Düsseldorf Schrullige "Golden Girls" in der Komödie

Düsseldorf · Regisseur Helmuth Fuschl machte aus der berühmten TV-Serie ein Bühnenstück. Das überzeugt – trotz mancher Längen.

 Kerstin Fernström, Viktoria Brams und Gudrun Gabriel (v.l.) mit Anita Kupsch (liegend).

Kerstin Fernström, Viktoria Brams und Gudrun Gabriel (v.l.) mit Anita Kupsch (liegend).

Foto: Andreas Bretz

Regisseur Helmuth Fuschl machte aus der berühmten TV-Serie ein Bühnenstück. Das überzeugt — trotz mancher Längen.

Warum will Blanche mit Harry ausgehen? Weil er ein paar Vorzüge hat: Er besitzt noch seine eigenen Zähne, macht beim Kauen keine Geräusche und kontrolliert nicht ständig seinen Puls. Dass der galante ältere Herr mit dem pechschwarzen Haarschopf (Karl-Heinz von Hassel) ein Heiratsschwindler ist, erfährt sie erst kurz vor der Hochzeit, als sie in rauschender Glitzerrobe vergeblich auf ihren abtrünnigen Bräutigam wartet. Gerade noch hat sie geheult, weil sie so glücklich war. Jetzt gelten die Tränen dem verlorenen Glück. Und deshalb braucht Blanche dringend Trost von ihren Freundinnen Rose, Dorothy und Sophia.

Wer kennt sie nicht, die "Golden Girls", die als muntere Damen-Wohngemeinschaft erst das amerikanische, dann auch das deutsche Fernseh-Publikum mit ihrem schrägen, oftmals sarkastischen Humor ergötzten. 1994 wurde die letzte Serienfolge ausgestrahlt. Ganz verschwunden vom Bildschirm sind die ulkigen Damen jedoch nicht. In schöner Regelmäßigkeit geistern sie in zahllosen Wiederholungen durch die Nachtprogramme.

Kristof Stößel, Schauspieler und Autor aus Wuppertal, hat einige Episoden zu einem Stück verwoben und für die Bühne eingerichtet. In der "Komödie" inszenierte der scheidende Intendant Helmuth Fuschl die als Sitcom angelegten "Golden Girls" und bereicherte die Düsseldorfer Fassung durch einige neue Einfälle. Mit dem trefflich ausgewählten Quartett Anita Kupsch, Gudrun Gabriel, Viktoria Brams und Kerstin Fernström fand er seine Wunschbesetzung.

An den Schauspielerinnen liegt es gewiss nicht, dass der Abend trotz vieler spritziger Plaudereien und bissiger Seitenhiebe bisweilen etwas zäh gerät. Die Struktur der mitunter recht kurzen Szenen-Häppchen bremst den Spielfluss etwas aus. Und manche Pointen versanden arg belanglos.

Die wackeren "Golden Girls" aber machen mit ihrer unbändigen Spiellust den Abend dennoch zum Vergnügen. Souverän bewegen sie sich in der luftigen Kulisse ihres schicken Hauses in Miami, aus dem Garten lugt um die Ecke ein Flamingo. Anita Kupsch als schrullige Sophia hat allerdings keinen leichten Part. Die ausgefuchste Komödiantin muss sich in dieser Rolle selber an die Leine legen. Weil ihr Seniorenheim "Die schattige Pinie" abgebrannt ist, nistet sie sich bei Tochter Dorothy ein.

Häufig betritt sie die Bühne nur, um am Ende einer Szene punktgenau einen knochentrockenen Kommentar abzugeben, bevor es wieder dunkel wird und die Damen eine neue Position einnehmen. Die vielen kleinen Umbaupausen werden geschickt mit Gute-Laune-Musik überbrückt.

Dafür dürfen die drei anderen Girls richtig Gas geben. Und das nutzen sie auch weidlich aus. Gudrun Gabriel ist die nüchterne Aushilfslehrerin Dorothy, abgeklärt und pragmatisch — aber mit vielen verborgenen Sehnsüchten und einer wilden Seite, die sich nach und nach Raum verschafft. Viktoria Brams schöpft als mannstolle Blanche alles aus, was die Rolle hergibt, und manchmal packt sie auch noch etwas drauf. Ihre Kleidung ist bunt und mutig. Überhaupt ziehen sich die Damen auffallend häufig um. Hier hat Kostümbildnerin Kiki de Kock mit feinem Gespür für die unterschiedlichen Charaktere etliche hübsche Ideen umgesetzt. Ganz allerliebst: Kerstin Fernström als naive Rose, herzerwärmend trotz und wegen ihrer Begriffsstutzigkeit.

Eine herrlich altmodische Figur mit hochgesteckten Löckchen und hauchzarter Rüschenbluse. Ihre skurrilen Anekdoten aus Sankt Olaf mäandern durchs Geschehen und frischen die Erinnerung an die echten "Golden Girls" angenehm auf.

Karl-Heinz von Hassel hat zwei Auftritte als windiger Harry und als Blanches Vater (die Diskrepanz beim Alter muss dabei gnädig ignoriert werden), Armin Riahi ist in drei kleinen Rollen zu sehen. Beim Premieren-Finale drehten die Schauspieler noch einmal auf und rissen die Zuschauer mit.

(RP)
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