Düsseldorf Nichts ist schick an Heroin

Düsseldorf · Der Fotograf Marc Oortman stellt im Reinraum Bilder von Drogenabhängigen in teuren Klamotten aus.

 Modell Per im schicken Mantel.

Modell Per im schicken Mantel.

Foto: Marc Oortman

Zum Skandal taugt das nicht, und wer darauf hofft, muss sich gar nicht erst die Mühe machen, zum Reinraum hinabzusteigen. In der ehemaligen Toilettenanlage unter einer Verkehrsinsel auf der Adersstraße werden ab heute Bilder von drogenabhängigen Düsseldorfern in schicken Markenklamotten gezeigt. Dennoch ist das kein Aufreger, sondern bloß eine Ausstellung.

Dass das so ist, sollte man nicht als Enttäuschung begreifen, weil die besondere Leistung von Fotograf Marc Oortman darin besteht, dass er sich nicht hat verleiten lassen. Er, so erzählt Oortman, habe im Internet von der Wiederbelebung des "Heroin Chics" gelesen, jenem Aussehen, dass Mitte der 90er Jahre einmal angesagt war und vor allem mit Supermodel Kate Moss verbunden wird. Auffallend dürr und mit dunklen Rändern unter den Augen wurde sie damals zum Star. Moss, das muss man dazu sagen, beteuerte stets, lediglich reichlich Lidstrich aufgetragen zu haben. Tatsächlich aber beklagte die Modeszene zu jener Zeit die ersten Drogentoten.

Nun wird mit dem zweifelhaften Schick erneut kokettiert, ein Berliner Label etwa hat sich den sehr dämlichen Namen "Heroin Kids" gegeben. Marc Oortman fand auch das nicht in Ordnung und beschloss, etwas entgegenzusetzen. Er sagt dazu den logischen Satz: "Es ist einfach nicht cool, heroinabhängig zu sein." Als Fotograf hätte er nun ein paar Schockerbilder machen können, so wie die Ekelfotos auf Zigarettenschachteln, die die Leute vom Rauchen abhalten sollen. Aber das sei ihm doch etwas "zu platt", sagt Oortman. Stattdessen hat er sich die Bildsprache des "Heroin Chics" zu eigen, aber ernst gemacht. In Kooperation mit dem Obdachlosenmagazin "Fiftyfifty" und dem Drogenkonsumraum hat Oortman drogenabhängige Menschen gefunden. Er wollte denen jetzt mal eine Plattform geben, sagt der Fotograf.

Klamotten, Licht und lethargische Mir-egal-Posen stimmen, man muss schon zwei-, dreimal hinschauen, um in der kleinen Ausstellung den Unterschied zur Inszenierung aus der Werbung zu erkennen. Zumal: Oortmans Fotos sind ja gleichfalls inszeniert. Er hat seine Modelle ausgestattet und in Szene gesetzt. Es ist also ein Spiel mit dem Spiel.

Natürlich kann man dem noch jungen Fotografen vorwerfen, in anderer Weise, aber gleichermaßen auf den Schick abzuheben. Klar sei er auch von den Modefotos fasziniert, sagt er, und die Bedenken, dass er da gleichfalls etwas verherrliche, habe er vorhergesehen. Abgehalten hat ihn das nicht. "Wenn ich keine Diskussion gewollt hätte, hätte ich die Fotos nicht gemacht", sagt er.

Info Marc Oortman: "Pieces of Paradise - Heroin Chic", im Reinraum, Adersstraße 30a, bis 5. Februar täglich, 19.30 bis 22 Uhr.

(kl)
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