Düsseldorf Perspektiven für Düsseldorfs Museen

Düsseldorf · Erfolgreiche Ausstellungen in acht Häusern regen an, auch in Zukunft einmal die gewohnten Pfade zu verlassen. Vom Hetjens-Museum übers Stadtmuseum bis hin zum NRW-Forum, dessen Zukunft noch ungewiss ist.

Attraktion: Seit dem Eröffnungstag der Gursky-Ausstellung im Museum Kunstpalast beschert diese Ausstellung dem Ehrenhof Zigtausende Besucher - vor allem erfreulich viele junge Leute sind darunter.

Attraktion: Seit dem Eröffnungstag der Gursky-Ausstellung im Museum Kunstpalast beschert diese Ausstellung dem Ehrenhof Zigtausende Besucher - vor allem erfreulich viele junge Leute sind darunter.

Foto: Bretz, Andreas

Hetjens-Museum Auch im Ausstellungswesen muss nicht immer alles so weiter laufen, wie man es gewohnt ist. Eine der originellsten Düsseldorfer Ausstellungen des zurückliegenden Jahres war in einem Institut zu sehen, dem man so etwas kaum zugetraut hatte: im Hetjens-Museum. Sie führte dem verblüfften Betrachter vor Augen, was alles danebengehen kann, wenn sich ein Keramiker an die Arbeit macht. Die Missgeburten, die in der Ausstellung zu erleben waren, dienten allein dokumentarischen Zwecken, doch in vielen Fällen haftete ihnen etwas Skurriles an, und zuweilen fragte man sich, ob sie nicht sogar einen Nischenplatz in der modernen Kunst beanspruchen könnten. Solch eine Ausstellung bringt man nicht alle Tage zuwege, aber es wäre schön, wenn Düsseldorfs Ausstellungsmacher häufiger ihre Bahnen verließen.

Stadtmuseum Auch im Stadtmuseum zeigte sich, dass Beeindruckendes oft dadurch zustande kommt, dass man sich über Konventionen hinwegsetzt. Eine der berührendsten Düsseldorfer Ausstellungen des Jahres umfasste Werke aus Kinderhand: von jungen Düsseldorfer Juden, die den Nazis zum Opfer fielen - oder gerettet wurden. Manche dieser Bilder wirkten wie Arbeiten der klassischen Moderne - und alle erinnerten an fürchterliche Schicksale, die uns heute so wenig gleichgültig sein dürfen, wie sie es vielen Zeitgenossen damals bedauerlicherweise waren.

KIT - Kunst im Tunnel Viele derjenigen, die heutzutage als "junge Künstler" gelten, haben die 40 schon erreicht. Wer wirklich junge Kunst erleben will, ist im KIT am Mannesmannufer am besten aufgehoben. Immer wieder gelingt es Kuratorin Gertrud Peters, solch junge Kunst unter ansprechenden Themen zu bündeln. Besonders aufschlussreich war die Schau "I am who I am. Junge russische Künstler und führende Vertreter russischer Gegenwartskunst". Wie russische Künstler von heute mit den neuen Medien umgehen, das konnte man dort aus erster Hand erfahren.

K 21 Museumsdirektoren klagen heute oft darüber, dass ihnen die Budgets gekürzt werden, dass das Geld nicht mehr reicht, um attraktive Leihgaben an Land zu ziehen. Nur wenige vertrauen der Kraft der eigenen Sammlung. Die Kunstsammlung NRW hat in ihrem Haus K 21 gezeigt, dass man mit dem eigenen Bestand an Bildern Paul Klees eine Ausstellung bestücken kann, die auch überregional beachtet wird. Das Geheimnis dieses Erfolgs lag in der Forschungsarbeit des eigenen Teams, deren aufschlussreiche Ergebnisse bei dieser Gelegenheit erstmals ausgebreitet wurden. So spiegelte sich in Klees Werk zugleich ein Stück politischer und kultureller Geschichte.

Julia Stoschek Collection Nur einmal im Jahr wechselt die Sammlerin in ihrem Zwitterzweckbau aus Privat- und Ausstellungshaus die Show, und dies tut sie mit enormem Aufwand. 2012 hat sie sich selbst übertroffen und mit "Number six: Flaming Creatures" das Beste, was die internationale Videokunst zu bieten hat, in die Räume an der Schanzenstraße geholt. Vom Volumen her ist sie mit ihrer verrückten Video-Welt erstmals an ihre Grenzen gestoßen. Sogar ein kleines Kino hat sie in ihrem Raum-in-Raum-Konzept errichtet. Was das die vermögende Sammlerin kostet, darüber schweigt sie sich aus.

Über Geld redet die 37-jährige Coburgerin grundsätzlich nicht. Und sie freut sich über den Applaus der überwiegend insiderischen Besucherschar und über internationale Kunstkommentare. So funkelt die Stoschek Collection über der Stadt und wertet den internationalen Standort Düsseldorf als Brennpunkt für Video, Fotografie und Kunst der Neuen Medien auf. Man muss darüber nachdenken, Julia Stoschek mit ihrer exquisiten Sammlung nicht nur hier zu halten, sondern ihr eine größere, breitere Bühne zu bieten.

Kunsthalle Die Ausstellungshalle ohne eigene Sammlung liegt gegenüber der landeseigenen Kollektion am Grabbeplatz und erfährt seit der Übernahme durch Gregor Jansen neue Impulse. Als er 2010 die Nachfolge von Ulrike Groos antrat, übernahm er ein gut bestelltes Haus, das er zwischen Regionalität, Nationalität und Internationalität positionieren wollte. Mit dieser Mischung zieht der kunstvernarrte Nettetaler Publikum an. Dass er der renommierten Sammlung Rheingold zum Zehnjährigen eine Ausstellung eingerichtet (und kuratiert) hat, war verdienstvoll.

Die Kunst entwickelte sich glänzend in den großzügigen Räumen.Und so fand die kostbare Sammlung von sechs rheinischen Privatleuten ohne festes Dach über dem Kopf eine Sammlung, von der man nicht weiß, ob sie ewig bestehen bleibt, eine optimale Behausung. Von Joseph Beuys bis Neo Rauch zog sich der intelligente Pfad durch die jüngere Kunstgeschichte mit rheinischen Bezügen. Der Impuls, der davon ausgeht, könnte heißen: Unsere Sammler sind wertvoll, zumal in Zeiten knapper werdender Budgets. Die Stadt tut gut daran, sich um sie zu kümmern.

Museum Kunstpalast Dass ein Museum aus der Not eine prächtige Tugend entwickeln kann, hat 2012 Beat Wismer bewiesen. Was hat der Museumschef nicht alles an Niederlagen einstecken müssen: reduzierte Ausstellungsförderung durch Hauptsponsor Eon, Bauschäden kurz nach Wiedereröffnung des Sammlungsflügels mit ärgerlichen Verzögerungen, deren Ende noch nicht absehbar ist. Und so hat Wismer, dessen Amtszeit 2012 verlängert wurde, sein Versprechen nur bedingt halten können, die Sammlung in den Focus zu stellen.

Stattdessen hat der sehr gut in die Düsseldorfer Künstlerschaft integrierte Schweizer gleich mehrere Glücksgriffe getan: Den weiten Kunsthorizont eröffnete er mit einer hochgepriesenen El-Greco-Ausstellung und gleich im Anschluss übersprang er mal eben die Jahrhunderte, um dem aktuellen Künstleridol Andreas Gursky eine Ausstellung einzurichten. Die Besucher honorieren so etwas, gerade bei Gursky ist ein Ansturm jüngerer Menschen zu verzeichnen. Das beweist, dass Querdenken eines Museumsdirektors einem Haus dienlich ist.

NRW-Forum Seit die Nachricht platzte, dass sich Werner Lippert aus seinem erfolgreichen Kunstbetrieb Ende 2013 zurückzieht und gleichzeitig das Land NRW die Fördermittel streicht, herrscht Ratlosigkeit. Wer wird in Düsseldorf künftig für so qualifizierte, die Genre-Grenzen überschreitende Ausstellungen sorgen? Lippert hat Gesamtkunstwerke erdacht, Architektur, Mode, Design und Musik miteinander vernetzt. Hier wurden iPad-Konzerte während der Langen Nacht der Museen aufgeführt, und Anfang des vorigen Jahres fand das erste Photo-Weekend großen Zuspruch

.Ideen für dieses Haus liegen auf der Hand: Julia Stoschek könnte übernehmen, die Sammlung Rheingold könnte einziehen, der Sammler Wilhelm Schürmann, der einst im Gespräch für ein eigenes Haus in Düsseldorf war - oder aber die Fotoszene besetzt diesen Tempel der Moderne. Ein Fotoschwerpunkt täte dieser Stadt gut, aus der bedeutende Foto-Künstler hervorgegangen sind, die zum Teil noch hier leben. Wer in einem neuen NRW-Forum Regie führt und wer das Ganze bezahlt, darüber kann man noch lange diskutieren.

(jco)
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