Düsseldorf Künstlerin schafft brennende Skulptur

Düsseldorf · Es ist ein Höhepunkt der Quadriennale: Seit gestern brennt neben dem Landtag eine Tonskulptur. Morgen wird das Werk der Künstlerin Nina Hole lichterloh in Flammen stehen. Hinter der Aktion steckt viel Arbeit des Hetjens-Museums.

 Renata Cassiano und Craig Hartenberger überwachen das Brennen der fast vier Meter hohen Tonskulptur am Rheinufer.

Renata Cassiano und Craig Hartenberger überwachen das Brennen der fast vier Meter hohen Tonskulptur am Rheinufer.

Foto: Andreas Bretz

Die wichtigste Aufgabe für Renata Cassiano und Craig Hartenberger wird heute sein, das Pyrometer im Blick zu behalten. Denn das Messgerät zeigt die aktuelle Temperatur der Tonskulptur am Rheinufer. Wenn die Hitze auf mehr 500 Grad steigt, ist Vorsicht geboten - denn wenn der Ton an diesem kritischen Punkt zu schnell erhitzt wird, bricht er, und das wäre ein trauriges Ende einer Kunstaktion, die mehr als drei Wochen fleißige Vorbereitung gebraucht hat und am Wochenende die Altstadt-Besucher zum Staunen bringen soll.

Die Mexikanerin Cassiano, 31, und der US-Amerikaner Hartenberger, 24, sind Mitarbeiter der Keramikkünstlerin Nina Hole. Die Dänin ist bekannt für brennende Großskulpturen, für das Kunstfest Quadriennale hat sie ihre 24. entworfen. Zweieinhalb Tonnen Ton wurden für das fast vier Meter hohe Werk, das die Form eines Hauses hat, verbaut. Außerdem sind acht Kubikmeter Kiefernholz und zwölf Rollen Isoliermaterial nötig - denn der Ton wird vor Ort gebrannt, bis er am Wochenende bis zu 1100 Grad erreichen soll.

Das Feuer wurde bereits gestern entfacht, allerdings soll der Ton zunächst nur vorsichtig getrocknet werden. Die Skulptur ist deshalb versteckt unter einer in der Raumfahrt bewährten Isolationsschicht, damit die Hitze nicht entweicht. Morgen soll sie bereits so heiß sein, dass sie glüht. Den Höhepunkt erreicht die Aktion in der Nacht zu Sonntag. Gegen 22 Uhr beginnen die Künstler, die Ummantelung abzunehmen und die Skulptur mit Salz und Sägespänen zu bestreuen. Dann sollen Feuerzungen aus der Skulptur schlagen, zugleich verändert der Brand ihre Oberfläche - ein beeindruckender Anblick.

Nina Hole hatte sich den Ort neben dem KIT im vergangenen Jahr angeschaut und ein Modell für die Skulptur entworfen. Wegen einer Erkrankung kann sie in dieser Woche nicht dabei sein - nun liegt es an ihren künstlerischen Mitarbeitern, die heikle Brandphase zu organisieren. Cassiano und Hartenberger haben viel Erfahrung: Sie reisen für Holes Skulpturen um die Welt, zuletzt haben sie ein Tonkunstwerk in Japan gebrannt. Die öffentliche Herstellung soll nicht nur die Besucher faszinieren, sondern auch eine Werbung für die selten beachtete Keramikkunst sein - Nachfragen von Besuchern sind deshalb ausdrücklich erwünscht. "Wir wollen zeigen, was man mit Ton erschaffen kann", sagt Cassiano. "Wenn die Leute die brennende Skulptur sehen, erwacht ihr Interesse."

Alle Beteiligten wissen: Das Risiko des Scheiterns gehört zu Holes Feuer-Kunstwerken dazu. Denn das Brennen des Tons im Freien ist eine heikle Angelegenheit. Sorgen bereitet den Künstlern derzeit vor allem das Wetter: Heute soll ein Dach über die Skulptur geworfen werden, damit der am Abend drohende Regen den Brand nicht löscht. Damit sich niemand verbrennt, wird um die Skulptur eine Sperrzone mit einem Durchmesser von zehn Metern gezogen.

Hilfe erhalten die beiden Mitarbeiter von Hole seit Wochen von mehr als 20 Unterstützern. Alle Mitarbeiter des Hetjens-Museums packen an, von der Leiterin Sally Schöne über die Museumspädagogin bis zum Hausmeister. Außerdem helfen Ehrenamtler. Es gibt viel zu tun, von Holz hacken bis zur 24-Stunden-Bewachung der Baustelle.

Für das Spezialmuseum in der Carlstadt ist die brennende Skulptur eine gute Werbung, auch die Quadriennale erhofft sich durch die spektakuläre Aktion einen höheren Zuspruch. Das Kunstfest, das noch bis zum 10. August läuft, setzt dieses Mal verstärkt auf Ausflüge in den öffentlichen Raum, unter anderem gibt es auch Nächte zu verschiedenen Kunstgattungen in der Altstadt.

Die Skulptur wird durch den Brand übrigens nicht zerstört, sondern nur fertiggestellt. Wo sie später einen Platz finden soll, ist noch unklar. Zunächst wird sie in ein Keramikmuseum nach Frechen gebracht.

(RP)
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