Düsseldorf Liebeskummer lohnt sich nicht

Düsseldorf · Die Sängerin und der Kabarettist Wolfgang Trepper harmonieren im Savoy-Theater.

Cocktailsessel, Tütenlampen und auf dem Tischchen eine Flasche Jägermeister. "Fehlt nur noch der Eierlikör", frohlockt jemand im Saal. Durchs ausverkaufte Savoy-Theater schwirren Musik- und Textfetzen mit Wiedererkennungswert, im Galopp geht es durch die Jahrzehnte.

Der Kabarettist Wolfgang Trepper führt launig ein in den Abend "Nutten, Koks und frische Erdbeeren" - angeblich ist der krause Titel ein Zitat von Heino. Er sei hier nur der Pausenclown, erklärt Trepper und lässt schon mal die vierköpfige Band herein. Keck kündigt er den Star des gemeinsamen Programms an: "Mary Roos, die Helene Fischer der Bronzezeit!" Und noch frecher: "Begeistern Sie sich, sonst hört sie nichts!" Es ist ein ergötzlicher Schlagabtausch, den sich Roos und Trepper liefern. Nach Dutzenden Vorstellungen sind sie ein eingespieltes Team. Aber die Pointen wirken frisch. "Schöne Grüße vom Niveau", rüffelt sie ihn nach einem grenzwertigen Gag, "Sie beide sehen sich ja nicht so oft."

Dann singt sie. Zuerst die Hits aus den 60er-Jahren, bei denen keiner stillhalten kann. "Liebeskummer loht sich nicht" oder "Schuld war nur der Bossa Nova": Da wippen die Füße, verdrehen sich die Köpfe, schlenkern die Arme. Der Abend ist schlau getüftelt. Zwischen den nach Jahrzehnten portionierten Liedern von Roos erinnert Trepper an Phänomene, die einem Großteil des Publikums noch vertraut sind: die seltsame Mode der 70er-Jahre, als die Herren Schlaghosen, enge Pullover und gewaltige Koteletten trugen. Oder den verschwitzten Klammerblues, der auch bei hektischer Musik nie langsam genug sein konnte. Er lästert über sinnfreie Schlagertexte ("Ein bisschen Aroma, ein bisschen Paloma") und Leute, die er nicht leiden kann. Wäre man Andrea Berg, würde man sich wegducken. Oder direkt zum Anwalt gehen. Das Publikum kommt aus dem Lachen und Jauchzen nicht heraus. Gelegentlich sucht der Kabarettist den Kontakt. "Hübsche Bluse", schmeichelt er und fixiert eine Zuschauerin. Pause. Dann: "Ich schmeiße auch nichts weg."

Wartet Mary Roos in der Kulisse, späht er hinüber: "Alles klar, der Sani nickt." Die Sängerin (67) beeindruckt mit herrlicher Selbstironie. Treppers Frotzeleien über ihr Alter prallen an ihr ab oder werden süffisant pariert. Auch ihre neuen Lieder gefallen. Was für eine langlebige Karriere! Witzig plaudert sie aus dem Nähkästchen der einstigen "Hitparade", Kult auch für den jungen Trepper. Sein Rhythmus am Samstag: "Daktari, Baden, Essen, Hitparade." Er weiß, warum wir die alten Schlager lieben: "Sie sind verknüpft mit Erinnerungen. Deshalb hängen wie so an ihnen." Riesiger Jubel nach drei prallen Stunden.

(RP)
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