Düsseldorf Ideen für die Kulturbaustellen der Stadt

Düsseldorf · Kulturschaffende der Stadt haben eine Diskussion über die Zukunft der Kulturförderung angestoßen. Das wünschen sie sich konkret:

 Die Rheinfront von Düsseldorf, festgehalten von dem Düsseldorfer Fotograf Stephan Kaluza.

Die Rheinfront von Düsseldorf, festgehalten von dem Düsseldorfer Fotograf Stephan Kaluza.

Foto: Stephan Kaluza

An Weihnachten sprechen Menschen ihre Wünsche aus, formulieren konkret, von welchen Veränderungen sie träumen. Wir haben Kulturschaffende der Stadt gefragt, was sie sich von der Kulturpolitik in Düsseldorf wünschen:

Alexandra Schmidt, Sprecherin der Freien Tanz- und Theaterszene: "Wir wünschen uns für das kommende Jahr eine Erhöhung der Mittel für den Beirat Tanz und Theater, damit freie Künstler ihre Projekte mit größerer Planungssicherheit umsetzen können", sagt Alexandra Schmidt. Außerdem hofft die Sprecherin der Freien Tanz- und Theaterszene, dass der Dialog mit der Politik so gut fortgeführt werden kann, wie er im ablaufenden Jahr begonnen hat. "Es ist wichtig, dass wir uns über die besonderen Arbeits- und Produktionsweisen in der Freien Szene austauschen, damit Förderung sinnvoll eingesetzt werden kann", so Schmidt. Und dann fällt ihr noch etwas ein: "Es wäre auch toll, wenn sich der künftige Intendant des Schauspielhauses, Wilfried Schulz, mit uns treffen würde. Dann könnten wir uns kennen lernen und über Möglichkeiten sprechen, wie Schauspielhaus und Freie Szene zusammenwirken können."

Philipp Maiburg, Organisator des Open Source Festivals: "In den vergangenen Jahren haben die Kulturschaffenden in Düsseldorf sehr stark einzeln agiert. Motiviert durch den politischen Wechsel, ändert sich das seit einigen Monaten. Von diesem neu entstandenen Drive und der Vernetzung über die einzelnen Sparten hinaus erhoffe ich mir einen guten Turf, um Ideen wachsen zu lassen und zu experimentieren. Nur so kann hier vor Ort - abseits der etablierten Pfade - Neues entstehen. Um das zu unterstützen, bedarf es einerseits einer Struktur, die inhaltliche Qualitäten erkennt, möglich macht und kommuniziert, und andererseits inhaltliche Diskurse auf Augenhöhe. Ohne Grabenkämpfe zwischen "sub und hoch, U und E, off und etabliert". Ein offenes, modernes Düsseldorf wird sich am besten über die Inhalte kommunizieren lassen. Die Weichen hierfür gilt es 2015 zu stellen. Der Prozess selber wird natürlich länger dauern."

Mischa Kuball, Künstler: "Die Stadt Düsseldorf droht sich auszuruhen auf dem Image der Kunstmetropole, das ist sie eben nicht nur wegen der vielfältigen Institutionen, sondern wegen der Idee einer Avantgarde, wie sie sich hier immer wieder neu erfindet! Im Nachkriegsdeutschland hat Düsseldorf früh eine Vorreiterstellung eingenommen, in Zwischenräumen wurden wichtige Impulse neu gedacht - "inbetween" in der Kunsthalle, oder eben bei Konrad Fischer und Alfred Schmela in der Altstadt - damals Avantgarde, heute Weltkunst! Das Problem: Avantgarden kann man nicht züchten, auch nicht gezielt fördern, aber man kann eine Atmosphäre schaffen die das nicht verhindert - das heißt, ein Löwenanteil der Fördermöglichkeiten der Stadt muss in die Experimente mit offenem Ausgang gehen - nicht nur auf sichere Werte! Klimazonen sind die Akademie, die Off-Räume, der Kunstverein und die Kunsthalle mit dem Salon des amateurs - und natürlich die Ateliers. Ende offen, das ist der entscheidende Anfang!"

