„Literando“ Bücherfreunde erlebten Literatur hautnah im Hinterhof

Düsseldorf · Das Literaturbüro und Zakk haben 18 Balkonlesungen in ganz Düsseldorf organisiert. „Literando“ bietet in der Corona-Zeit eine Möglichkeit, Kultur stattfinden zu lassen: auf den Balkonen der Düsseldorfer.

 Helge Goldschläger liest auf dem Balkon der Buchbinderei Mergemeier.  Das Publikum steht im Hinterhof und an den Fenstern.

Helge Goldschläger liest auf dem Balkon der Buchbinderei Mergemeier. Das Publikum steht im Hinterhof und an den Fenstern.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Es ist ein ungewöhnlicher Anblick für Helge Goldschläger, der auf einem kleinem Balkon vor einem Mikrofon steht: Etwa ein Dutzend maskierter Menschen blicken ihn mit freudiger Erwartung aus einem Hinterhof sowie den Fenstern umliegender Gebäude heraus an. „Willkommen zu Literando – dem Versuch Literatur irgendwo stattfinden zu lassen“, eröffnet der Poetry-Slammer seine Balkonlesung.

Der literarische Lieferdienst „Literando“ ist ein Ersatzprogramm für den ausgefallenen Bücherbummel und die Veranstaltungen im Lesezelt im Rahmen der Düsseldorfer Literaturtage. Bei dem vom Literaturbüro NRW und dem Zakk organisierten Angeboten wird den Literaturbegeisterten eben diese auf den privaten Balkon geliefert – in Form eines Autors, der 20 Minuten für sie und ihre Nachbarn liest.

Insgesamt 18 solcher Lesungen beschallten in den vergangenen Abenden die Hinterhöfe in den Düsseldorfer Stadtteilen. Der Ablauf war denkbar unkompliziert: Der Künstler reist mit einer Begleitperson zu den Privatleuten. Auf deren Balkon wird innerhalb kürzester Zeit die Technik installiert: eine Aktivbox und ein Mikrofon. Dann geht es schon los. Nach der Lesung wird die Technik rasch abgebaut und es geht zum nächsten Privatbalkon.

„Es war total schön“, resümiert Helge Goldschläger die Balkonlesungen in Friedrichstadt – seine ersten Auftritte seit Corona. Doch ginge es nicht um ihn als Einzelperson, sondern um alle Kulturschaffenden, sagt der Poetry-Slammer. Die Intention sei „Präsenz zu zeigen“ und „Kultur für die Stadt zu bringen“. Denn Lesungen sind aktuell eine Rarität, können nur unter strengen Auflagen in kleinem Rahmen abgehalten werden. Daher sei es schön, dass die Kultur „weiter in Gang kommt und sich seine Nischen sucht“, sagt Goldschläger.

Wie erfolgreich die Balkonlesungen waren, hing allerdings stark von der Lokalität ab. Mancherorts streckten die Menschen aufgeregt die Köpfe aus ihren Fenstern, um den Worten des Autors zu lauschen. Anderenorts schienen nur wenige Anwohner interessiert. Teilweise wurden sogar offene Fenster geschlossen. Doch das mache den Reiz mit aus, sagen die Organisatoren, die sich insgesamt zufrieden mit der Resonanz zeigten.

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