Gala an der Rheinoper Neue Stücke zum neuen Jahr

Düsseldorf · Das Ballett am Rhein zeigt in seiner Silvestergala heute Abend zwei Miniaturen, die dort noch nicht zu sehen waren.

 Remus Sucheanas Choreografie „Romanze“ mit den Tänzern So-Yeon Kim und Eric White

Remus Sucheanas Choreografie „Romanze“ mit den Tänzern So-Yeon Kim und Eric White

Foto: Gert Weigelt

Die heutige Silvestergala in der Oper wird gänzlich von der Ballett-Kompagnie gestaltet. Dabei kommen zwei Miniaturen zur Aufführung, die noch nie in diesem Haus zu sehen waren: der Pas de deux „Romanze“, choreografiert von Remus Sucheana, und Martin Schläpfers „Mönche und Nonne“.

Schon der Auftakt des Abends ist eine Besonderheit. Schläpfer bringt noch einmal „Marsch, Walzer, Polka“ von 2009 auf die Bühne, sein erstes Ballett in Düsseldorf. Eine schwungvolle Aneinanderreihung von vier publikumswirksamen Choreografien: dem Walzer „An der schönen blauen Donau“ und der „Annenpolka“ von Johann Strauß (Sohn), dem Walzer „Sphärenklänge“ von Josef Strauß und dem schmissigen „Radetzky-Marsch“ von Johann Strauß (Vater).

„Ab und an eine Silvester-Gala zu gestalten, ist ein Grundbedürfnis von mir“, sagt Martin Schläpfer. „In eine festliche Zeit gehören Stücke, die nicht spröde oder streng sind, aber auch keinen Tiefgang vermissen lassen.“ Die Strauß-Kompositionen hält er für grandios, „nicht nur künstlerisch, auch mit der Atmosphäre, die sie ausstrahlen. Das war entscheidend für mich bei der Wahl solcher Giganten. Wie man wohl zu dieser Musik tanzen würde, nahm ich als Herausforderung an, mit sehr großem Respekt.“

Als Kompagnie und Orchester am Wochenende zur Generalprobe zusammentreffen, hält es Martin Schläpfer nicht an seinem Platz am Graben. Er tigert durch die Reihen und sucht immer wieder Kontakt mit der Lichtregie. Einzelne Passagen lässt er wiederholen. Und einmal federt er selber auf die Bühne und mischt sich unter seine Tänzer. Er wedelt mit den Armen, macht Schritte vor und dreht flinke Pirouetten - so, ja genau, so soll es sein.

„Marsch, Walzer, Polka“ steckt voller ironischer Brüche. Spitzenschuhe werden zackig eingesetzt. Die Herren tragen Unterwäsche, die Damen duftige Hemdchen. Und der Radetzky-Marsch, ein Solo mit Boris Randzio, spielt humorvoll mit militärischen Attitüden, dem Marschieren und dem Salutieren. Ein herrlicher Spaß.

Ganz anders die folgende „Romanze“ zum 2. Satz aus Chopins Klavierkonzert Nr. 1 e-Moll op.11. Der Pas de deux mit So-Yeon Kim und Eric White ist eine Choreografie voller Zärtlichkeit, Innigkeit und Virtuosität. Remus Sucheana zeigt darin die vollendete Schönheit des Tanzes und seine Verschmelzung mit der Musik. Gast-Pianist Matan Porat begleitet dieses und auch das Abschluss-Werk der Gala, „The Concert“ von Jerome Robbins, wieder mit Musik von Chopin. Es stammt aus den 50er-Jahren und begeisterte bei einem früheren Ballettabend mit hintergründigem Witz, Slapstick-Elementen und schauspielerischer Raffinesse. „Ein geniales Stück“, sagt Martin Schläpfer, „in seinen Mitteln, seiner Einfachheit, seiner ironischen Reflektion der Ballettwelt.“

Davor platzierte er sein 2016 für die Tanzgala Osnabrück erschaffenes Trio „Mönche und Nonne“, eine Hommage an seine Tänzer-Musen Marlucia do Amaral, Marcos Menha und Alexandre Simoes. „Alle drei sind aus Brasilien, was ein Zufall ist“, sagt er. „Es sind Tänzer, die ich lange und gut kenne und mit denen ich viel erlebt habe. Sie fühlen sich auch privat miteinander verbunden.“ Es ist ein leises, berührendes und intimes Ballett zu Johann Sebastian Bachs „Goldberg-Variationen“ und dem soghaften Song „Is this it?“ des Israelis Asaf Avidan. „Da entwickelt sich eine permanente Anziehung und Abstoßung“, erklärt Schläpfer. „Zwischen Mann und Frau, Mann und Mann und allen dreien. Ein Amalgam an Emotionen und Sehnsüchten. Bei der Choreografie spielt die Beziehung, die ich zu diesen Tänzern habe, wesentlich mit.“

Das Programm für die Gala sollte stimmig sein, sagt Schläpfer. Schließlich sei Silvester ein wichtiger Abend für die meisten Menschen. Auch für ihn? „Zumindest bedeutet mir Silvester erheblich mehr als die Weihnachtzeit mit ihrem Gerenne“, antwortet er. Der Jahreswechsel rege ihn zu einer Auseinandersetzung mit sich selber an. „Weil ich gerne neu beginne. Am liebsten bin ich allein in diesem Moment. Ich finde schon, dass man ins neue Jahr Dinge herein tragen kann, die man verändern will.“ Schwingt jetzt, wo sein Wechsel nach Wien in 2020 näher rückt, schon ein Gefühl des Abschieds mit? „Nein, gar nicht“, sagt er entschieden. „Ich habe noch fünf Uraufführungen in der Schleife. Der Abschied ist ganz weit weg.“

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