Düsseldorf Marcos Menha: "Der Tanz ist in mir drin, er muss raus"

Düsseldorf · "Es war, als würde ein Champagnerkorken knallen", so schildert Marcos Menha das Gefühl, das er bei der Auszeichnung mit dem deutschen Tanzpreis "Zukunft" hatte. Damit wurde der herausragende Solist aus Martin Schläpfers Compagnie im Frühjahr geehrt - nach 15 Jahren in Deutschland. Seit 2011 gehört der Brasilianer dem Ballett der Deutschen Oper am Rhein an. "Wir arbeiten aber nicht für einen Preis", setzt er gleich hinzu, "ich tanze, weil ich es liebe. Der Tanz ist in mir drin, er muss raus. Das war schon immer so." Er erzählt von seiner Kindheit in Jaú. Von der Nachbarin, die den Jungen auf der Straße übermütig tanzen sah und seinen Eltern ans Herz legte, dieses Talent zu fördern. "Sie waren einverstanden, obwohl es in Brasilien damals nicht einfach war, Tänzer zu sein. Niemand hielt das für einen ernsthaften Beruf."

Seine erste große Chance bekam Marcos Menha mit 15 Jahren: ein zweiwöchiges Stipendium am Bolschoi Ballett in Moskau. Es fehlte bloß noch das Geld fürs Flugticket. Viele halfen mit, vor allem seine Mutter. Sie verkaufte selbstgebackene Kuchen und Kekse, "und sie musste sehr viel backen", sagt er. Doch das ersehnte Ziel wurde zu einer Enttäuschung.

Drei Jahre später gab es eine zweite Chance für den jungen Tänzer. Birgit Keil, die Ex-Primaballerina des Stuttgarter Balletts, kam zu einem Workshop nach Brasilien. Er gewann die Silbermedaille und ein zweijähriges Stipendium an ihrer Akademie in Mannheim. Wieder sprang die Familie ein, um den Flug zu ermöglichen. Sein Vater, ein Lastwagenfahrer, verkaufte sein Auto, seinen ganzen Stolz. In Deutschland gefiel es ihm. Nach der Ausbildung wechselte er zur Compagnie nach Karlsruhe, die Birgit Keil inzwischen gegründet hatte. Von Karlsruhe war es nicht weit bis Mainz. Und dort arbeitete damals Martin Schläpfer.

Marcos Menha war als Zuschauer bezaubert. "Mir wurden die Augen geöffnet. Ich wusste, so und nicht anders will ich tanzen." Aber sich einfach melden? Dazu war er zu schüchtern. Ein brasilianischer Freund aus Schläpfers Truppe vermittelte ein Training in Mainz: "Du bist groß, du bist elegant, Martin braucht Tänzer wie dich."

So war es dann auch. Schon beim Start des Ballettdirektors in Düsseldorf war Marcos Menha dabei. Die geliebten Handlungsballette von einst vermisst er schon längst nicht mehr: "Martin hat so viel zu erzählen", sagt er. "Seine Choreografien geben mir Raum für Träume. Ich habe die Geschichten im Kopf." Die höchste Weihe als Solist erhielt er, als der Protagonist in "Verwundert seyn - zu sehn" 2015 eigens für ihn choreografiert wurde. Auch im jüngsten Schläpfer-Werk, "b.28", ist er wieder stark gefordert.

Einige wenige Vorstellungen noch, dann fliegt er wie jeden Sommer heim nach Brasilien. Die Familie die so viel für ihn getan hat, ist ihm heilig. Marcos Menhas größter Wunsch wäre, wenn seine Eltern und auch sein seit einem Autounfall gelähmter Bruder ihn eines Tages auf der Bühne erleben könnten.

Info Der Ballettabend "b.28" ist noch am 10. Juli zu sehen. Marcos Menha wirkt als Solist in den Uraufführungen "Tenebres" (Hubert Essakow) und "Different Dialogues" (Nils Christe) mit.

(RP)
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