Tics auf der Theaterbühne Kleine Störung, starke Wirkung

Düsseldorf · Schauspieler, die am Tourette-Syndrom leiden, wirken im Theaterstück „Chinchilla Arschloch, waswas“ in einer Produktion des Rimini-Protokolls im Central mit.

Szene aus "Chinchilla Arschloch".

Szene aus "Chinchilla Arschloch".

Foto: Robert Schittko

So außergewöhnlich wie das Stück sind seine Protagonisten. In "Chinchilla Arschloch, waswas" wird das Tourette-Syndrom thematisiert und auf die Bühne gebracht. Drei Betroffene spielen sich selbst. Ihre Tics sind nicht zu steuern, ihre Ausbrüche nicht zu kalkulieren. Damit gestaltet sich jede Aufführung unterschiedlich, hat ihren eigenen Charakter und ist gut für Überraschungen. "Die Abweichungen sind allerdings weniger radikal, als ich dachte", erklärt Regisseurin Helgard Haug von der Theater-Formation Rimini-Protokoll. Sie hat das Stück entwickelt und inszeniert. Barbara Morgenstern komponierte die Musik und wirkt auch als Performerin mit. So kann sie gegebenenfalls unmittelbar reagieren, falls einer der Mitspieler doch einmal zu entgleisen droht.

Am Donnerstag (21 Uhr) und Freitag (20 Uhr) wird „Chinchilla Arschloch, waswas?" im Rahmen des Asphalt-Festivals im Central am Hauptbahnhof gezeigt. Der Titel mag für manche gewöhnungsbedürftig sein. Er nimmt Bezug auf die Schimpfwörter, die Menschen mit Tourette unwillkürlich ausstoßen. Doch er verrät nichts von der Heiterkeit, Lebendigkeit und Qualität des Stücks, das 2020 zum Berliner Theatertreffen eingeladen wurde. „Spiegel online" würdigte nach einer Aufführung den „zauberhaften Theaterabend", im Deutschlandfunk hieß es: „Es ist phänomenal gut gemachtes, durchdachtes Theater, weil es berührt, irritiert, aufschrecken lässt."

Als Helgard Haug den von motorischen und vokalen Tics stark betroffenen Christian Hempel kennenlernte, reifte in ihr die Idee zu diesem abenteuerlichen Projekt. Zunächst wehrte er sich gegen einen Auftritt, obwohl er in der Aufklärung über die Zwangskrankheit seine Lebensaufgabe sieht. Doch schließlich konnte sie ihn überzeugen, genau wie den Politiker Bijan Kaffenberger und Benjamin Jürgens, Leiter einer Tourette-Selbsthilfegruppe.

Zwei Jahre dauerte es von der ersten Begegnung bis zur Uraufführung, die anfänglichen Hemmungen haben sich gelegt. „Jetzt wollen natürlich alle auf die Bühne", sagte die Regisseurin im Gespräch mit Festival-Veranstalter Christof Seeger-Zurmühlen. „Das ist ja das Berauschende am Theater, dass es alles möglich macht."

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