Interview mit Gregor Jansen "Ich mag Hardcore und Punk"

Düsseldorf · Gregor Jansen, der Leiter der Kunsthalle, spricht über seine musikalischen Vorlieben. Am Dienstag ist er Stargast des "Popmusikalischen Quartetts" im Zakk.

Gregor Jansen (48) leitet seit 2010 die Kunsthalle. Über die Musik kam er zur Kunst.

Gregor Jansen (48) leitet seit 2010 die Kunsthalle. Über die Musik kam er zur Kunst.

Foto: Katja Illner

Gregor Jansen leitet seit 2010 die Kunsthalle. Was viele nicht wissen: Er ist ein großer Musikkenner. Deshalb ist er am kommenden Dienstag, 24. Juni, Stargast des "Popmusikalischen Quartetts" im Kulturzentrum Zakk. Der 48-jährige Kunsthistoriker wird dort mit Dieter Falk (Komponist und Produzent), Miguel Passarge (Musikchef des Zakk) und RP-Redakteur Philipp Holstein über seine musikalische Sozialisation sprechen, Lieblingslieder vorstellen und über die Verbindung von Musik und bildender Kunst philosophieren.

Welche Platte haben Sie sich zuletzt gekauft?

Gregor Jansen Das war das aktuelle Album von My Bloody Valentine, "mbv". Auf Vinyl. Live letzten Sommer in Kroatien gehört!

Das ist laute Musik.

Jansen Ja, ich mag es laut. Ich habe viel Punk und Hardcore gehört. Bands wie Hüsker Dü, Black Flag und Minutemen. Das Plattenlabel SST war wichtig für mich. Irgendwann gab es dann eine Verschiebung hin zu experimenteller Musik: wild, aber hörbar. Die Gruppe Rip Rig & Panic gefiel mir zum Beispiel, das war die Band mit Don und Neneh Cherry.

Wie wurden Sie musikalisch sozialisiert?

Jansen Ich bin im Grenzgebiet zu den Niederlanden aufgewachsen, im Örtchen Lobberich in Nettetal. Dass das musikalische Zentrum Düsseldorf in der Nähe lag, habe ich zunächst gar nicht wahrgenommen. Ich werde auf Reisen heute oft auf Musik aus Düsseldorf angesprochen, auf Kraftwerk vor allem. Aber damals bekam ich davon zunächst kaum etwas mit. Ich hörte die Beatles, denn die mochte mein Vater sehr, und er hatte alle ihre Platten. Das war sozusagen meine musikalische Früherziehung, der Türöffner. Ich sparte dann bald auf eine eigene Musikanlage, mein Vater hatte ja nur so ein Gerät von Telefunken. Ich kaufte Plattenspieler und Verstärker von Technics und Kenwood, und beide Geräte besitze ich noch immer.

Wir reden von den 70er Jahren.

Jansen Genau. Wir empfingen zuhause eine TV-Musiksendung aus den Niederlanden, "Tros Top 50" hieß sie. Da wurden die Hits der Zeit gespielt, da bekam ich alles mit. Meine erste selbstgekaufte Platte war dann "Bop till you drop" von Ry Cooder 1979, danach "Zenyattà Mondatta" von The Police und Joy Divison, "Unkown Pleasure".

Wer hat Sie mit den härteren Sachen vertraut gemacht?

Jansen Das waren ein Student und Freunde, mit denen ich regelmäßig zum Klettern in die Eifel gefahren bin. Die hatten Musik von Wire, den Fehlfarben, Psychedelic Furs und Der Plan. Wir fuhren oft zu Konzerten nach Eindhoven und Köln. Und Platten kaufte ich in Krefelds "Rille" und bei "Saturn" in Köln. Da gab es interessante Gespräche über Verbindungen zwischen verschiedenen Bands und darüber, welcher Produzent gerade mit welchem Musiker zusammenarbeitete.

Die Musik, die man in der Jugendzeit mag, wird man nie mehr los, oder?

Jansen Ich höre diese Sachen tatsächlich immer noch gerne. Ich verbinde sie mit Frische und Aufbruch. Heaven 17 zum Beispiel: Die hörte ich, als ich zum ersten Mal verliebt war. Und wenn ich es heute wieder höre, ist das eine sehr positive Grundstimmung. Ich würde sogar sagen, dass mich die Musik überhaupt erst zur Kunst gebracht hat.

Inwiefern?

Jansen Ich wollte eigentlich Informatik, Physik oder Mathematik studieren. Aber über die Musik und das Klettern lernte ich etwas anderes kennen: Freiheit und Bewegung. Und dieses Bewegungsmoment ist unter anderem mein Kunstmoment. Vieles von dem, was ich spannend fand, hatte mit Kunst zu tun. Sonic Youth etwa, Romeo Void oder SST mit Raymond Pettibon.

Die Ordnung der Zahlen im Gegensatz zur Freiheit der Töne?

Jansen Zu Musik der Art, über die wir gerade sprechen, gehörte das Tanzen oder besser: das Pogen. Und in dieser wilden Bewegung spürt man Energie, das war faszinierend. Punk war Dada - Neodada. Deshalb war es traumhaft für mich, dass ich an die Kunsthalle gekommen bin. Dieses Haus in der Musikstadt Düsseldorf war immer schon offen für musikalische Themen, unter meiner Vorgängerin etwa mit "Zurück zum Beton", Mouse on Mars oder Sonic Youth. Der Salon des Amateurs ist nebenan. Ich verstehe die Kunsthalle als Ganzes auch als Klangraum wie beim großen Bühnen-Fest im Januar mit Automat, MIT, Stabile Elite oder Strafe F.R..

Sie haben drei Kinder. Zum Musikhören kommt man da nicht mehr so viel, oder?

Jansen Das stimmt. Wenn ich daheim arbeite, höre ich immerhin Musik am Laptop. Beim Texteschreiben bette ich mich dann in so eine Wohlfühlatmosphäre. Musik lenkt mich nicht ab beim Arbeiten, das ist das Gute.

Gibt es ein Lied, das Sie besonders mögen und das Sie am Dienstag mitbringen werden, um es beim Popmusikalischen Quartett vorzuspielen?

Jansen Hmm, das ist so eine Sache. Vielleicht "Stolen Kisses" von Psychic TV (vormals Throbbing Gristle). Auch ein Kunstprojekt. Das Stück wurde 1982 veröffentlicht, und Marc Almond singt mit.

PHILIPP HOLSTEIN FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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