen. Aber dann gibt es auch Denis Scheck: Der urteilte bei seiner Besprechung des Pädophilie-Krimis „Das Joshua-Profil“, Fitzek sei ein „talentloser, klischeeverhafteter Autor“. Das sehen die 5000 in der Mitsubishi-Electric-Halle natürlich anders und halten den Bühnenstar mit häufigem Zwischenapplaus auf Touren.

Wer bei diesem Auftritt an Frank Schätzing denkt, trifft ins Schwarze. Dieser Bestseller-Kollege, der seine Werke ebenfalls mit gewaltigen Road-Shows präsentiert, ist für Sebastian Fitzek ein bewunderter Gradmesser. Noch bevor er selbst als „Deus ex machina“ auf die Bühne schwebt, erscheint ein riesiges Buchcover mit dem Titel „Der Schwarm“. Darunter steht „Willkommen Frank Schätzing“. Na sowas.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort