Tanzhaus NRW Ohne Wölfe auf die Bühne

Düsseldorf · Einvernehmlich haben sich gestern Tanzhaus-Chef Bertram Müller, Veterinäramtsleiter Klaus Meyer und die französische Künstlerin Coraline Lamaison darauf geeinigt, dass das Gastspiel ohne die lebenden Tiere stattfinden wird. Allerdings wird es nicht als K. o. für die Kunst bewertet.

 In einem kurzen Gastspiel sollten die Wölfe im Oktober auf der Bühne zu sehen sein.

In einem kurzen Gastspiel sollten die Wölfe im Oktober auf der Bühne zu sehen sein.

Foto: dpa, Gilles Vidal, Tanzhaus

Die Französin Coraline Lamaison wird bei ihrem Gastspiel im Tanzhaus NRW auf die zwei lebenden Wölfe verzichten. Sie wird zwar trotzdem anreisen — aber ohne die Tiere, die für einen Kurzauftritt im Oktober vorgesehen waren. "Die Kunst hat dennoch keine K. o.-Niederlage erlitten", sagt Tanzhaus-Chef Bertram Müller, "im Gegenteil. Wir haben eine lebhafte, gewinnbringende Diskussion provoziert, die das zerbrechliche Verhältnis von Mensch und Tier eigentlich nicht viel anders beleuchtet hat, als es die Choreographin auf ihre Art tun wollte." Dass dies ein Eingriff in ihre künstlerische Freiheit ist, bedauert Müller.

Zuvor wurden zahlreiche Gespräche geführt. Einen vergleichbaren Fall hatte es in Deutschland noch nicht gegeben. Rechtliche, ethische und künstlerische Aspekte des Auftritts mussten geprüft werden. Vor allem Veterinäramtsleiter Klaus Meyer war intensiv mit der Einschätzung der Rechtslage und der Auslegung der Richtlinien befasst. Auch Tierschützer waren an der Diskussion beteiligt. Sie hatten im Vorfeld massiv protestiert; ihnen lag vor allem eines am Herzen: Dass man in Düsseldorf keinen Präzedenzfall schaffen sollte.

In Deutschland dürfen Wölfe — anders als Elefanten, Tiger und Löwen — nun mal nicht Akteure einer öffentlichen Vorführung werden. Das ist in Frankreich anders, wo die Wölfe leben und schon öfters auf der Bühne standen, ohne dass jemand protestiert hätte. Hierzulande nimmt der Wolf eine Sonderstellung ein: Er gilt als hoch sozialisiertes, in Rudeln lebendes Tier, das einen enormen Bewegungsdrang hat. Als gefährlich gilt er für den Menschen hingegen nicht, das scheue Tier meidet den Kontakt. Die beiden in die Performance eingebundenen Wölfe, die von klein auf bei ihrem Trainer gelebt haben und in Menschenverbünden sozialisiert worden sind, "können vielleicht nicht mit ihren Artgenossen verglichen werden", sagt Müller, "aber dennoch lässt die allgemeine Rechtslage ihren Auftritt nicht zu. Man hätte jetzt noch vor dem Verwaltungsgericht klagen können, doch das ist für mich nicht infrage gekommen." Er wolle selbstverständlich nicht in einen Konflikt mit dem Tierschutzgesetz geraten. "Vielleicht ist es ja besser so", sagt Müller, "es gibt eben Grenzen."

Der Tanzhaus-Chef hat das Gespräch mit der Künstlerin gesucht und sie gebeten, die Haltung in Deutschland zu respektieren. Sie hat zugesagt, dass sie ohne die Tiere zu ihrem Gastspiel "Narcisses" kommt. Wie sie die "Leerstelle" inhaltlich ausfüllt, wird man sehen.

Auf jeden Fall will Bertram Müller die Debatte, die intern wie auch öffentlich gekocht hat, der Performance begleitend an die Seite stellen. So wird etwa ein Film über den Trainer zu sehen sein, der die Wölfe aufgezogen hat. Selbst die Tierschutzverbände sollen zu dem an zwei Tagen stattfindenden Gastspiel eingeladen werden. Tanzhaus-Chef Müller erhofft sich einen lebhaften Dialog.

(RP/jco)
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