Düsseldorf Karfreitag, 17 Uhr: Zeit für Johann Sebastian Bach

Düsseldorf · In Düsseldorf gibt es nun Aufführungen der beiden bedeutenden Passionen Johann Sebastian Bachs. Darüber hinaus erwarten den Musikfreund an den Kar- und Ostertagen viele hörenswerte Aufführungen in den Gottesdiensten.

Düsseldorfer Musikfreunde, die das Kulturleben dieser Stadt schon seit Jahrzehnten verfolgen, erinnern sich an jene Zeiten, die man glorreich zu nennen pflegt. Vor allem in der Fasten- und Weihnachtszeit erlebte man Jahr um Jahr eine Vielzahl von Aufführungen etwa der großen Passionen Johann Sebastian Bachs, und mancher hartgesottene Bachianer erinnert sich, dass es einmal zehn Düsseldorfer Aufführungen des "Weihnachts-Oratoriums" in einem Jahr gab. Es soll Enthusiasten gegeben haben, die von "Jauchzet, frohlocket" nie genug bekommen haben.

Diese Zeiten sind lange her. Heutzutage darf man dankbar sein, wenn wenigstens eine Düsseldorfer Kantorei oder ein Kirchenchor das "Weihnachtsoratorium" oder eine der beiden Passionen aufs Programm setzt. Das hat mancherlei Gründe. Ganz sicher sind auch die Chöre in dieser Stadt vom Phänomen des Chorschwunds erfasst. Der Trend ist ja allenthalben spürbar, dass den Chören die Sänger wegsterben und der Nachwuchs fehlt. Überalterung, wohin man schaut und hört; Ausnahmen bestätigen die Regel.

Möglicherweise gibt es Sängernachwuchs, sogar solchen mit Befähigung, aber mancher will sich nicht unbedingt über ein halbes Jahr an einen Chor binden, und das bei einem Werk, das er vielleicht sogar auswendig kennt. Viele Chöre dulden oder begrüßen es sogar, dass zur Generalprobe Aushilfssänger in ihren Reihen erscheinen, die sie nie zuvor gesehen haben. Zuweilen sind dies dann genau die Leute, die bei der Aufführung versehentlich in eine Generalpause hineinplatzen, die der Dirigent in vielen Wochen zuvor minuziös erarbeitet hat.

Wenn es trotzdem in dieser Karwoche des Jahres 2014 auch hier in Düsseldorf wenigstens zu zwei Passions-Aufführungen kommt, so liegt das auch am Selbstverständnis der Kirchenmusiker, zumal der evangelischen. Für sie ist der konzertante Aspekt wesentlicher Bestandteil des kirchenmusikalischen Amtsverständnisses, wogegen die katholischen Kollegen ihren Fokus vor allem auf die Gestaltung der Liturgie legen. Für Wolfgang Abendroth in der Johanneskirche und Karlfried Haas in der Matthäikirche (beide evangelisch) ist es seit Jahren fast heilige Pflicht, an diesen Festtagen ihrem treuen Publikum die großen Werke der Musikliteratur zu bieten. Diesmal sind es in der Tat die beiden charakterlich so unterschiedlichen Passionen Bachs. Abendroth dirigiert am Karfreitag die "Johannespassion", Haas die "Matthäuspassion". Während Abendroth auf seinen spezialisierten Düsseldorfer Kammerchor zurückgreifen kann, arbeitet Haas mit seiner sturmerprobten Kantorei, die personell offenbar noch so gut besetzt ist, dass sie die Doppelchörigkeit des voluminösen Werkes realisieren kann.

Trotzdem ist es ein wenig betrüblich, dass diese beiden Aufführungen am Karfreitag zeitgleich um 17 Uhr stattfinden. Gewiss ist dies zumal theologisch ein in jeder Hinsicht naheliegender Termin, und gewiss (und hoffentlich) werden beide Kirchen ausverkauft sein. Gleichwohl muss sich der Musikfreund in Düsseldorf, der beide Werke für Gipfel hält und beide gern besuchen würde, entscheiden, welche der beiden Passionen er favorisiert; schöner wäre es gewesen, die Termine hätten sich entzerren lassen.

Jenseits dieser rein konzertanten Aufführungen bieten die Düsseldorfer Kirchenmusiker über die Kar- und Ostertage ein überaus hörenswertes Programm, wobei hier und da auch einige Kostbarkeiten zu entdecken sind. Ein Geheimtipp dürfte am Ostermontag um 11.30 Uhr das Hochamt von St. Antonius in Düsseldorf-Oberkassel (Luegallee) sein. Dort wird der vorzügliche Kirchenmusiker Markus Hinz die Messe in C-Dur von Ludwig van Beethoven aufführen - ein Werk, das in vielen Facetten den Impetus und Schwung der späteren "Missa solemnis" ahnen lässt. Der Eintritt ist hier sogar frei.

(RP)
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