Kunstpreis des Landtages für Pia Krajewski Auszeichnung für ein königliches Englischrot

Pia Krajewski erhält den ersten Kunstpreis des Landtags NRW. Sie setzte sich unter 122 Mitbewerbern durch – vor allem wegen ihrer Liebe zu einer ganz besonderen Farbe.

 Pia Krajewski und Landtagspräsident André Kuper vor dem preisgekrönten Gemälde.

Pia Krajewski und Landtagspräsident André Kuper vor dem preisgekrönten Gemälde.

Foto: M. Zanin/Melanie Zanin

Das Englischrot von Pia Krajewski ist so königlich, dass weder der Präsident des Landtags NRW noch seine Stellvertreter widerstehen konnten. Im Verbund mit fünf Fachjuroren wählten sie unter 122 Teilnehmern das Werk der 32-jährigen Malerin aus und überreichten ihr den mit 15.000 Euro dotierten Nachwuchspreis. Was sie nicht ahnen konnten, ist die Tatsache, dass die Siegerin im Wettbewerb zum 75. Bestehen des Landtags längst das Feld geräumt hat und seit kurzem in Berlin lebt und arbeitet.

Die gebürtige Kölnerin betört mit ihrer Kunst nicht nur Politiker. Ihre Motive wirken so körperhaft, dass man sie greifen möchte. Obwohl es nie um konkrete Geschichten geht, meint man sie zu kennen. Der Betrachter ist sich jedoch nicht sicher, ob er seinen Augen trauen darf und Hagebutten, Mohnkolben, Kissen, Sessel, Lehnen oder Teile von Socken vor sich hat. Er ahnt Jalousien, Röhren, Wellen oder gar eine Satteltasche, kann die Dinge dennoch weder benennen noch begreifen. Wird der Sommerhut vom Wurm durchzogen, die Ananas zusammengeschnürt? Nie wirken die Motive real, eher entrückt. Sie ergeben keinen Sinnzusammenhang, scheinen aber von seltsamer Schönheit beseelt zu sein.

Dass diese Parallelwelt so greifbar nahe und alltäglich, so abstrakt und fremd zugleich wirkt, hängt mit dem malerischen Talent der Künstlerin zusammen. Die Verwandlung der Dinge entsteht durch eine genau kalkulierte Malerei der Übergänge. „Es ist abstrakt, aber gegenständlich, obwohl die Gegenstände so nicht bestehen", erklärt sie ihr Verwirrspiel zwischen Sehen und Verstehen. Sie macht Zeichnungen, hat zwischendurch Ideen für absolute Formen und weiß anfangs selbst nicht, was daraus wird.

Das Wunder aber ist dieses monochrome Englischrot, die einzige Farbe, die sie aus der Tube nimmt. Sie schwärmt: „Ich habe ein ganzes Jahr nur Rot gemalt. Englischrot ist eine sehr warme Farbe. Sie hat etwas Körperliches, Anziehendes, Schönes. Sie war immer die gleiche. Je nachdem, wie dick oder dünn ich sie auftrug, änderte sie sich." Damit Gegenstände auf der Leinwand zu formen, sei „einfach toll" gewesen.

Hinzu kam bei dem prämierten Bild die Positiv- und Negativbewegung, das Spiel von Licht und Schatten, die größtmögliche Wirkung bei minimalen Mitteln. Eigentlich ist es ja nur eine gewölbte Stoffbahn, die im Vordergrund eine weibliche Figur zu formen scheint. „Vorsitzende" nennt sie demonstrativ ihre Arbeit, gibt es doch im Landtag bei 199 Abgeordneten nur 55 Frauen. Dennoch ist das natürlich kein „feministischer Ansatz", wie es in der Begründung der Jury heißt, sondern nur ein lustvolles Spiel mit stofflichen Windungen und Schnürungen.

Pia Krajewski hat 2010 bis 2018 bei den Malern Andreas Schulze und Dietmar Lutz an der Kunstakademie Düsseldorf  studiert. Schon im letzten Jahr des Studiums gründete sie mit den Kommilitoninnen Antonia Freisburger und Antonia Rodrian den längst legendären Offraum „sonneundsolche" und schuf eine Plattform für den Gedankenaustausch mit anderen künstlerischen Positionen. Es wurde ein Raum für den Dialog von Künstlern aus dem In- und Ausland.

Dieses solidarische Miteinander wird bleiben, auch wenn sie sich soeben von der rheinischen Kunstszene verabschiedet hat. 2018 hatte sie eine Residenz am berühmten Berliner Künstlerhaus Bethanien, erhielt als Winsor & Newton-Stipendiatin ein Atelier und 2019 eine Ausstellung. Das Feedback in Berlin war groß. Beglückt vom internationalen Flair dieser pulsierenden Stadt packte sie ihre Koffer. „Die Kunstszene und das kulturelle Angebot in Berlin sind so vielfältig. Es ist wunderbar, hier neue Kontakte zu knüpfen", sagt sie. Das 4,50 Meter große Ölgemälde, das ein „Zeichen setzen soll für die Unverzichtbarkeit der Kunst", wie es Landtagspräsident André Kuper nennt, entstand als letztes Werk noch in Düsseldorf.

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