Julian Hetzel beim Impulse-Festival Theater über Kunst und Krieg

 Julian Hetzel zeigt beim Impulse-Festival „All Inclusive“ – ein Stück über die Ästhetisierung der Gewalt.

 Szene aus Julian Hetzels „All Inclusive“.

Szene aus Julian Hetzels „All Inclusive“.

Foto: Rolf Arnold

Bilder von Krieg und Gewalt sind in der durchmedialisierten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts allgegenwärtig. Auf allen Kanälen begegnet man Bildern und Filmen von Tod und Zerstörung. Dass diese dabei nicht nur schocken, sondern auch immer eine ästhetische Dimension besitzen, davon handelt das Stück „All Inclusive“ von Julian Hetzel, das anlässlich des Impulse-Theater-Festivals am Wochenende im FFT aufgeführt wird. In der Inszenierung schaut das Publikum auf einen Ausstellungsraum, in dem einer Besuchergruppe Kunstwerke gezeigt werden, die sich mit der Ästhetisierung von Gewalt auseinandersetzen. Allerdings sind die Besucher selbst fünf Geflüchtete, die eigens für die Aufführung gecastet wurden. So bekommen sie auf der Bühne zum Beispiel einen zur Kunst auserkorenen Haufen Schutt aus syrischen Kriegstrümmern zu sehen.

Diese Reibung zwischen Material und Wirklichkeit interessiere ihn sehr, sagt Hetzel. Denn der Kunstmarkt trage durch die Beschäftigung mit Krieg zu seiner Ästhetisierung nur noch bei. Dieser schmerzhafte Widerspruch zwischen den realen Kriegs- und Fluchterfahrungen der Menschen auf der Bühne und der oft unzureichenden oder kitschigen künstlerischen Auseinandersetzung durch Außenstehende ist das Hauptthema von „All Inclusive“. Hetzel fragt in seinem Stück unerbittlich, wo die Grenzen zwischen echtem Engagement und wohlmeinender Anteilnahme verlaufen. Das führt zu einigen schwer zu ertragenden Szenen, in denen die westliche, kapitalistische Kunstwelt vollkommen schamlos und ohne Gefühl gegenüber den Geflüchteten und ihren Traumata auftritt.

Damit eckt der gebürtige Schwarzwälder immer wieder an – wie schon mit vielen anderen Projekten. Derzeit läuft auf der Prag-Quadriennale sein weltweit diskutiertes Kunstprojekt „Schuldfabrik“. In einem modern gestalteten Laden gibt es dort eine Sorte Seife zu kaufen. Nämlich Seife, die zum Teil aus menschlichem Fett gewonnen wurde. Das menschliche Fett bekommt Hetzel gespendet, von Menschen, die eine Fettabsaugung machen. „Hier wird die Schuld zum Rohmaterial“, erklärt Hetzel. Dazu werfe die Schuldfabrik die Frage nach dem sehr modischen Begriff Upcycling auf. Die Seife gibt es übrigens im Internet zu kaufen, für 20 Euro das Stück. Die Erlöse gehen an ein Brunnenbauprojekt in Malawi.

Mit solchen Arbeiten ist Julian Hetzel in den vergangenen Jahren zu einem international renommierten Künstler geworden. Seine Stücke bewegen sich dabei immer im Spannungsfeld von Kunst, Theater, Politik und Performance. In der „performativen Kunst“ kommt für Hetzel alles zusammen, was ihn an Kunst interessiert und begeistert.

Angefangen hat er an der Bauhaus-Universität in Weimar, wo er visuelle Kommunikation studierte. Schnell entwuchs er diesem nur auf Bildern beruhendem und sehr angewandtem Studium – seinen Abschluss machte er mit einer Performance am ehrwürdigen Deutschen Nationaltheater in Weimar. Danach folgte ein „Rock’n’Roll-Leben“ mit seine Electro-Pop-Band Pentatones. Mit dem Studium an der Theaterschule DasArts in Amsterdam konzentrierte er sich schließlich endgültig auf die performative Kunst. Und mit dieser hat er es in den vergangenen Jahren weit gebracht. Er hat eine Kompagnie gegründet, bestreitet mehr als 100 Auftritte im Jahr, ist Teil des weltweit agierenden Kunstzentrums Campo in Gent und nun zum zweiten Mal Gast beim Impulse-Festival. Mit einem spannenden und aufwühlenden Stück.

Info „All Inclusive“ wird am 14. Juni ab
21 Uhr und am 16. Juni ab 19.30 Uhr im FFT, Jahnstraße 3, aufgeführt. Im Anschluss an die Vorstellung am 16. Juni gibt es ein Gespräch mit Julian Hetzel und Kunsthallen-Leiter Gregor Jansen.

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