Bettina Masuch, Leiterin des Tanzhauses NRW: "Künstler tragen ihre Werke heute nicht mehr wie Heilsbotschaften in die Welt, und das Publikum verharrt nicht mehr kontemplativ auf seinem Stuhl, sondern nimmt teil am Geschehen", sagt Bettina Masuch. Neue Formate setzten Diskussionen über Aufgabe und Relevanz von Kunst in Gang, die möchte Masuch im kommenden Jahr öffentlich führen. "Wir müssen uns darüber verständigen, welche Art von Kunst wir in der Stadt pflegen wollen", sagt Masuch. Sie begrüßt darum auch, dass die Politik im kommenden Jahr einen Kulturentwicklungsplan aufstellen möchte. "Das ist ein gutes Instrument, wenn der Plan von öffentlichen Diskussionen begleitet wird", sagt Masuch. So versteht sie auch die Aufgabe der Gruppe, die sich um Akademie-Rektorin Rita McBride gegründet hat. "Wir sind keine geschlossene Gruppe, die ihre Interessen vertritt, sondern möchten öffentliche Diskussionen anstoßen", sagt Masuch. "Künstler, Kulturschaffende, Politiker - wir alle sind Bürger dieser Stadt und sollten uns darüber austauschen, in welche Richtung sich Kunst in ihrer Vielfalt in Düsseldorf entwickeln könnte."

Christof Wingertszahn, Leiter des Goethe-Museums: "Besonders förderungswürdig und wünschenswert ist ein lebendiger Dialog zwischen den Kulturvermittlern der Stadt und der Politik", sagt Christof Wingertszahn. Bei der künftigen Gestaltung des Kulturlebens könne man noch mehr auf das Potenzial der einzelnen Institute setzen, findet der Leiter des Goethe-Museums - "und das ist groß". Allerdings stünden noch ein paar grundlegende Aufgaben an, wie die Sanierung der einzelnen Gebäude. Auch dies sei neben einem angemessenen Ankaufsetat wichtig, um in den Museen "den Geist in Bewegung zeigen zu können".

Markus Ambach, Künstler: "Die freie Szene ist längst eigenständig und agiert aus eigener Kraft", sagt Markus Ambach, "aber die Kulturadministration hat sie als kreativen Motor bisher nicht wirklich ernst genommen." Zu lange seien Ideen nur verwaltet worden oder gar versandet. Bei großen Stadtentwicklungsprojekten etwa habe die Kulturpolitik die Kunst erst gar nicht ins Spiel gebracht. Ambach hofft daher, dass im kommenden Jahr ein Fachgremium wie etwa eine Kunstkommission eingesetzt wird, die zur Hälfte mit Künstlern besetzt werden sollte. Ein solches Fachgremium könnte dann etwa bei Bauvorhaben wie dem Kö-Bogen eingeschaltet werden, damit neuer städtischer Raum sich im offenen Dialog zwischen Stadtplanung und Kunst tatsächlich zum öffentlichen Raum entfalten kann.

"Natürlich braucht eine Stadt wie Düsseldorf repräsentative Kunst und Kulturinstitutionen", sagt Ambach, "aber sie sollte über die Gewichtung ihrer Mittel nachdenken, freie künstlerische Projektarbeit stärken und sie auf Augenhöhe mit den anderen Akteuren bringen." Gerade junge Leute müssten ermutigt werden, eigene Formate zu entwickeln.

Kathrin Tiedemann, Leiterin des Forums Freies Theater: "Die Ampel-Koalition hat schon ein paar Weichen gestellt, um die Aktivitäten der lokalen Szene zu beleben", sagt Kathrin Tiedemann. "Ich wünsche mir, dass sie ihren Kurs konsequent weiter verfolgt und sich Zeit nimmt, um zu entscheiden, wie Ressourcen klug und nachhaltig eingesetzt werden können. In der Gruppe um Rita McBride geht es darum, mehr als bisher in einen produktiven Austausch miteinander zu kommen, Institutionen übergreifend zu denken, zu kooperieren, sich gegenseitig zu stärken und entsprechende Impulse für eine lebendige Kultur in der Stadt zu setzen.

Annette Bosetti, Philipp Holstein, Dorothee Krings und Lothar Schröder haben die Antworten zusammengetragen.

(RP)
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