Düsseldorf Schuhplattler aus Samoa

Düsseldorf · Das Tanzstück "Us and Them" hatte im FFT Juta eine bejubelte Premiere.

Die Choreografen haben den Volkstanz entdeckt, genauer: den Schuhplattler. Unlängst führte Allesandro Sciarroni seine Version im Tanzhaus NRW auf, jetzt hat der Berliner Jochen Roller, der sich seit längerem mit dem folkloristischen Idiom befasst, bei Recherchen etwas Interessantes entdeckt: Auf der Südseeinsel Samoa gibt es einen Tanz, den Fa'autapati, der den Schritten des alpenländischen Schuhplattlers verblüffend ähnelt. Auch dort: vertrackte Fußarbeit und rhythmisches Klatschen auf die Oberschenkel und den Körper. Roller lud drei samoanische Tänzer nach Deutschland und probte zusammen mit der Performance-Künstlerin Yuki Kihara einige Nummern.

"Us and Them", also sie und wir, heißt das Stück im dicht besetzten FFT Juta, und Videosequenzen zeigen die Akteure bei ihrer Ankunft in Deutschland, auf Trachtenfesten beim Bier und im Lederhosenladen. Doch so freundlich das alles scheint, die Geschichte hat einen düsteren kolonialen Hintergrund. Von 1900 bis 1914 besetzten die Deutschen die Insel. Zum Kolonialismus hat der Schriftsteller Joseph Conrad in seiner Erzählung "Herz der Finsternis" die nackte Wahrheit ausgesprochen: "Die Eroberung der Erde (ein Wort, das meistens die Bedeutung hat, dass man Leuten, die eine andere Hautfarbe oder flachere Nasen als wir selbst haben, ihr Land wegnimmt)."

In den Kolonialzeiten wurden Samoaner auch als schöne "Exoten" in deutschen Zoos präsentiert. Gelehrte, Philosophen und Politiker lieferten absurde Begründungen. Und noch in den Fünfzigern verbreiteten Filme wie "Freddy in der Südsee" alberne Klischees. Jetzt also, könnte man böse behaupten, sind die Exoten auf die Bühne zurückgekehrt, in der Rolle von Unterhaltungskünstlern, vor einem begeisterten Publikum. Roller unterlegt die mitreißenden Tanzschritte, die ihrem Wesen nach nur leicht variiert werden, mit moderner Musik, von Rap über Rock bis Deichkind, aber auch mit aufgepepptem Swing. Da könnte man vermuten, dass die Tänzer manipuliert werden, wüsste man nicht, dass die drei bei einer Tanzgruppe arbeiten und ihre Tänze selbst mit HipHop-Musik darbieten. Dennoch bleibt bei dem Sammelsurium auf der Bühne ein leichtes Unbehagen. Herzlichen Applaus gab es für die Akteure. Und wer wollte ihnen schon vorschreiben, was als authentisch zu gelten hat?

(RP)
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