Interview mit Hajo Riesenbeck „Diese Bühne muss erhalten bleiben“

Wie der Freundeskreis der „Komödie“ versucht, das traditionsreiche Boulevard-Theater zu retten.

 Hajo Riesenbeck, Vorsitzender Freundeskreis der Komödie.

Hajo Riesenbeck, Vorsitzender Freundeskreis der Komödie.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

In höchster Not kann sich Katrin Schindler auf den Vorsitzenden des Freundeskreises der „Komödie“ verlassen. Hajo Riesenbeck macht sich stark für die Rettung ihres Theaters und setzt alle Hebel in Bewegung, die angeforderten 83.000 Euro aufzutreiben – bei diversen Großspendern, bei der Stadt und bei Besuchern der gebeutelten Boulevardbühne. Für Gerichtskosten werden bis Mitte August 33.000 Euro fällig, für den Insolvenzverwalter 50.000 Euro. Geht das Geld nicht ein, waren alle bisherigen Bemühungen allerdings umsonst, das Insolvenzverfahren in Eigenregie zu einem guten Ende zu bringen.

Nun ist Hajo Riesenbeck ein Mann, der sich mit Finanzen bestens auskennt. Seine Firma vermittelt Beteiligungen an mittelständischen Unternehmen und Start-ups. Und weil er einen scharfen Blick für Willkür und Ungerechtigkeit hat, findet er im Gespräch auch klare Worte zu den Gründen für die derzeitige Situation der „Komödie“.

Wie kam es überhaupt zu der Geldnot und dem Insolvenzverfahren?

Riesenbeck An der Misswirtschaft des Theaters lag es nicht. Und auch nicht am mangelnden Erfolg unter Katrin Schindlers Leitung. Schuld war vielmehr das drastische Verhalten der Stadtsparkasse. Die besucherarmen Sommerwochen setzen jeder Bühne zu, solche Phasen muss man einfach überstehen. Früher wurde das mit einem Kontokurrentkredit großzügig gehandhabt. Plötzlich zog die Bank die Daumenschrauben an und reduzierte ihn fast auf Null. Das kann ein normales Unternehmen nicht verkraften.

Haben Sie versucht, Einfluss zu nehmen?

Riesenbeck Natürlich. Der Beschluss wurde mit dem Gesetz Basel II begründet. Als gäbe es keinerlei Ermessensspielraum! Die Folge war dann die Insolvenz. Bezeichnend, dass die Sparkasse sich zu diesem Thema heute ganz still verhält.

Es hieß ja bisher, das Verfahren sei auf einem guten Weg. War diese enorme Forderung denn gar nicht absehbar?

Riesenbeck Katrin Schindler hat mit diversen Sparmaßnahmen alles unternommen, ihre Kosten zu reduzieren. Sie musste für das Insolvenzverfahren eine positive Fortführungsprognose für ihr Haus erarbeiten, was ihr auch gelungen ist. Die Gerichtskosten sind immens hoch. In anderen Bundesländern wäre es nur ein Bruchteil.

Noch schockierender erscheinen die 50.000 Euro, die der Insolvenzverwalter ausgerechnet in dieser entscheidenden Phase für sich beansprucht. Kam das überraschend?

Riesenbeck Die Höhe selbst nicht. Auch dass er beide Summen gleichzeitig fordert und sie vor alle anderen Zahlungen gestellt hat, ist laut Gesetz machbar. Aber normalerweise kann man das in Raten abzahlen. Das deutsche Insolvenzverfahren ist ein ganz unheiliges Verfahren, weil die Gerichte alles an den Insolvenzverwalter delegieren und dieser völlig unabhängig vom Erfolg sein Honorar erhält. Darunter gibt es schwarze Schafe, denen eine komplette Insolvenz lieber ist als eine in Eigenregie, an der sie möglicherweise weniger verdienen.

Wie hat sich der Insolvenzverwalter der „Komödie“ zu den Forderungen geäußert?

Riesenbeck Er beruft sich auf das Gesetz, hat wohl jetzt erst am Dienstag mit dem Kulturamt der Stadt gesprochen. Auch hat er den ihm seit Frühjahr vorliegenden Wirtschaftsplan bisher nicht einreichen wollen. Damit konnte die Insolvenz nicht beendet werden.

Wie geht es weiter, wenn das Geld aufgebracht wird?

Riesenbeck Das Gericht würde den Wirtschaftsplan den Gläubigern, etwa der Stadtsparkasse, zur Zustimmung vorlegen. Aus diesem geht hervor, dass die „Komödie“ bis 2020 erfolgreich geführt werden kann. Die Insolvenz wäre damit beendet, das Theater könnte wieder frei und eigenständig seine Geschicke bestimmen.

Warum liegt Ihnen eigentlich so viel am Haus?

Riesenbeck Ein solches Traditions-Theater muss erhalten bleiben, auch im Sinne einer breiten Kultur in der Stadt. Es darf nicht nur Schauspielhaus und Oper geben, die bekanntlich große Subventionsempfänger sind. Ich sehe, wie Katrin Schindler kämpft und in was sie sich hineingekniet hat. Da wäre es ein ganz schlechter Lohn, wenn der „Komödie“ die Luft ausgehen würde. Der zweite Grund sind die Schauspieler. Sie brauchen Arbeit, Gage, Publikum und Applaus.

Wie kamen Sie zum Freundeskreis und dessen Vorsitz?

 Die Düsseldorfer Boulevard-Bühne an der  Steinstraße.

Die Düsseldorfer Boulevard-Bühne an der Steinstraße.

Foto: Komödie/Komödie Düsseldorf

Riesenbeck Das war vor sechs Jahren, als Johanna von Koczian in Düsseldorf gastierte. Sie hatte als Österreicherin Probleme mit ihrem Pass. Ich war damals Honorarkonsul von Österreich, daher bat mich der frühere Leiter Helmuth Fuschl um meine Hilfe. Weil das gut klappte, überredete er mich, den Freundeskreis-Vorsitz zu übernehmen. Da ich sonst nur mit Zahlen zu tun hatte, dachte ich, das andere Extrem könne zur Abwechslung nicht schaden. Seitdem bereichert das Theater mein Leben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort